Hamburg. 24 Spieler und drei Trainer mit Hamburger Vergangenheit starten in die Saison. Fast alle haben ihren Marktwert deutlich erhöht.
Seine ersten Worte als Profi von Eintracht Frankfurt fielen am Dienstag aus. Filip Kostic wollte nicht sprechen. Sein neuer Arbeitgeber sagte die Medienrunde mit dem neuen Flügelstürmer kurzfristig ab. Der Serbe, der am Montag für zwei Jahre samt Kaufoption und eine fixe Zahlung von 1,2 Millionen Euro vom HSV ausgeliehen wurde, soll sich in Frankfurt zunächst ausschließlich auf Fußball konzentrieren. Und auch beim HSV wird man nicht unglücklich über Kostics Schweigen gewesen sein. Zu häufig hatten sich Spieler zuletzt nach ihren Wechseln zu neuen Clubs negativ über den HSV geäußert.
Die gewählten Worte klangen dabei immer ähnlich – ob bei Luca Waldschmidt („Wenn du einmal schlecht spielst, bist du sofort wieder raus“), Nicolai Müller („Der Trainer hat nie ein Wort mit mir gesprochen“), André Hahn („Würde nicht wieder zum HSV gehen“) oder auch Törles Knöll („Der HSV hatte keinen Plan mit mir“). Sätze, die man so ähnlich schon vor einem Jahr von Matthias Ostrzolek („Die Zeit beim HSV war belastend“) und Michael Gregoritsch („Ich hätte mir mehr Vertrauen gewünscht“) sowie im Jahr davor von Kerem Demirbay („Ich habe keine Chance bekommen“) gehört hatte.
All diese Spieler vereint eines: Wenn am Freitag die 56. Saison der Fußball-Bundesliga beginnt, sind sie im Gegensatz zum HSV mit dabei. Und nicht nur sie. In den Kadern der 18 Bundesligisten befinden sich insgesamt 24 Spieler mit einer HSV-Vergangenheit. Hinzu kommen mit Bruno Labbadia (Wolfsburg), André Breitenreiter (Hannover) und Niko Kovac (Bayern München) drei Trainer. Beim Auftaktspiel der Bayern am Freitag gegen Hoffenheim (20.30 Uhr/ZDF) sitzt neben Kovac mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic ein weiterer Ex-Hamburger.
Torhüter Wolf wäre fast beim HSV gelandet
HSV-Trainer Christian Titz wird sich den Ligastart im Fernsehen anschauen. „Natürlich gucke ich die Spiele. Vor allem das Auftaktmatch finde ich sehr interessant“, sagte Titz drei Tage vor dem Beginn der Bundesliga. „Es wird spannend zu sehen sein, wie sich beide Mannschaften mit ihren unterschiedlichen Systemen begegnen. Das verfolge ich mit Interesse“, so Titz. „Aber logischerweise geht unser Fokus auf die Zweite Liga und das Spiel am Montag gegen Arminia Bielefeld.“
Zum ersten Mal seit Einführung der Bundesliga im Jahr 1963 startet eine Saison ohne Hamburg. Und doch ist der HSV noch zahlreich in der Bundesliga vertreten. Frankfurt (Müller und Kostic), Hannover (Walace und Bobby Wood) sowie Nürnberg (Christian Mathenia und Knöll) sicherten sich jeweils zwei HSV-Spieler. Auch in Augsburg kicken mit Hahn und Gregoritsch jetzt zwei ehemalige Hamburger.
Bei den Aufsteigern befinden sich zudem Spieler, die man nicht sofort mit dem HSV verbindet. Nürnbergs Hanno Behrens (28) schaffte einst den Sprung aus der HSV-Jugend zu den Profis, wurde dort jedoch nie eingesetzt. Auch Düsseldorfs Stürmer Rouwen Hennings (30) spielte im Nachwuchs der Hamburger, genau wie sein Teamkollege Raphael Wolf (30), der bei den HSV-Profis später dritter Torwart wurde und mit dem sich die Verantwortlichen im Volkspark in diesem Frühjahr beschäftigt hatten.
Startelf der Ex-HSVer ist deutlich wertvoller als aktueller Kader
Bitter für den HSV: Während der aktuelle Zweitligakader nur noch einen Gesamtmarktwert von 48,40 Millionen aufweist, hat alleine die Startelf der Ex-Hamburger einen Wert von 126,5 Millionen Euro. Jonathan Tah hat seinen Marktwert seit seinem Wechsel vom HSV nach Leverkusen innerhalb von drei Jahren von sechs auf 30 Millionen Euro erhöht. Gregoritsch schaffte es innerhalb eines Jahres von 3,5 auf 14 Millionen Euro. Und selbst Ostrzolek hat sich in Hannover wieder von zwei auf drei Millionen Euro hochgearbeitet (Quelle: transfermarkt.de).
HSV macht 36,2-Millionen-Transferminus
André Hahn (1,5 Millionen Euro) ist nach einem Jahr HSV nur noch halb so viel wert wie Nürnbergs Behrens. Und auch Kostics Marktwert fiel innerhalb von zwei Jahren von zehn auf sechs Millionen. Entsprechend fällt die Transferbilanz des HSV in diesem Sommer mäßig aus. Für zwölf Spieler, die den Verein zur neuen Saison verlassen haben und für die der HSV zusammen 55,3 Millionen Euro investiert hatte, nahm der Club in dieser Transferperiode 19,1 Millionen Euro ein. Nur mit Luca Waldschmidt (kam für 1,3 Millionen und ging für fünf Millionen Euro) konnte der HSV eine Wertsteigerung erzielen.
Sportvorstand Ralf Becker dürfte mit seiner ersten Transferperiode trotzdem zufrieden sein. Angesichts der Marktwerteinbrüche bei fast allen Spielern konnte er kaum mehr Geld einnehmen. Bei Wood und Kostic bleibt dem HSV die Hoffnung, dass sie ihre Marktwerte während ihrer Ausleihen wieder nach oben treiben und der HSV nachträglich noch Ablösesummen generieren kann.
Geringste Transferausgaben seit 18 Jahren
Mit Ausgaben von 1,7 Millionen Euro hat der Club zumindest so wenig investiert wie seit 18 Jahren nicht mehr. Damals gab der HSV vor der Saison 1999/00 für die drei Iraner Mehdi Mahdavikia, Vahid Hashemian und Rasoul Khatibi sowie Roy Präger und Niko Kovac nur 1,7 Millionen Euro aus.
Am Freitag wird der HSV nur Zuschauer sein, wenn eben jener Kovac erstmals als Trainer des FC Bayern München ein Bundesligaspiel betreuen wird. Für viele wird es noch ein ungewohntes Gefühl sein, wenn der HSV in der Tabelle nach dem ersten Spieltag fehlt. Zumindest dürfen 24 ehemalige HSV-Spieler hoffen, nach den ersten neun Partien an der Spitze der Bundesliga zu stehen.