Hamburg. Der Japaner über den Trainerwechsel und die Risse im Verhältnis zwischen Ex-Coach Gisdol und der Mannschaft.

Die roten Plastikmännchen steckten auch am Freitag wieder im Rasen. HSV-Trainer Bernd Hollerbach simulierte beim nicht-öffentlichen Abschlusstraining vor dem Auswärtsspiel in Dortmund (Sa., 15.30 Uhr/Sky) das zu erwartende 4-5-1-System des Gegners und studierte Pass- und Laufwege ein. Auf seiner Lieblingsposition als Rechtsaußen der Fünferkette mischte auch Gotoku Sakai in der A-Elf mit.

Dass der Kapitän in der Startelf stehen wird, ist keinesfalls selbstverständlich. Nachdem der Japaner im Winter gefordert hatte, nicht mehr flexibel, sondern ausschließlich auf der Außenbahn eingesetzt zu werden, fand er sich zum Rückrundenstart unter Ex-Trainer Markus Gisdol auf der Bank wieder.

„Ich hatte das Gefühl, der Mannschaft als Kapitän nicht mehr so zu helfen, wie es mein Anspruch ist. Ich war zu selbstkritisch, habe mich unter Druck gesetzt und war dadurch nicht frei im Kopf. Das hat sich negativ auf meine Leistung ausgewirkt“, erklärt Sakai seine schwierige Situation im Gespräch mit dem Abendblatt.

Hollerbach hat Sakai gestärkt

Doch seit Hollerbach das Zepter in Hamburg übernommen hat, ist der Sohn einer deutschen Mutter und eines japanischen Vaters wieder gesetzt. Nicht nur in der ersten Elf, sondern auch als Wortführer der Mannschaft. Denn entgegen anderer Erwartungen wurde Sakai vom neuen HSV-Coach auch als Kapitän bestätigt.

„Der Trainer hat mir wieder Selbstvertrauen gegeben, indem er mir ganz klar erklärt hat, was er von mir erwartet. Ich muss zwar mehr Verantwortung auf dem Platz übernehmen und die Jungs pushen, damit wir als Einheit auftreten, darf mich aber auch nicht verrückt machen, wenn es mal nicht so funktioniert, wie ich es mir vorstelle“, sagt Sakai, der in den letzten Wochen unter seinem Ex-Trainer wie auch einige Mitspieler keinen guten Draht mehr zu Gisdol hatte.

In der Folge machte sich eine Verunsicherung innerhalb der Mannschaft breit, die Hollerbach nun auflösen muss. „Er ist ein sehr guter Motivator und hat die Stimmung in der Mannschaft verbessert“, lobt Sakai. Seine Worte verdeutlichen, dass es unter Gisdol Risse im Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer gab.

Sakai kritisiert Gisdols Rumpelfußball

So sollen die Profis nach wochenlanger Erfolglosigkeit und dem Sturz auf Platz 17 unter anderem nicht mehr überzeugt von Gisdols alternativlosem Pressing-System gewesen sein. „Wir haben teilweise zu hektisch mit langen Bällen nach vorne agiert, selbst wenn es genug Anspielstationen für einen sicheren Pass gab. Das führte dann oftmals zum Ballverlust“, kritisiert Sakai rückblickend. „Wenn du immer nur hinterherläufst, kostet das viel Kraft, macht keinen Spaß und spielt dem Gegner in die Karten. Wir müssen aber Freude auf dem Platz haben und aggressiv spielen.“

Was HSV-Trainer Hollerbach fürs Dortmund-Spiel plant

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    Hollerbachs Mission ist es nun, Spaß und Punkte zurück in den Volkspark zu bringen. Gelingen soll dies durch verbessertes Passspiel, woran der Franke unter der Woche mithilfe der roten Plastikmännchen als symbolische Gegner verstärkt arbeiten ließ. In Zukunft soll der HSV auch einen Plan B verfolgen, wenn Plan A keinen Ertrag bringt.

    „Der Trainer hat uns taktisch variabler aufgestellt. Er will, dass wir in engen Situationen fußballerische Lösungen finden. Zum Beispiel soll ein ballführender Spieler stets mehrere Anspieloptionen haben. Dafür müssen die Mitspieler in die freien Räume laufen und sich anbieten“, sagt Sakai über das, was im Profifußball eigentlich selbstverständlich sein sollte, beim HSV aber einer Revolution gleichkommt.

    Sakai: Wir dürfen keine Angst haben

    Nach zwei Remis zum Auftakt sollen Hollerbachs Ideen gegen Dortmund erstmals Früchte in Form eines dreifachen Punktgewinns tragen. Den jüngsten Erfolg gegen Dortmund (3:1) am 13. Spieltag der Saison 2015/16 erlebte Sakai als Stammspieler beim HSV in der Startelf.

    „Ich nehme so ein positives Erlebnis mit ins Spiel. Wir können diesen starken Gegner auch auswärts schlagen. Dafür dürfen wir uns aber nicht verstecken und auch keine Angst haben“, gibt sich Sakai optimistisch, auch wenn ihm an diesem Sonnabend Gegenspieler mit einer ungleich höheren Qualität als die roten Plastikmännchen im Weg stehen werden.

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