Hamburg. Brasilianer erhält eine Geldstrafe, “Papa“-Entscheidung vertagt. Weshalb Titz den einflussreichen Mavraj zur U21 verbannt hat.
Bernhard Peters hatte viele Termine an diesem Mittwoch. Gut, über mangelnde Arbeit kann sich der Direktor Sport beim HSV nie beklagen – und seit er nach der Entlassung von Sportchef Jens Todt und Vorstandschef Heribert Bruchhagen verstärkt auch für die Profis zuständig ist, schon mal gar nicht. Dennoch war die Abfolge seiner Gesprächsrunden am Mittwoch bemerkenswert: Mergim Mavraj und Kyriakos Papadopoulos mussten zum Gespräch mit Peters, Trainer Christian Titz und Berater Thomas von Heesen antreten. Walace bekam von Peters eine Geldstrafe aufgebrummt, ein Gespräch war das nicht mehr.
Mavraj rutschte kurzfristig in den Terminkalender. Der hessische Albaner war während der vergangenen Tage auf Länderspielreise im Heimatland seiner Eltern, am Montag gab es in Elbasan eine 0:1-Niederlage gegen Norwegen. Mavraj spielte 90 Minuten durch. Ein Erlebnis, das er beim HSV lange nicht mehr hatte und höchstwahrscheinlich nie wieder haben wird. „Das Trainerteam hat sich aus sportlichen Erwägungen dazu entschieden, ab heute auf Mergim Mavraj zu verzichten“, teilte Peters überraschend am Vormittag über die sozialen HSV-Kanäle mit: „Wir haben ihn daher angewiesen, bis auf Weiteres in der U 21 am Training teilzunehmen.“
Strunz will Mavraj-Aus nicht kommentieren
Schon um elf Uhr mischte der 31-Jährige also beim Anschwitzen des Regionalligateams vor dem Nachholspiel am Abend gegen den SV Drochtersen/Assel (0:0) mit. Sehr klar akzeptiert hätte Mavraj die Nachricht, heißt es, keine Klagen, kein Gejammer. Jedenfalls bislang nicht. Auch seine Berateragentur „arena11“ um Thomas Strunz, die auch die HSV-Profis Nicolai Müller und Christian Mathenia vertritt, wollte die Degradierung ihres Klienten auf gar keinen Fall kommentieren. „Wir bitten um Verständnis.“
Mergim Mavraj ist ein kluger und reflektierter Profi. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass ihn die Bitte zum Gespräch und die Versetzung nach unten nicht unvorbereitet getroffen hat. Schon im ersten Spiel von Trainer Christian Titz gegen Hertha BSC wurde er aus dem Kader gestrichen und saß nur auf der Tribüne. Seit Markus Gisdol nach der 0:2-Niederlage gegen den 1. FC Köln am 20. Januar beurlaubt wurde, hat es Mavraj schwer. Auch bei Bernd Hollerbach spielte er nur einmal durch und kam in fünf Partien gar nicht zum Einsatz. Zu langsam, fußballerisch zu schlecht und immer wieder mit Konzentrations- und Stellungsfehlern – das ist gemeint, wenn Peters und Titz von „sportlichen Gründen“ sprechen.
Degradiertes Trio fehlt beim Bowling
Dass Christian Titz ein anderes sportliches Konzept verfolgt als seine Vorgänger, war vor allem in der ersten Halbzeit gegen Hertha gut zu sehen. Der Coach möchte einen „klassischen“ Innenverteidiger und einen spielstarken Spieler für den Aufbau von hinten heraus. Zwei „Haudegen“ sind einer zu viel. Deshalb sollte Walace gegen Berlin als Verteidiger auflaufen, der wollte aber bekanntlich nicht. Jetzt testete der Trainer in der Woche mit Albin Ekdal auf dieser Position. „Ich will grundsätzlich nichts ausschließen“, sagte Titz mit Blick auf das Spiel am Sonnabend (15.30 Uhr) in Stuttgart. Ob es denn passen würde mit dem Schweden? „Ja.“
Andererseits ist Mavraj ein „Führungsspieler“, er gehörte beim HSV unter Gisdol dem Mannschaftsrat an, setzt sich sozial für die Belange seiner Mitspieler ein, ist beliebt bei den Kollegen. Und hat Einfluss. Schon aus diesem Grund ist es aus Sicht von Titz vernünftig, ihn aus dem täglichen Training der Mannschaft zu entfernen. Nichts kann der Trainer weniger gebrauchen als einen einflussreichen Profi, der auf den Trainer schlecht zu sprechen ist. Beim Bowlingabend – Stichwort Teambuilding – waren Walace, Mavraj und Papadopoulos nicht dabei.
Papadopoulos-Entscheidung vertagt
Zuvor war Papadopoulos mit seinem Termin bei Peters, Titz und von Heesen an der Reihe. Der Verteidiger hatte am Sonnabend nach dem Berlinspiel öffentlich Kritik an seiner Verbannung auf die Ersatzbank geübt und warf Titz vor, nicht mit ihm gesprochen zu haben. Das wurde am Mittwoch in aller Deutlichkeit nachgeholt, es sei ein gutes Gespräch gewesen. Eine Entscheidung, wie es mit Papadopoulos weitergeht, wird allerdings erst am Donnerstag fallen. Eine Geldstrafe scheint sicher. Möglich ist, dass er mit einer Abmahnung davonkommt und weiter zum Profikader gehören darf. Bei Walace ist der Zug beim HSV dagegen endgültig abgefahren. Nachdem er am Wochenende das Training der U 21 geschwänzt hatte und stattdessen zum Shoppen nach Mailand geflogen war, erhielt er vom HSV eine Geldstrafe in unbekannter Höhe. In der Regel sind für solche Vergehen eines „Wiederholungstäters“ zwischen 20.000 und 30.000 Euro üblich.
Mit dem Olympiasieger und Mavraj trainieren nun Spieler in der U 21 mit, die zusammen vor einem Jahr eine Ablöse von elf Millionen Euro gekostet haben. Sie müssen verkauft werden, auch weil der HSV für die Lizenz Transfererlöse erzielen muss. Wertvoller sind sie durch die Versetzung „nach unten“ nicht geworden. Aber der Versuch, auch durch drastische Personalentscheidungen doch noch das „Wunder Klassenerhalt“ zu schaffen, ist das wohl wert.