Hamburg. Die Verträge der Hoffnungsträger im Abstiegskampf enden ebenso wie die von Müller und Titz. Was die Berater sagen.
Nicolai Müller wirbelte beim Trainingsspiel am Dienstag im Angriff der mutmaßlichen Startelf herum, trickste, sprintete, schwitzte. Sah gut aus, griffig, fit. Der Kreuzband-Rekonvaleszent hat sich beim HSV kurz vor Saisonende zurückgemeldet. „Wir müssen abwarten, wie er mit den Belastungen in dieser Woche umgeht. Möglicherweise kann er eine Option für die Startelf am Sonnabend werden“, sagte Trainer Christian Titz und lobte: „Er ist willig, ehrgeizig und will spielen.“
Jeder weiß, dass die Partie am Sonnabend gegen Borussia Mönchengladbach das 1866. Bundesligaspiel des HSV wird – und höchstwahrscheinlich zunächst das letzte. Nur ein Sieg und eine gleichzeitige Niederlage des VfL Wolfsburg gegen den 1. FC Köln kann noch die Relegations-Rettung bringen. Jeder weiß das, auch die Profis, deren Verträge beim HSV auslaufen und die bereits als Abgänge mehr oder weniger feststehen.
Arbeit am ultimativen Fußballwunder
Trotzdem sind ausgerechnet diese Spieler die größten Hoffnungsträger bei der Arbeit am ultimativen Fußballwunder. Bevor sie gehen, wollen sie nur noch kurz den HSV retten. Nicolai Müller gehört dazu. Kapitän Gotoku Sakai ist unumstrittener Stammspieler, Dennis Diekmeier verlässlicher Ergänzungsspieler. Nur Sejad Salihovic, Sven Schipplock und Bjarne Thoelke spielen in den Planungen von Titz eine geringe bis keine Rolle. Aaron Hunt und Lewis Holtby aber waren durch ihre Leistungen in den letzten Wochen Erfolgsgaranten beim Neustart unter Trainer Titz. Obwohl insbesondere diese beiden schon wegen ihrer hohen Gehälter den Verein im Sommer verlassen müssen. Wie geht das?
„Lewis hat den Glauben, mit der Mannschaft das große Ziel Klassenerhalt noch erreichen zu können“, sagt sein Berater Marcus Noack. Diesen großen, inneren Antrieb haben sie alle. Topleistungen sind in ihrer Situation ja auch immer eine Bewerbung für mögliche neue Arbeitgeber, beziehungsweise für Gespräche mit dem HSV über eine Vertragsverlängerung.
Noch keine konkreten Gedanken bei Hunt
„Konkrete Gedanken habe ich mir noch nicht gemacht“, sagt Hunt, „ich beschäftige mich damit auch nicht jeden Tag. Ich schaue einfach, was passiert.“ Für die Anfragen ist ohnehin der Berater da, der sondiert und sammelt und schaut. „Es gibt Anfragen für ihn, aber wir werden jetzt keine Gespräche mit anderen Vereinen führen. Aaron will sich durch nichts ablenken lassen“, sagt sein Interessenvertreter Efe Aktas.
HSV verliert Schicksalsspiel in Frankfurt:
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Genauso ist es auch bei Gotoku Sakei. Alles liegt auf Eis sozusagen. Keine Gespräche, keine Entscheidungen bevor das sportliche Schicksal nicht endgültig feststeht. Schon im Februar hatte der HSV die Verhandlungen mit seinem Kapitän gestoppt. Der Verein hat allen Spielern und Beratern längst signalisiert, dass es derzeit keinerlei Vertragsgespräche gibt. „Ich weiß, dass sich der eine oder andere Spieler auch mit seiner ungeklärten Vertragssituation beschäftigt“, sagt Trainer Christian Titz, dessen Zukunft ja ebenfalls immer noch nicht offiziell geklärt ist: „Ich selbst blende das völlig aus.“
Mediale Charmeoffensive
Der 47-Jährige hat mittlerweile mit einer medialen Charmeoffensive deutlich gemacht, dass er auch bei einem Abstieg gerne in Hamburg weiter arbeiten möchte. Die Chancen sind dafür inzwischen deutlich gestiegen. Vorstand Frank Wettstein und Direktor Sport Bernhard Peters haben sich klar dafür ausgesprochen. Auch der zunächst skeptische Aufsichtsratschef Bernd Hoffmann lobte am Dienstag aus dem Mallorca-Urlaub bei „Sportbuzzer“: „Er macht das sehr gut mit viel Engagement.“
Titz hat die Stars auf dem Abstellgleis wieder ans Laufen gekriegt. Wie Hunt, wie auch Bobby Wood, der bei einem Abstieg ein Verkaufskandidat ist, und wie Holtby. „Ich versuche alles in meiner Macht Stehende zu tun, um meiner Mannschaft und dem Verein dabei zu helfen, das Unmögliche noch möglich zu machen“, sagt der 27-Jährige.
Versöhnliches Ende für Holtby
Vier Tore in den letzten sechs Bundesligapartien, immer Startelf, seit Titz Übernahme hat die Saison für Holtby ein versöhnliches Ende. „Für ihn persönlich war es schön, dass er jetzt zum Saisonende noch einmal die Chance erhalten hat, seine Qualitäten für das Team und den Verein einzubringen“, erklärt sein Berater den Leistungsaufschwung. Alle Gedanken an andere Vereine und die Zeit nach Hamburg würden dabei nur ablenken. „Ich halte das Tagesgeschäft so gut es geht von ihm fern. Natürlich gab und gibt es Anfragen für ihn. Aber er fragt nicht jeden Tag nach“, sagt Berater Noack: „Im Gegenteil. Manchmal habe ich das Gefühl, er beschäftigt sich damit überhaupt nicht.“
Am Sonnabend werden Holtby, Hunt und Sakai wieder ins Volksparkstadion einlaufen. Wahrscheinlich zum letzten Mal. Eine offizielle Verabschiedung durch den Verein aber wird es nicht geben. Man weiß ja beim HSV, dass „Wunder“ passieren. Und die Spieler auf dem Absprung wollen es möglich machen.