Hamburg. Während Christian Mathenia und Julian Pollersbeck Optionen ausloten, erwägt Raphael Wolf eine Rückkehr zum HSV.
Allzu viel konnten Trainingszuschauer, die Hamburgs Frühjahrsferien nutzten und am Dienstagmorgen in den Volkspark pilgerten, nicht sehen. Die HSV-Mannschaft war joggen, Nicolai Müller absolvierte erstmals eine Rehaeinheit am Ball und nur die Torhüter boten auf dem schwer einsehbaren Nebenplatz ein wenig Abwechslung. Torwarttrainer Stefan Wächter quälte Christian Mathenia, Julian Pollersbeck und Tom Mickel, ließ die Keeper fliegen, rennen und quer über den ganzen Platz große Hopsa-Sprünge machen. Der Unterhaltungswert für die extra angereisten HSV-Urlauber war allerdings begrenzt.
Dabei könnten Hamburgs Nummer eins Mathenia und dessen Stellvertreter Pollersbeck auch außerhalb des Platzes schon bald zum großen Sprung ansetzen. Beide Torhüter sollen für den Fall des Abstiegs auch über Alternativen nachdenken. Dabei lauten sowohl für Mathenia als auch für Pollersbeck die entscheidenden Fragen: Was sind die Optionen? Was macht der direkte Konkurrent? Und vor allem: Was will überhaupt der Verein?
Sicherlich am schwersten zu beantworten ist Frage Nummer drei. Denn obwohl Sportchef Jens Todt und Clubchef Heribert Bruchhagen offiziell noch in Amt und Würden sind, ist es inoffiziell ein offenes Geheimnis, dass für das Führungsduo spätestens im Sommer Schluss beim HSV ist. Eine logische Folge ist, dass immer häufiger auch die Berater der Spieler sich fragen, mit wem sie nun eigentlich noch Perspektivgespräche für ihre Klienten führen können.
Frankfurt und Köln buhlen um Pollersbeck
Genau diese Frage will Pollersbecks Berater Roman Rummenigge in persönlichen Gesprächen mit den HSV-Verantwortlichen ergründen. Dabei will der Sohn von Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ausloten, inwiefern der HSV mit Pollersbeck, der in dieser Saison gerade mal zwei Spiele absolviert hat, im Abstiegsfall planen würde. Bereits im November sagte er: „Wir werden uns sehr genau anschauen, wie es in den kommenden Wochen mit Julian weitergeht.“ Vier Monate später sagt er nun: „Zu diesem Satz stehe ich. Die Situation ist seitdem nicht besser geworden.“
Und diese „nicht besser gewordene Situation“ ist auch anderen Clubs nicht verborgen geblieben. Nach Abendblatt-Informationen gibt es gleich zwei Bundesliga-Anfragen für Pollersbeck: von Eintracht Frankfurt als Nachfolger des wechselwilligen Lukas Hradecky und vom 1. FC Köln, dessen Keeper Timo Horn im Abstiegsfall für die festgeschriebene Ablöse von neun Millionen Euro gehen kann. Bleibt also die Frage, ob der HSV den U-21-Europameister im Abstiegsfall überhaupt behalten oder ihn nach nur einem Jahr wieder abgeben wollen würde.
Ist Mathenia reif für die Insel?
Und an dieser Stelle beginnt auch schon das Hamburger Torwart-Domino. Denn Pollersbecks Verbleib beim HSV hängt zwangsläufig auch von einer Zukunftsentscheidung Mathenias ab. Dieser hat bekanntermaßen gerade erst seine Berateragentur gewechselt und wird nun seit einer Woche von Arena11 betreut.
HSV-Kader im Umbruch: Wer bleibt, wer geht?
