Hamburg. Nach Jung fällt auch Papadopoulos mit einem Knorpelschaden rund sechs Monate aus. Sämtliche Planungen sind damit hinfällig.

Am Donnerstag lief gerade das Vormittagstraining des HSV, als die Nachricht des Tages durchsickerte: traumatischer Knorpelschaden, so lautete die offizielle Diagnose bei Gideon Jung. Und manch ein HSV-Trainingsgast musste zunächst einmal den medizinischen Fachbegriff ergoogeln, der es in der Vergangenheit nur selten auf die Sportseiten der Zeitungen geschafft hatte.

Doch was zu diesem Zeitpunkt noch niemand wusste: Sämtliche Zuschauer am Donnerstag wurden beim HSV-Training ungeplant sogar Zeugen solch eines traumatischen Knorpelschadens. Denn nach Jung, der sich die schwerwiegende Knieverletzung bereits im Trainingslager in Österreich zugezogen hatte, erlitt offenbar am Donnerstag auch Kyriakos Papadopoulos am linken Knie genau die gleiche Verletzung. Ein HSV-Trauma im wortwörtlichen Sinne.

Eine endgültige Bestätigung des schlimmen Verdachts soll nach einer Arthroskopie an diesem Montag folgen. Ausgerechnet also am Montag, wenn Kniepatient Nummer eins (Jung) mehr oder weniger zeitgleich in Augsburg operiert wird. Diese OP dürfte nach der erwarteten Bestätigung auch auf Kniepatient Nummer zwei (Papadopoulos) zukommen – genauso wie die vermutete Zwangspause von rund sechs Monaten.

Eine Hiobsbotschaft für den HSV

Der doppelte Kniefall beim HSV ist sowohl subjektiv (für Jung und Papadopoulos) als auch objektiv (für den ganzen Club) eine echte Hiobsbotschaft. Sämtliche Überlegungen, die sich Sportchef Ralf Becker und Trainer Christian Titz im Hinblick auf die Abwehr noch vor wenigen Tagen gemacht hatten, sind hinfällig. Denn während Jung zunächst als Abwehrchef fest eingeplant war, wurde im Fall von Topverdiener Papadopoulos fest mit einer Ablösesumme kalkuliert.

Als sich dann aber Jung verletzte, spielten Becker und Titz gezwungenermaßen auch die Möglichkeit durch, doch auf Papadopoulos als Jung-Ersatz zu setzen. Doch auch diese Gedankenspiele sind nun überholt.

„Wir warten mal die letzte Untersuchung ab, dann sehen wir weiter“, relativierte Trainer Titz noch am Sonnabend, um aber gleichzeitig einzuräumen, dass er nur wenig Hoffnung auf gute Nachrichten durch die Arthroskopie habe: „Es kann gut sein, dass Papa uns nicht zur Verfügung steht. Stand jetzt dürfte das schwierig werden mit seinem Knie.“

HSV-Gehaltsetat steigt durch Verletzung

Extrem schwierig gestalten sich nun die weiteren Planungen für die Abwehr. Vorerst bleiben dem HSV mit Rick van Drongelen , 19, David Bates, 21, und Stephan Ambrosius, 19, nur drei Youngster für die Innenverteidigung. Und das Geld für einen gestandenen Ersatz-Innenverteidiger fehlt an allen Ecken und Enden. Denn zum einen bleiben nun die erhofften Millionen durch einen Papadopoulos-Verkauf aus, zum anderen muss der HSV auch das üppige Gehalt des Griechen einkalkulieren.

Nach sechs Wochen, in denen der HSV Papadopoulos ganz normal weiter bezahlen muss, übernimmt zwar die gesetzliche Unfallversicherung (bei Profisportlern die VBG) die Lohnfortzahlung. Allerdings muss der HSV nach Papadopoulos’ Rückkehr ins Mannschaftstraining das Monatsgehalt von 200.000 Euro (plus Prämien) für den nun schwer vermittelbaren Kniepatienten wieder übernehmen.

Sollte der HSV also doch noch neben dem gesuchten Mittelfeldmann auch einen Ersatz-Innenverteidiger finden, müsste der Club in der Rückrunde dennoch das dreifache Gehalt (Mister X, Jung und Papadopoulos) einkalkulieren.

Gisdol bestand trotz Bedenken auf Papa-Kauf

Ähnlich bescheiden wie für den Verein ist die Situation für Papadopoulos selbst. Denn der 26 Jahre alte Abwehrmann wird zwar nach 42 Tagen von der Versicherung bezahlt, bekommt von der VGB aber lediglich den Höchstbetrag von 6400 Euro ausbezahlt – und das auch nur 78 Wochen lang. Ob der frühere Leverkusener wie viele andere Profisportler eine separat Versicherung für Krankentagegeld- oder Sportlertagegeld abgeschlossen hat, ist nicht bekannt.

Sehr bekannt ist dagegen, dass Sportchef Becker nun eine echte Herkulesaufgabe zu bewältigen hat. Der Manager ist in dieser Woche im Ausland unterwegs, um Gespräche über mögliche Ersatzkandidaten zu führen. Dabei rächt sich, dass seine Vorgänger das bereits in der Vergangenheit nicht vorhandene Geld ohne Gewissensbisse verprasst haben.

So störten sich weder Ex-Sportchef Jens Todt noch Ex-Trainer Markus Gisdol daran, dass Papadopoulos’ Knie schon seit Jahren als anfällig galt. Gisdol soll es auch gewesen sein, der Bedenken der medizinischen Abteilung ignorierte und Papadopoulos „um jeden Preis“ verpflichten wollte.

Papadopoulos kostet HSV zu viel Geld

Und dieser Preis hatte es in sich: So ist es nicht einmal ein Jahr her, dass sich der HSV mit Bayer Leverkusen auf eine Ablöse von 6,5 Millionen Euro verständigte – und sich mit Papadopoulos auf ein Grundgehalt von mehr als drei Millionen Euro einigte. Und selbst nach dem Abstieg in die Zweite Liga stehen dem kompromisslosen Grätschenkünstler noch immer ein Jahresverdienst von 2,4 Millionen Euro (plus Prämien) zu – bis zum Vertragsende 2020.

Nun gilt es also, eine günstige und erfahrene Übergangslösung zu finden – im besten Fall ohne traumatischen Knorpelschaden. Laut dem Fachportal transfermarkt.de gibt es eine fast endlose Liste mit möglichen Abwehrkandidaten. Einer davon: Mavraj, Mergim.