HSV-Trainer Titz erklärt die Abschiebung Mavrajs zur U21 und die Gnade für Papadopoulos. Für Walace ist die Tür dagegen verschlossen.
Hamburg. Es ist noch gar nicht so lange her, da bildeten Kyriakos Papadopoulos und Mergim Mavraj das Abwehrbollwerk des HSV. Die absoluten Wunschtransfers des damaligen Trainers Markus Gisdol verstärken im Winter 2017 die seinerzeit löchrigste Abwehr der Liga und hatten maßgeblichen Anteil am späteren Klassenerhalt. Doch seitdem hat sich viel verändert.
Während weder Papadopoulos noch Mavraj ihr Leistungsniveau in dieser Saison konstant abrufen konnten, werden in der langen Trainerhistorie des HSV inzwischen zwei Nachfolger hinter Gisdol aufgelistet. Für die Umsetzung seiner Spielidee hat der aktuelle Coach Christian Titz keine Verwendung mehr für Papadopoulos und Mavraj.
Beim jüngsten Heimspiel gegen Hertha BSC (1:2) kamen beide Profis zu ihrer Verärgerung nicht zum Einsatz. Doch während Mavraj eineinhalb Wochen später wie Walace zur U21 abgeschoben wurde, ist Papadopoulos trotz seiner öffentlichen Trainerschelte mit einem Essen für seine Mitspieler davongekommen. Der Grieche soll in Zukunft weiterhin dem Kader angehören, auch wenn seine Stärken unter Titz nicht gefragt sind.
Talent Ambrosius statt „Papa“
Gegen Stuttgart wird voraussichtlich der erst 19 Jahre alte Stephan Ambrosius den Vorzug im Abwehrzentrum erhalten. Auch weil Papadopoulos angeschlagen von der Nationalmannschaft zurückgekehrt ist und deshalb gar nicht erst nach Suttgart reist. Für die Anfangsformation wäre er aber auch in Vollbesitz seiner Kräfte kein Thema gewesen. „Ich will nichts vorwegnehmen, aber er hat sehr gut trainiert und schon seit Längerem bewiesen, dass er Qualitäten besitzt“, sagt Titz über Papa-Konkurrent Ambrosius. „Er ist in der engeren Auswahl.“
In den Vorstellungen des neuen Trainers soll die Innenverteidigung aus einem Abwehrrecken und einem spielstarken Aufbauspieler bestehen. Ambrosius kämpft mit dem gleichaltrigen Niederländer Rick van Drongelen um den Platz des klassischen Verteidigers in der Startelf. Dem Sieger dieses internen Duells soll erneut Gideon Jung, der gegen Hertha allerdings in der neuen Rolle überfordert wirkte, zur Seite stehen, weil der spielstarke Albin Ekdal mal wieder verletzungsbedingt passen muss.
Für Papadopoulos und Mavraj, die sich eher über ihre Grätschen als vertikale Pässe oder gewonnene Sprintduelle definieren, ist kein Platz mehr.
Diekmeier fliegt aus Kader, Hahn dabei
Ebenfalls außen vor ist Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier, der nach Abendblatt-Informationen im Sommer, wenn sein Vertrag beim HSV ausläuft, ins Ausland wechseln wird. Neben Papadopoulos und Diekmeier fehlen auch Stürmer Bobby Wood (muskuläre Probleme) sowie die Mittelfeldspieler Sejad Salihovic und Bakery Jatta. Ihr Comeback im Kader geben dafür Flügelstürmer André Hahn, der 17 Jahre alte Außenverteidiger Josha Vagnoman, "Sechser" Vasilije Janjicic und erstmals seit April 2015 auch wieder Offensivspieler Mohamed Gouaida (24).
Bei der obligatorischen Spieltagskonferenz am Karfreitag musste HSV-Trainer Titz mehr Fragen zu seinen weitreichenden Personalentscheidungen als über das anstehende Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart (Sonnabend, 15.30 Uhr) beantworten.
Titz lobt „Papa“ für sein Verhalten
„Papa ist ein sehr emotionaler Spieler, der auch sehr viel Jähzorn in sich trägt. Das ist auch eine gute Eigenschaft“, startete Titz seine Rechtfertigung, warum Papadopoulos trotz heftiger Kritik am Trainer und der Clubführung unbestraft blieb. „Er weiß, dass er einen Fehler gemacht hat und es nicht mehr vorkommen darf. Damit wollen wir den Vorfall aber auch abhaken.“
Beeindruckt sei Titz vor allem von der Art, wie reumütig sich der temperamentvolle Innenverteidiger in den beiden Gesprächen mit ihm und Direktor Sport Bernhard Peters präsentiert habe. „Er hat sich sehr einsichtig gezeigt, was für ihn, weil er auch ein sehr stolzer Mensch ist, sicherlich nicht leicht war. Er hat sehr positiv und imposant zur Mannschaft gesprochen und sie alle zum Essen eingeladen. Das war eine sehr große Geste.“
Titz: Mavraj hat nichts verbrochen
Im Fall Mavraj ging Titz einen anderen Weg. Dass der Deutsch-Albaner zur zweiten Mannschaft degradiert wurde, habe „rein sportliche Gründe“, sagte der Coach. „Er hat nichts verbrochen.“ Damit verriet er allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn auch der aussortierte Mavraj soll wenig begeistert über den von Titz eingeleiteten Umbruch gewesen sein und intern Stimmung gegen den Trainer gemacht haben.
Die Entscheidung, Mavraj zur U21 abzuschieben, könnte dennoch nur von temporärer Bedeutung sein. „Für keinen Spieler werden Türen komplett geschlossen“, sagte Titz, um im Anschluss gleich eine Ausnahme beim schwänzenden Brasilianer Walace zu machen. „Er hat sich schon in der Vergangenheit Vergehen geleistet. Wie es mit ihm weitergeht, darüber mache ich mir momentan keine Gedanken.“
Titz: Walace hat einen Markt
Gedanken mache sich der Coach auch nicht über die finanziellen Folgen für den Verein. Walace soll im Sommer für möglichst viel Geld verkauft werden. Ob der HSV die angestrebten knapp zehn Millionen Euro Ablöse mit einem zur zweiten Mannschaft verbannten Spieler generieren kann, ist jedoch mehr als fraglich.
„Das beeinflusst meine persönlichen Gedankenspiele nicht“, sagt Titz, um dann aber doch auf einen hohen Transfererlös zu spekulieren. „Es ist unbestritten, dass wir bei Walace über einen sehr guten Spieler mit hoher Qualität sprechen. Daher denke ich, dass er unabhängig vom Saisonausgang einen Markt haben wird.“
Das wird auch bitter nötig sein. Denn um die Lizenz für die Zweite Liga zu sichern, will der HSV mit dem Verkauf von Spielern 20 bis 30 Millionen Euro einnehmen. Walace soll knapp ein Drittel des angestrebten Transferziels einbringen.
Auch Papadopoulos und Mavraj haben keine Zukunft mehr beim HSV. In nur einem Jahr haben sie sich vom Wunschtransfer zum erwünschten Abgang entwickelt.
Die komplette Pressekonferenz: