Hamburg. Die Verteidiger David Bates und Léo Lacroix schafften vom HSV aus den Sprung in die A-Teams ihres Landes. Wie sie reagierten.

Am Dienstagabend kann der HSV den Aufstieg schaffen. Genauer gesagt: Ein HSV-Verteidiger kann aufsteigen. Wenn David Bates mit der schottischen Nationalmannschaft im Heimspiel der Nations League gegen Israel (20.45 Uhr) mindestens einen Punkt holt, steigt sein Land in die B-Liga auf. Doch bereits vor dem Anpfiff im Hampden Park von Glasgow kann man einen Spieler als Aufsteiger bezeichnen: Bates. David Bates. Drei Tage nach seinem gelungenen Länderspieldebüt für Schottland beim 4:0-Sieg in Albanien hat der 22-Jährige gute Chancen, heute das zweite Mal für die A-Nationalmannschaft zu spielen.

Für Bates ist es ein steiler und vor allem schneller Aufstieg. Als der Abwehrspieler vor einer Woche am Tag nach dem HSV-Sieg in Aue (3:1) das Training beendete, ahnte er noch nicht, was ihm bevorsteht. Für die U-21-Auswahl darf er nicht mehr spielen, eine ruhige Woche in Hamburg stand bevor. Doch dann meldete sich der Verband um Nationaltrainer Alex McLeish. ­Bates wurde nachnominiert – und stand in Albanien direkt in der Startelf. Auch Trainer Hannes Wolf freute sich: „Das ist sehr schön und etwas Besonderes. Die Nationalmannschaft hat für jeden Spieler eine große Bedeutung.“

Léo Lacroix – ebenfalls seit wenigen Tagen A-Nationalspieler

Es ist eine Geschichte, die in nahezu derselben Form auch Léo Lacroix erlebte. Ebenfalls HSV-Verteidiger, ebenfalls nachnominiert, ebenfalls seit wenigen Tagen A-Nationalspieler – und in gewisser Form ebenfalls ein Aufsteiger. Im Alter von 26 Jahren machte Lacroix am vergangenen Mittwoch sein erstes Länderspiel für die Schweiz.

Hamburgs Leo Lacroix und Kölns Dominick Drexler (l) im Volksparkstadion im Zweikampf um den Ball.
Hamburgs Leo Lacroix und Kölns Dominick Drexler (l) im Volksparkstadion im Zweikampf um den Ball. © Christian Charisius/dpa

Im Gegensatz zu Bates erlebte Lacroix zwar eine peinliche 0:1-Niederlage gegen WM-Gastgeber Katar, dafür durfte der HSV-Profi am Sonntagabend so richtig feiern. Durch den furiosen 5:2-Sieg in der Nations League gegen den WM-Halbfinalisten Belgien qualifizierte sich die Schweiz für die Finalrunde der besten vier Mannschaften im Juni in Portugal. Dass Lacroix bei diesem Spiel nur auf der Bank saß, dürfte seine gute Laune nicht beeinträchtigen, wenn er am Dienstag wieder beim HSV erscheint.

„Natürlich habe ich mich total gefreut. Ich habe sofort meiner Familie von der Nominierung berichtet“, sagte Lacroix dem Abendblatt nach seinem Debüt für die Schweiz. Die Einzelkritiken nach der Blamage gegen Fußballzwerg Katar hatte er allerdings nicht gelesen. Er wusste wohl auch warum. Der Abwehrspezialist wurde in einer Schweizer Zeitung mit der Note „sehr schwach“ bewertet. Zudem wurde sein Auftritt wie folgt beschrieben: „Sein Nati-Debüt geht in die Hosen. Viele Unsicherheiten, Fehlpässe. Mitschuld am Gegentreffer.“ Die „Neue Zürcher Zeitung“ schrieb vom „Tiefpunkt in der Ära Vladimir Petkovic“, dem Trainer der Schweizer Nationalmannschaft.

Im Fußball kann sich alles schnell drehen

Doch wie schnell sich im Fußball alles drehen kann, erlebte nicht nur Petkovic mit der Schweiz vier Tage später, sondern auch Lacroix in seinen ersten Wochen beim HSV. Nachdem er im August aufgrund der schweren Knieverletzungen von Gideon Jung und Kyriakos Papadopoulos für ein Jahr inklusive Kaufoption vom französischen Erstligisten AS St. Etienne ausgeliehen wurde, profitierte er zunächst von den Startproblemen des David Bates beim HSV. Doch auch Lacroix tat sich in den ersten Spielen schwer. Insbesondere beim 0:5-Debakel gegen Jahn Regensburg sah er wie alle seine Kollegen ganz schlecht aus. Lacroix verlor seinen Platz an Bates.

Und wer weiß, ob Lacroix in der vergangenen Woche mit der Schweiz unterwegs gewesen wäre, hätte sich Bates in Magdeburg nicht eine überflüssige Gelb-Rote Karte abgeholt. So erhielt Lacroix gegen Köln eine neue Chance – und nutzte sie beim 1:0 im Topspiel mit einem fehlerfreien Auftritt. Seitdem hat Lacroix wieder die Nase vorne.

Lacroix fühlt sich in Hamburg ebenfalls pudelwohl

Beim HSV freuen sich die Verantwortlichen, dass sich beide Verteidiger nach ihren Startproblemen stabilisiert haben. Insbesondere die Entwicklung von Bates, der ablösefrei als große Unbekannte von den Glasgow Rangers kam, überrascht. Bates selbst hat seinen Wechsel trotz des aktuellen Reservistendaseins nicht bereut. „Es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Der Fußball in der Zweiten Liga ist besser als in Schottland.“

Und Lacroix? Der fühlt sich in Hamburg ebenfalls pudelwohl, wie er kürzlich dem Portal fussballtransfers.com erzählte. So wohl, dass er von einer verpflichtenden Kaufoption sprach, sollte der HSV aufsteigen. Doch die Aussage stellte sich als Übersetzungsfehler heraus. Macht der 1,97-Meter-Hüne so weiter wie zuletzt, gilt es aber nicht als ausgeschlossen, dass der HSV nach der Saison die Kaufoption in Höhe von zwei Millionen Euro zieht. Die Statistik führt Lacroix als besten Zweikämpfer der Liga (75,68 Prozent).

Aber auch Bates hat sich einen Namen als resoluter Zweikämpfer gemacht. Nun geht der Zweikampf mit Lacroix um den Platz an der Seite von Rick van Drongelen in Hamburg weiter. Lacroix soll am Dienstag wieder im Volkspark trainieren. Am Donnerstag wird auch Bates erwartet. Im Optimalfall als frisch gebackener Aufsteiger.