Hamburg. Der Brasilianer provoziert mit seinem Mailand-Trip den endgültigen Rauswurf. Welche Möglichkeiten der HSV in Form einer Bestrafung hat.
Auf dem Kunstrasenplatz neben dem HSV-Campus war zur Mittagszeit ordentlich Zug drin. Am Ende eines umkämpften Trainingsspiels siegte Team Blau nach Toren von Bakery Jatta und Luca Waldschmidt mit 2:1 gegen Team Orange, für das Sven Schipplock traf. „Die Verlierer müssen die Sieger zum Bowlen einladen“, erklärte Trainer Christian Titz den Eifer seiner Profis. Die Unterlegenen haben am heutigen Dienstag die Möglichkeit, das Ergebnis in einem zweiten Duell zu korrigieren. Erst dann steht fest, wer den Mannschaftsabend bezahlen muss.
Klarheit herrschte am Montag lediglich darüber, welcher Spieler den Bowling-Spaß verpassen wird. Der zur U 21 degradierte Walace wird weiterhin von den Profis suspendiert bleiben. Nachdem zunächst unklar war, warum er am Sonntag beim Training des Regionalligateams fehlte, lieferte der Brasilianer die Antwort noch am Abend selbst, indem er bei Instagram Fotos von sich aus Mailand postete. Auf einem Bild posierte er mit Gucci-Pullover, Sonnenbrille und seinen üblichen Handzeichen. Am Montag teilte der HSV mit, dass Walaces Italien-Reise und die dadurch verpasste Einheit mit der U 21 nicht mit dem Verein abgesprochen war. Sollte der Mittelfeldspieler am Dienstag im Volkspark auftauchen, muss er zum Rapport bei Direktor Sport Bernhard Peters antreten, der ihn für sein erneutes Fehlverhalten sanktionieren wird.
Hahn würde Walace wieder aufnehmen
Auch die Spieler werden sich Walace zur Brust nehmen. „Sollte er zu uns zurückkommen, würden wir ihn aufnehmen – vorausgesetzt, er gibt wieder im Sinne des Teams Vollgas“, sagt André Hahn dem Abendblatt. Nach mehreren Eskapaden ist es allerdings nahezu ausgeschlossen, dass sich Hahn und seine Kollegen jemals über die Reintegration Walaces Gedanken machen müssen. „Die Spieler wollen wie Erwachsene behandelt werden, also haben sie sich auch an Grundregeln zu halten. Ist das nicht der Fall, wird es schwer für sie“, stellt Titz klar, was er von dem infantilen Verhalten des 22-Jährigen hält.
Bilder des HSV-Trainings am Montag:
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Eigentlich wollte der HSV-Coach diese Woche ein Gespräch mit Walace über dessen Wiedereingliederung bei den Profis führen. Doch nach der geschwänzten Einheit dürfte die Bundesliga für Walace so weit entfernt sein wie die Champions League für den HSV. „Er hatte die Möglichkeit, die Tür aufzustoßen, aber das hat er damit natürlich nicht getan“, sagt Titz, der keinen Bedarf mehr für den launischen Olympiasieger hat. „Junge Leute dürfen Fehler machen, aber sie müssen wissen, wann es genug ist.“
Walace scheint dieses Verständnis zu fehlen. Im Januar hatte er eigenmächtig seinen Urlaub um vier Tage verlängert. Beim jüngsten Heimspiel gegen Berlin (1:2) weigerte er sich, in der Abwehr aufzulaufen, und flog deshalb aus dem Kader. Statt die Partie im Stadion zu verfolgen, fuhr er nach Hause und dokumentierte dies stilecht bei Instagram.
Der Problemprofi, der vertraglich noch drei Jahre an die Hanseaten gebunden ist, will offensichtlich seinen endgültigen Rauswurf provozieren. Doch diesen Gefallen wird ihm der HSV, der Walace im Sommer teuer verkaufen will, nicht tun. „Mit einer Kündigung würde sich der Verein ins eigene Fleisch schneiden. Auch eine Abmahnung käme vermutlich dem Spieler entgegen“, sagt Rechtsanwalt Horst Kletke, Experte für Fußball-Arbeitsrecht, dem Abendblatt. Doch welche Möglichkeiten hat ein Verein, seinen Spieler zu bestrafen, ohne dass dessen Marktwert rapide sinkt? „Zusätzlich zu einer Geldstrafe und der Verbannung auf die Tribüne kann die Zeit, in der er fehlte, vom Lohn abgezogen werden“, sagt Kletke.
Brasilien-Coach spricht über Walace
9,2 Millionen Euro Ablöse bezahlte der HSV vor 14 Monaten für Walace. Da die Hamburger wegen deutlich geringerer Einnahmen im Falle eines Abstiegs gezwungen wären, mehr als 30 Millionen Euro durch Transfererlöse zu generieren, soll Walace im Sommer für eine vergleichbare Summe wieder verkauft werden. Es wäre das Ende eines Missverständnisses, denn eigentlich wollte sich der Mittelfeldspieler beim HSV für die A-Nationalmannschaft empfehlen.
„Walace hatte eine sehr wichtige Rolle bei Olympia. Danach war er auch schon für das A-Team nominiert. Letztendlich hängt aber alles von seiner Leistung im Club ab“, sagte Brasiliens Nationaltrainer Tite vor dem Testspiel gegen Deutschland, das Walace im Fernsehen verfolgen muss. Nach seinen Verfehlungen beim HSV wird er sowohl den Bowling-Abend in Hamburg als auch die Weltmeisterschaft in Russland verpassen.