Hamburg. HSV-Stürmer Hwang und Kiels Lee warfen im Sommer mit Südkorea den Weltmeister raus. Am Sonntag spielen die Freunde gegeneinander.

Für Hee-chan Hwang ist der heutige Donnerstag ein ungewöhnlicher Tag. Der HSV-Stürmer hat frei. Den ganzen Tag. Genau wie seine Teamkollegen. Doch für den Südkoreaner ist dieser Tag etwas Besonderes. Weil er in seinem Fußballerleben in diesen Zeiten so selten vorkommt – und auch so schnell nicht mehr vorkommen wird. Am Freitag startet der letzte Teil der Vorbereitung auf das letzte HSV-Spiel des Jahres am Sonntag bei Holstein Kiel (13.30 Uhr). Nach einer kurzer Regenerationsphase Heiligabend geht es für Hwang am 25. Dezember nach London, damit er pünktlich am zweiten Weihnachtstag in Dubai sein kann, um sich mit der Nationalmannschaft auf die Asienmeisterschaft (5. Januar bis 1. Februar) vorzubereiten.

Es ist das ereignisreiche Ende eines ereignisreichen Jahres für den 22 Jahre jungen Hwang. Meisterschaft und Pokalsieg mit RB Salzburg, die Weltmeisterschaft in Russland mit dem sensationellen Sieg gegen Deutschland, der Wechsel zum HSV, zwei anstrengende Länderspielreisen mit Südkorea in der Hinrunde. Kein anderer Hamburger wurde derart beansprucht.

Zum Abschluss des HSV-Jahres wartet auf Hwang zumindest noch ein Highlight. Er kann mit seiner Mannschaft durch einen Sieg in Kiel nicht nur das Jahr als Tabellenführer abschließen, er trifft auch auf seinen Kumpel, mit dem er im WM-Sommer noch gegen den Weltmeister gewann: Jae-sung Lee. Die beiden südkoreanischen Nationalspieler spielen erstmals gegeneinander. Und beide freuen sich darauf. „Jae-sung ist ein super Typ und ein super Fußballer. Wir schätzen uns sehr und haben regelmäßig Kontakt“, sagte Hwang vor dem Duell dem Abendblatt.

Gemeinsam auf dem Dom

Die beiden Offensivspieler lernten sich im August 2017 bei der Nationalmannschaft kennen. Seit diesem Sommer wohnen beide nur 100 Kilometer voneinander entfernt. Während Lee kurz vor der Saison für 900.000 Euro von den Jeonbuk Motors aus Südkorea zu Holstein Kiel wechselte, lieh der HSV Hwang kurz vor Transferschluss für ein Jahr aus Salzburg aus. Als Lee Anfang August am ersten Spieltag beim 3:0-Sieg der Kieler im Volksparkstadion überragte, ahnte Hwang noch nicht, das er seinem Landsmann in die deutsche Zweite Liga folgen sollte. Weil sich HSV-Neuzugang Jairo nach dem zweiten Spieltag eine schwere Knieverletzung zuzog, reagierten die Hamburger auf dem Transfermarkt und nutzten die kurzfristige Marktoption. Seitdem spielen die WM-Fahrer Hwang und Lee in einer Liga.

Anfang des Monats trafen sich die beiden in Hamburg und gingen gemeinsam auf den Dom. Zudem ließ sich Lee bei Hwangs privat bezahltem Rehatrainer behandeln, der für die südkoreanische Nationalmannschaft arbeitet und extra für Hwang nach Hamburg kam. Lee will den HSV-Stürmer bald auch nach Kiel einladen. „Wenn er es mal zu mir nach Kiel schafft, werde ich ihm das Wasser direkt vor meiner Tür zeigen“, sagt Lee. Am Sonntag kommt es zunächst im Holstein-Stadion zum Treffen der Freunde. Lee lobt seinen Kollegen aus der Nationalmannschaft: „Hee-chan ist ein aggressiver Stürmer, der mit viel Leidenschaft und Kampfgeist zu Werke geht. Er bringt hohes Tempo ins Spiel, ist stark im Dribbling“, sagt Lee.

Ihre schönste Erinnerung

Hwang wird am Sonntag wieder im Sturm starten, da Pierre-Michel Lasogga nach seiner Wadenverletzung wohl noch nicht wieder fit wird. Auch Fiete Arp droht wegen eines Infekts auszufallen. Während HSV-Trainer Hannes Wolf also auf Hwangs Tore hofft, setzt Kiels Coach Tim Walter auf das Tempo und die Technik von Lee. Vorweihnachtliche Geschenke wollen die beiden Angreifer am Sonntag nicht austauschen. „Auf dem Platz werden wir uns nichts schenken. Nach dem Spiel werden wir wieder Freunde sein“, sagt Hwang.

Mit Sicherheit werden sie hinterher über ihre schönste Erinnerung reden: Südkoreas 2:0-Sieg gegen Deutschland bei der WM. „Das war für unsere Nationalmannschaft der größte Sieg nach dem Halbfinaleinzug bei der WM 2002“, sagt Lee, der nach dem Turnier überraschend in Kiel bis 2021 unterschrieb.

Ob Hwang und Lee auch nach der Saison noch beide im Norden wohnen, ist fraglich. Der HSV wird versuchen, Hwang nach der Leihe zu halten. Auch RB Leipzig gilt als Interessent. Gut möglich auch, dass in der kommenden Saison ein ganz neuer Südkoreaner nach Hamburg wechselt. Sportvorstand Ralf Becker reiste erst kürzlich nach Südkorea, um nach Neuzugängen zu sichten. Dabei traf er auch Berater Thies Bliemeister, der neben Hwang auch Ex-HSV-Star Heung-min Son betreut und vor Ort über beste Kontakte verfügt.

Dass Südkorea für den klammen HSV ein hochinteressanter Markt ist, hat Holstein Kiel mit dem preiswerten Lee-Transfer in jedem Fall bewiesen.