Hamburg. Der serbische Topverdiener wechselt für zwei Jahre auf Leihbasis nach Frankfurt. Das sind die finanziellen Eckdaten des Transfers.

    Felix Klaus, Offensivallrounder vom VfL Wolfsburg, wurde am Montag nicht in Frankfurt gesehen. Weder an der Commerzbank-Arena noch am Römer. Und schon gar nicht in der Paulskirche. Auch über einen Besuch von Deutschlands Torwarttrainer An­dreas Köpke in der Mainmetropole gab es zum Wochenstart keine verlässlichen Berichte, keine „Bild“-Leserreporter-Fotos und auch keine Schnappschüsse bei Instagram. Und doch waren sowohl Wolfsburgs Klaus als auch Nationalmannschafts-Torwarttrainer Köpke am Montag in Frankfurt in aller Munde. Der Grund hatte einen Namen: Filip Kostic.

    Wer an dieser Stelle nicht mehr mitkommt, dem sei eine schnelle Wikipedia-Recherche empfohlen. Dort ist zu erfahren, dass Felix Klaus mit Fürth, Freiburg und Hannover bereits dreimal in seiner Karriere abgestiegen ist. Und dass sich der frühere Frankfurter Köpke nach sechs (!) misslungenen Klassenkämpfen (mit Kiel, Charlottenburg, Hertha, Nürnberg, Frankfurt und noch mal Nürnberg) als unangefochtener Abstiegskönig bezeichnen darf. Und was das alles mit Hamburgs Filip Kostic zu tun hat? Nun ja, der Serbe stieg bekanntermaßen sowohl mit Stuttgart als auch mit dem HSV ab. Und spätestens seit Montag geht auch in Frankfurt die Sorge um, dass es nun den immer noch amtierenden Pokalsieger erwischen könnte. Ohne Köpke. Aber eben mit Kostic.

    „Wenn #Kostic zur #Eintracht wechselt, steht der erste Absteiger fest“, schrieb vormittags ein entsetzter Fan bei Twitter. Ein anderer bezeichnete den Transfer als „letzten Mosaikstein für den sicheren Abstieg“. Doch anders als Klaus und Köpke wurde Kostic bei aller Skepsis am Mittag tatsächlich in Frankfurt gesichtet. Der Serbe absolvierte seinen Medizincheck und unterschrieb am Nachmittag einen zweijährigen Leihvertrag. Frankfurt zahlt laut „Bild“ 1,2 Millionen Euro Leihgebühr und sichert sich eine Kaufoption in Höhe von 6,5 Millionen Euro.

    HSV spart sich Kostics üppiges Gehalt

    „Mit Filip Kostic bekommen wir genau den Spielertyp, den wir für unser Spiel brauchen“, sagte Sportdirektor Bruno Hübner. „Die Qualitäten von Filip sind den Fußball-Fans in ganz Deutschland bekannt. Wir sind überzeugt davon, dass er uns schon bald helfen kann.“ Und Sportvorstand Fredi Bobic, der Kostic schon 2014 nach Stuttgart geholt hatte, schwärmte: „Filip Kostic ist ein gestandener Bundesligaspieler, der sein Können vielfach nachgewiesen hat. Als WM-Teilnehmer bringt er zudem weitere Erfahrung in unseren Kader.“

    So groß bei den Frankfurter Verantwortlichen die Vorfreude und bei Eintrachts Fans die Skepsis sein mag, so groß ist in Hamburg die Erleichterung, auf der Zielgeraden der Transferperiode doch noch den letzten (unerwünschten) Großverdiener losgeworden zu sein. Obwohl Kostics Gehalt in der Zweiten Liga vertraglich stark reduziert worden wäre, hätte er nach dem Abstieg noch immer 1,7 Millionen Euro (plus Prämien) verdient.

