Hamburg. Der Anti-Walace: Der unter Neu-Trainer Christian Titz vorerst aussortierte Angreifer Hahn spricht über seine Pläne mit dem HSV.
André Hahn hatte es eilig. Der Flügelstürmer lief jubelnd auf Bakery Jatta zu, der soeben den entscheidenden Elfmeter verwandelt hatte. Nach zwei Trainingsspielen fiel die Entscheidung, wer den Bowling-Teamabend bezahlen muss, erst im Elfmeterschießen. Team Blau um Jatta und Hahn, der ebenfalls vom Punkt traf, setzte sich durch. „Was man nicht sieht, kann man nicht halten“, sagte der Angreifer augenzwinkernd nach seinem Elfmeter und sorgte für Gelächter unter seinen Mitspielern.
Zuletzt war dem 26-Jährigen nicht nach Lachen zumute. Neu-Trainer Christian Titz hat beim HSV den Umbruch eingeleitet und viele etablierte Spieler aus der Startelf genommen. Auch Hahn zählt zu den Leidtragenden. Gegen Berlin (1:2) gehörte der frühere Nationalspieler nicht mal mehr zum Kader. „Es ist schwierig für einen neuen Trainer, sich in kurzer Zeit von allen ein Bild zu machen. Er kann nicht jeden der 33 Spieler, die zwischenzeitlich zur Trainingsgruppe zählten, berücksichtigen. Damit muss man sportlich umgehen“, sagt Hahn im Gespräch mit dem Abendblatt vorbildlich und ganz im Sinne des Clubs.
Aussortierter Hahn lobt HSV-Trainer Titz
Dass seine Ausmusterung auf die Tribüne ein Fingerzeig für die Zukunft sein könnte, will Hahn so nicht deuten. Vielmehr rechnet der mit drei Saisontoren intern zweitbeste Torschütze damit, dass seine Qualitäten schon im Auswärtsspiel am Sonnabend in Stuttgart (15.30 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker) wieder gefragt sein könnten. „Ich werde mich im Training anbieten, es liegt auch an mir. Die Kommunikation zwischen dem Trainer und mir stimmt. Am Wochenende kann es schon wieder anders für mich aussehen.“ Und wenn nicht? „Dann werde ich eben weiter Gas geben, bis es so weit sein wird“, sagt er.
Bilder des HSV-Trainings am Montag:
HSV-Trainer Titz gibt in der Länderspielpause alles
Hahn ist ein Kämpfer, für den der Teamgedanke an erster Stelle steht. Im Gegensatz zu manchen Mitspielern käme ihm bei einer Nichtberücksichtigung nicht in den Sinn, den Trainer zu kritisieren oder gar dem Stadion fernzubleiben und stattdessen lieber für Comedy im Internet zu sorgen. Hahn besitzt nicht mal mehr ein Instagram-Profil, auf dem er sich vereinsschädigend präsentieren könnte. Selbst dafür, dass ihm unter Titz deutlich jüngere, vor Kurzem noch Regionalliga-Spieler vorerst den Rang abgelaufen haben, zeigt Hahn nach außen Verständnis.
„Erste Halbzeit gegen Hertha war richtig gut“
„Sie kennen das Spielsystem des Trainers schon sehr gut“, sagt er über die bisherigen U-21-Spieler, die zu den Profis befördert wurden. „Die erste Halbzeit gegen Hertha war richtig gut von uns, daher hat der Trainer nicht so viel verkehrt gemacht. Um seine Idee konstant umzusetzen, braucht es einfach Zeit“, sagt Teamplayer Hahn. Der laufstarke Rechtsaußen weiß, dass sein Abstieg beim HSV nicht erst von Titz eingeleitet wurde. Zum Ende der Hinrunde unter Ex-Coach Markus Gisdol war Hahn schon einmal außen vor. Dabei war es jener Gisdol, der sich im Sommer dafür starkmachte, dass Michael Gregoritsch für 5,5, Millionen Euro nach Augsburg abgegeben wird, damit Hahn von Gladbach verpflichtet werden konnte. Trotz eines Angebots von Europa-League-Teilnehmer Hertha entschied sich Hahn damals für den HSV – wegen der „besseren Perspektive, regelmäßig zu spielen“, wie er bei seiner Vorstellung sagte.
Mit dem Trainerwechsel zu Bernd Hollerbach wurde Hahn nach schwankenden Auftritten immer seltener berücksichtigt und machte nur noch ein Spiel über die volle Distanz. Rückblickend will er seinen Wechsel nach Hamburg aber nicht als Fehler bewerten. „Ich bereue meine Entscheidung nicht, habe sportlich und menschlich eine Menge dazugelernt. Ich hatte hier auch meine Chancen“, sagt Hahn selbstkritisch über seine Formkrise.
Tiefpunkt erreicht
Während die Saison für Hahn wie eine Talfahrt verläuft, ging es parallel auch für den HSV bergab. Mit dem Absturz auf Platz 18 wurde am vergangenen Spieltag der Tiefpunkt erreicht. Hinter den Kulissen plant der Club bereits für die Zweite Liga. Spieler wie Hahn sollen eine Millionenablöse einbringen, um den Abstieg finanziell aufzufangen. Auch wenn der Verein mit ihm noch nicht gesprochen hat, steht Hahns Antwort bereits fest.
„Ich kann mir vorstellen, mit dem HSV in die 2. Liga zu gehen. Als ich hier für vier Jahre unterschrieben hatte, wusste ich, dass dieses Szenario eintreten könnte. Aktuell mache ich mir darüber aber keine Gedanken, denn ich glaube daran, dass wir es schaffen“, sagt er pflichtbewusst trotz der schier aussichtslosen Situation. Bevor sich Hahn im Sommer in den Urlaub verabschiedet, hat er daher eine klare Vorstellung, wie die Saison ausgehen soll. „Wir halten die Klasse“, hofft Hahn. „Und dann gibt es eine dicke Sause.“ Denn auf der Hochzeit seines besten Freundes wird er als Trauzeuge gefragt sein.