Hamburg. Beim Lizenzantrag hofft der HSV mal wieder auf die Hilfe von Kühne. Doch die Bereitschaft des Milliardärs alleine reicht nicht.
Klaus-Michael Kühne war am Montagvormittag in bester Plauderstimmung. Zwei Tage nach der ärgerlichen 1:2-Niederlage gegen Hertha BSC und dem damit so gut wie feststehenden Abstieg des HSV nahm der meinungsstarke HSV-Investor kein Blatt vor den Mund, sprach von einer „sehr langen Leidenszeit“ und vom „abgewirtschafteten“ Zustand. „Vieles lief hier aus dem Ruder“, sagte Kühne, blauer Anzug, hellblaues Hemd, rote Krawatte, der trotz seines kritischen Rückblicks einen sehr positiven Blick nach vorne wagte: „Heute ist ein Tag der Freude.“
Mit all dem gemeint war allerdings nicht der HSV, sondern sein am Montag eröffnetes Hotel The Fontenay an der Außenalster (siehe Seite 11). Bei der offiziellen Eröffnung am Vormittag referierte Kühne über das Vorgängerhotel Intercontinental („Die Zimmer waren schon vergammelt“), über den langen Bau seines Traumhotels („Nichts lief nach Plan“) und über das Ergebnis, das alle Erwartungen übertrifft: „Das ist ein Beitrag für Hamburgs Wohlbefinden.“
Nur über das Wohl und Wehe des HSV wollte der Wahl-Schweizer am Montag nicht reden. Oder besser: fast nicht. „Von Fußball verstehe ich nichts. Der HSV ist heute nicht das Thema“, sagte Kühne, der sich aber doch nicht so ganz an seinen selbst auferlegten Maulkorb halten wollte: „Noch vor einem Jahr hätte ich gesagt, dass Hamburg drei Perlen hat: die Elbphilharmonie, unser Hotel und den HSV“, sagte er. „Jetzt hat Hamburg nur noch zwei Perlen.“
Hoffmann tauscht sich mit Kühne aus
Über die einstige Perle HSV, und das wollte Kühne im Rahmen seiner Hoteleröffnung nicht sagen, hatte der Anteilseigner bereits am Vortag an gleicher Stelle lang und ausführlich geredet. „Es ist wichtig, Klaus-Michael Kühne mit im Boot zu haben. Deswegen pflege ich mit Herrn Kühne einen ständigen und ausgesprochen guten Austausch“, hatte Bernd Hoffmann wenige Stunden nach seinem Treffen mit dem Milliardär am Sonntagabend im NDR-Sportclub verraten.
Der Vereinspräsident und AG-Aufsichtsratschef in Personalunion hatte Kühne mit seinem Kontrolleurskollegen Max-Arnold Köttgen getroffen, um erstmals über Kühnes mögliche Hilfe im drohenden Fall des Abstiegs zu sprechen: „Ich habe immer gesagt, dass Herr Kühne ein ausgesprochen wichtiger Partner des HSV ist und er wird es auch in den nächsten Jahren sein.“
HSV braucht 30-Millionen-Bürgschaft von Kühne
Wie wichtig Kühne vor allem für einen baldigen Zweitligisten HSV ist, dürfte sich schon in wenigen Wochen herausstellen. Bis zum 3. April hat Vorstand Frank Wettstein noch Zeit, die fälligen Lizenzunterlagen für die Zweite Liga einzureichen. Und während bislang immer davon ausgegangen wurde, dass der HSV im Fall des Abstiegs rund 25 Millionen Euro durch Spielerverkäufe erwirtschaften müsste, geht man nach Abendblatt-Informationen intern von mehr als 30 Millionen Euro aus.
Doch allein die Absichtserklärung des HSV, die Liquidität im Abstiegsfall durch Millionentransfers zu sichern, wird der DFL kaum reichen. Das voraussichtliche Prozedere: Nach Einreichen der Unterlagen wird die DFL dem HSV innerhalb von zwei Wochen Bedingungen auferlegen. Demnach dürfte dem HSV bis zum 23. Mai Zeit gegeben werden, einen Liquiditätsnachweis zu erbringen.
Das bedeutet: Sollte es bis dahin keine festen Transfervereinbarungen mit anderen Vereinen in der geforderten Höhe geben, muss der HSV Bürgschaften über den fälligen Restbetrag besorgen. Und genau an dieser Stelle kommt Klaus-Michael Kühne ins Spiel. Mal wieder.
Wie die DFL einst Kühne verärgerte
Schon einmal, vor vier Jahren, sollte Kühne für den Fall des Abstiegs bürgen. 2014 hatte sich der Unternehmer bereit erklärt, im Fall der Fälle eine Bürgschaft über zehn Millionen Euro zu garantieren. Was bislang aber kaum einer wusste: der DFL war Kühnes schriftliche Absichtserklärung nicht genug. Die strengen Regelhüter forderten eine Bankbürgschaft von Kühnes Hausbank über die volle Summe, was den mehrfachen Milliardär – gelinde gesagt – ziemlich erzürnte.
Entspannt wurde dieser Konflikt übrigens nicht. Noch vor Ablauf der entsprechenden Fristen rettete sich der HSV in den zwei Relegationsspielen durch ein 0:0 und ein 1:1 gegen Greuther Fürth, der Abstieg wurde verhindert – und weder Kühne noch seine Hausbank mussten einspringen.
Mit einem ähnlichen Happy End ist diesen Sommer kaum zu rechnen. „Das Leben ist lang, es kommen auch bessere Zeiten. Im Moment haben wir keine guten Zeiten“, philosophierte Kühne gestern. Zumindest auf Hoffmann scheint der Edelfan große Stücke zu halten. „Hoffmann und Hoffnung – das passt zusammen“, sagte Kühne. „Warten wir mal ab, wie sich die Dinge entwickeln.“
Kühne: Nur Bayern kann sich mein Hotel leisten
Während es sportlich nach dem 1:2 gegen Berlin kaum noch Hoffnung gibt, ist Hoffmann immerhin guter Dinge, die wirtschaftliche Situation des Clubs nach dem wahrscheinlichen Abstieg zu beherrschen. „Seien Sie gewiss, der HSV wird im nächsten Jahr auch ein gutes Mitglied des bezahlten deutschen Fußballs sein. Wir kriegen es hin und werden eine Lizenz für die Erste und Zweite Liga bekommen“, sagte der 55-Jährige im „Sportclub“. „Möglicherweise auch mit Hilfe von Herrn Kühne.“
Und der Herr Kühne? Der wurde am Montag noch gefragt, ob The Fontenay auch als Teamhotel des HSV infrage komme. Der 80-Jährige überlegte, sagte dann: „An Fußball habe ich gar nicht gedacht. Allenfalls der FC Bayern kann sich so ein Hotel leisten.“ Kurze Pause, Gelächter, dann der Abschlussgag: „Mainz 05 kommt hier aber nicht rein.“