    HSV über Streik-Profi Kostic irritiert

    Noch mehr als die finanziellen Rahmendaten sorgten sich die Verantwortlichen zunehmend über die atmosphärischen Begleitumstände der unendlichen Kostic-Geschichte. Der Serbe hatte zuvor bereits dem VfL Wolfsburg und dem Premier-League-Club FC Burnley abgesagt. Und so reagierten besonders Trainer Christian Titz und Sportvorstand Ralf Becker irritiert darüber, dass sich der teuerste HSV-Profi aller Zeiten (14 Millionen Euro) trotzdem weigerte, mit zum Auswärtsspiel nach Sandhausen zu reisen.

    „Wir hätten Filip sehr gerne mitgenommen, aber er hat uns gesagt, dass er andere Pläne hat“, hatte Becker vor gut einer Woche gesagt. „Wir können nur diejenigen mitnehmen, die für den HSV Gas geben wollen. Filip sagte uns, dass das für ihn gerade nicht möglich ist. Das ergibt dann für uns aber keinen Sinn.“

    Kühne steht Kostic-Ablöse zu

    Das Leihgeschäft ergibt aus Hamburger Sicht dagegen durchaus Sinn. Zur Erinnerung: Bei einem Verkauf hätte der HSV einen Großteil der Ablöse direkt an Investor Klaus-Michael Kühne weiterleiten müssen, auch wenn dieser kürzlich im Abendblatt eine gütliche Regelung angekündigt hatte, „die den wohlverstandenen Interessen aller Beteiligten gerecht wird“.

    Nun ist eine entsprechende Regelung bei Kostic zunächst einmal aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Abseits des Rasens beinhaltete der Kaugummi-Transfer aber schon jetzt alle Zutaten, die den modernen Fußball immer ungenießbarer machen: einen Profi, der sich trotz Vertrags weigerte, für seinen Club zu spielen. Einen Investor, dessen Beteiligung die Gespräche zwischen den Clubs verkomplizierte. Mehrere Berater, die den Fußballer bei unterschiedlichen Vereinen anboten. Und ein finanzbewusster Bruder im Hintergrund, der die ganze Suppe zusätzlich würzte.

    Wer diese Suppe nun auslöffeln muss, wird man sehen. Gespannt darf man allerdings in Frankfurt sein, inwiefern sich die Statik der Mannschaft durch den Leihdeal verändert, den der umtriebige Berater Fali Ramadani eingefädelt hat. Neben Kostic zählen auch noch die Frankfurter Offensivkräfte Ante Rebic, Mijat Gacinovic und Luka Jovic zu seinem Portfolio.

    Rückt Kostic gleich in die Startelf?

    Indirekt soll Ramadani, der für den HSV auch Alen Halilovic zum AC Mailand verscherbelte, zudem beim angedachten (und vorerst geplatzten) Verkauf von Douglas Santos nach Leverkusen involviert gewesen sein. Ramadani war zwar einer der gefühlt wenigen Berater Deutschlands, der keinerlei Aktien an Santos hatte. Allerdings soll Ramadani Bayers Brasilianer Wendell bei Paris Saint-Germain angeboten haben, der das Santos-Domino in Gang gesetzt hatte. Doch weil der Dominostein Wendell (vorerst) in Leverkusen bleibt, fällt (vorerst) auch der Dominostein Santos nicht. Vorerst also ziemlich viel vorerst.

    Bei Kostic darf das beliebte Transferperioden-Wörtchen dagegen getrost gestrichen werden. Bereits an diesem Dienstag wird der Neu-Frankfurter erstmals um 10.30 Uhr mit seinen neuen Kollegen trainieren. Und das aus Frankfurter Sicht Beste: Anders als beim HSV soll Kostic auch keine Bedenken haben, wenn Eintracht-Trainer Adolf Hütter den 25 Jahre alten Fußballer für das erste Spiel der neuen Bundesligasaison am Sonnabend in Freiburg nominieren sollte. Seine Ziele für diese Spielzeit mit dem noch immer amtierenden Pokalsieger: eine gute Saison spielen. Und auf keinen Fall mit Wolfsburgs Dreifachabsteiger Felix Klaus gleichziehen.