* Rot: Spieler, die den HSV wohl verlassen. Grün: Profis, die eher bleiben. Schwarz: Zukunft offen. Marktwert-Quelle: transfermarkt.de
Dass die Agentur insbesondere international bestens vernetzt ist und vor allem nach England gute Kontakte hat, befeuerte schnell Gerüchte, nach denen es Mathenia ins Mutterland des Fußballs ziehen könnte. Erste Anfragen sollen vorliegen, wobei Mathenia selbst dementiert: „Die automatische Verbindung mit einem Weggang von HSV ist schlichtweg falsch. Ich konzentriere mich auf meine Aufgaben beim HSV und will zwingend die Liga halten.“
Hütet künftig Wolf das HSV-Tor?
Nun denn. Wenn aber die Torhüter-Frage nach einem wahrscheinlichen Abstieg „Mathenia oder Pollersbeck?“ beim HSV lautet, dann könnte die überraschende Antwort heißen: Wolf, Raphael Wolf. Denn tatsächlich liebäugelt der derzeit nach „Kicker“-Noten beste Zweitliga-Torhüter damit, in seine einsteige Wahlheimat zurückzukehren.
Im Freundeskreis soll Wolf verraten haben, dass er sogar barfuß in die Hansestadt wechseln würde. Vom Abendblatt mit den Gerüchten konfrontiert antwortet er eindeutig zweideutig: „Ich fühle mich sehr wohl in Düsseldorf, aber natürlich ist und bleibt auch der HSV, mein erster Club, immer besonders für mich.”
Der gebürtige Münchner startete seine Profikarriere in Hamburg. Ab seinem 16. Lebensjahr spielte er zunächst in der B- und A-Jugend, später in der zweiten Mannschaft des HSV. Unter Huub Stevens schaffte der 1,90 Meter große Torhüter sogar den Sprung in den Profikader, kam in der Bundesliga für den HSV allerdings nie zum Einsatz.
Sein Erstligadebüt holte Wolf dann nach einem Abstecher in Kapfenberg ausgerechnet beim Nordrivalen Werder Bremen nach, ehe es ihn nach 48 Bundesligaspielen im vergangenen Sommer zu Fortuna Düsseldorf zog. Dort war der frühere Hamburger zunächst nur als Ersatztorhüter vorgesehen, nutzte aber eine Rippenverletzung von Düsseldorfs eigentlichen Nummer eins Michael Rensing aus und blieb auch nach dessen Genesung Stammtorhüter.
Darum zieht es Wolf zum HSV
Doch obwohl Fortuna in den Vertragsverhandlungen im Winter „an die finanzielle Schmerzgrenze“ gegangen ist, wie Düsseldorfs Clubboss Robert Schäfer bereits vor einem Monat betonte, konnten sich Verein und Wolf noch immer nicht einigen. Beim designierten Bundesliga-Aufsteiger könnte der 29-Jährige ab Sommer statt 250.000 Euro rund 500.000 Euro pro Saison verdienen. Ein Betrag, den der HSV sogar als Absteiger locker überbieten könnte. Zum Vergleich: Sowohl Mathenia als auch Pollersbeck sollen mehr als doppelt so viel beim HSV verdienen.
Könnte sich Wolf einen ablösefreien Wechsel zum HSV aber auch nach einem Hamburger Abstieg und einem Düsseldorfer Aufstieg überhaupt noch vorstellen? „Natürlich drücke ich dem HSV die Daumen für den Klassenerhalt“, antwortet der Keeper ausweichend. „Aber sollte Hamburg wirklich absteigen, dann bin ich mir sicher, dass der HSV direkt wieder aufsteigt.“
Aus privaten Gründen müsste Wolf ohnehin nicht lange nachdenken. Frau Daniela und der achtjährige Sohn Colin Noah leben ohnehin in Hamburg. Trotzdem betont Wolf: „Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen.” Diese soll allerdings noch vor Saisonende in den kommenden vier Wochen fallen.
Bleibt nur zu hoffen, dass neben dem Torwartdomino auch das Verantwortlichendomino beim HSV dann entschieden ist. Es bleibt also unterhaltsam – zumindest außerhalb des Platzes.