Hamburg. Der neue Vereinsboss vermeidet ein klares Bekenntnis zu Alleinvorstand Wettstein und verpasst Magath einen verbalen Seitenhieb.
Der neue HSV-Aufsichtsratsvorsitzende und -Vereinspräsident Bernd Hoffmann hat die radikalen Personalentscheidungen der vergangenen Wochen verteidigt. „Wir sind für die Mission Klassenerhalt gut aufgestellt und haben jetzt ein Team, das das scheinbar Unmögliche möglich machen soll“, sagte der 55-Jährige in einem Interview mit dem Radiosender NDR 90,3.
Es sei klar gewesen, dass man „auf keinen Fall“ das inzwischen freigestellte Führungsteam um den Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen, Sportchef Jens Todt und Trainer Bernd Hollerbach mit der Planung für die kommende Saison betrauen wollte – unabhängig davon, in welcher Liga der HSV dann spielt.
Zugleich betonte Hoffmann, dass er in seinen Funktionen nur die Umbesetzung des Vorstands zu verantworten habe: „Alle Entscheidungen darunter werden durch den Vorstand selbst gefällt.“ In dem ist nur noch Frank Wettstein (44) vertreten. Dieser habe zusammen mit dem Direktor Sport Bernhard Peters auch entschieden, Thomas von Heesen "für diese Phase bis zum Saisonende" zum sportlichen Berater zu ernennen.
Kritik an Wettsteins Medienschelte
Der frühere HSV-Star von Heesen (56) steht in der Kritik, weil er in seiner Zeit beim Kapfenberger SV in Österreich geschäftliche Interessen mit seinen sportlichen Aufgaben vermengt hatte, wie ein Abendblatt-Bericht enthüllte. Konkret geht es um Beteiligungen an Spielern, die von Heesen gleichzeitig trainiert hat. Wettstein unterstellte dem Abendblatt daraufhin das Ziel, „möglichst große Unruhe“ in den Verein tragen zu wollen.
Hoffmann ging nun zu Wettsteins Kritik auf Distanz. Er habe in seiner Zeit beim HSV – 2003 bis 2011 als Vorstandschef – nicht erlebt, dass sich Journalisten Fakten ausdächten. „Wir müssen einen besseren Job machen, dann kriegen wir auch eine bessere Berichterstattung.“
Die Frage, ob es nicht richtig gewesen wäre, sich im Zuge des Neuanfangs auch von Wettstein zu trennen, beantwortete Hoffmann ausweichend: „Wir befinden uns mitten in der Saison und der Analyse der Personalien der letzten Jahre.“ Es werde im Sommer aber eine „Neuaufstellung für die kommende Saison“ geben. Die Frage, ob das künftige Führungspersonal eine HSV-Vergangenheit habe, sei dabei nachrangig. Hoffmann: „Ich hatte häufig das Gefühl, dass dies eine hinreichende Bedingung isst. Das soll nicht mehr der Fall sein.“
Mehrere Treffen mit Kühne
Der HSV, das erlebe er tagtäglich, sei in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch ein „Topclub“ mit „unglaublicher Strahlkraft“ und „eines der spannendsten Fußballprojekte der nächsten drei bis fünf Jahre“. Auf einen konkreten Zeitplan, bis wann der HSV im Abstiegsfall wieder aufgestiegen sein solle, mochte sich Hoffmann allerdings nicht festlegen. Klar sei, dass man in einer Stadt wie Hamburg „nicht jahrelang Zeit bekommt, sich zurechtzuruckeln“.
Der neue HSV-Boss zeigte sich erneut zuversichtlich, dass der HSV unabhängig von der Ligazugehörigkeit die wirtschaftlichen Voraussetzungen erfülle, um den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten. Bis 3. April muss der Club eine Lizenz auch für die Zweite Liga beantragen, die Entscheidung der Deutschen Fußball-Liga fällt spätestens am 23. Mai.
Vermutlich kann der HSV weiter auf die Unterstützung von Investor Klaus-Michael Kühne (80) vertrauen, mit dem sich Hoffmann bereits mehrmals getroffen habe. „Er ist ein Riesenfan und begleitet den HSV weiterhin positiv. Inwieweit das wirtschaftlich belastbar isst, wird man sehen“, sagte Hoffmann. Am Freitag hatte Clubidol Felix Magath in der ARD-Fernsehsendung „Sportclub“ beklagt, dass Kühne im Januar mit ihm nicht über den von Magath geplanten Einstieg in der Fußball AG habe reden wollen.
Seitenhieb gegen Magath
Derzeit sind lediglich noch etwa 1,2 Prozent der AG-Anteile verfügbar. Hoffmann sieht sich allerdings nicht bemüßigt, sie Magath (64) anzudienen. „Wenn er sie erwerben will, wäre es schön, wenn er sich beim HSV meldet. Die Nummer hat er.“
Dass er selbst Ambitionen hege, wieder das operative Geschäft zu übernehmen, wies Hoffmann von sich: „Die aktuellen Positionen geben mir die Möglichkeit, den HSV inhaltlich und personell so aufzustellen, wie es im Vorstand nie möglich wäre.“ Er arbeite mit Alleinvorstand Wettstein „in dieser Phase“ eng zusammen, das gebiete die Situation. Dass er dafür bislang keinen Cent erhalten habe, nehme er gern hin. Hoffmann: „Ich habe mir die Möglichkeit geschaffen, Hobby und Leidenschaft zum Beruf zu machen.“