Hamburg. Nach seiner Fundamentalkritik an den HSV-Bossen greift der griechische Verteidiger nun Neu-Trainer Titz an.
Während die Stammspieler am Vormittag durch den Volkspark joggten, trainierten die Reservisten auf dem Kunstrasen neben dem HSV-Campus. Doch einer, der unmittelbar nach der Niederlage gegen Hertha BSC noch für Schlagzeilen gesorgt hatte und auch am Sonntag noch Gesprächsthema Nummer eins war, fehlte: Kyriakos Papadopoulos.
Der Innenverteidiger war einen Tag nach seiner Schelte gegen Trainer Christian Titz bereits auf dem Weg nach Athen, wo er am kommenden Freitag mit der griechischen Nationalmannschaft ein Testspiel gegen die Schweiz bestreitet. Für Hellas dürfte Papadopoulos wieder zur Stammkraft zählen. Ein Zustand, der ihm bei Titz’ Bundesligadebüt verwehrt blieb, weshalb Papadopoulos nach der Partie zu einem verbalen Rundumschlag ausholte.
„Ich finde nicht, dass ich der Schlechteste bin, der nicht spielen sollte“, startete der Abwehrkoloss seine Wutrede. Seit er im Januar 2017 von Leverkusen zum HSV gewechselt war, spielte Papadopoulos immer, wenn er fit war. Bis zum vergangenen Sonnabend, weil Titz auf Verteidiger setzte, die sich weniger über ihre Grätschen, als über spielerische Lösungen im Aufbau definieren.
Papadopoulis: Titz hat nicht mit mir gesprochen
Angeblich habe der Coach Papadopoulos nicht erklärt, warum er nicht spiele, was ihm besonders bitter aufstieß. „Ich finde es schade, dass der Trainer nicht mit mir gesprochen hat“, sagte Papadopoulos. Ein Vorwurf, den Titz direkt widersprach. „Ich habe im Verlauf der Woche mit jedem Spieler gesprochen, aber wir klären das intern“, konterte der Trainer.
Doch nicht nur seine persönliche Degradierung auf die Ersatzbank missfiel Papadopoulos, auch für die Nichtberücksichtigung einiger seiner Kollegen zeigte er kein Verständnis. „Es ist total schade, dass einige erfahrene Spieler, die wichtig für die Mannschaft sind, nicht im Kader waren. Spieler wie Diekmeier und Mavraj, die im vergangenen Jahr in der Rückrunde den Klassenerhalt geschafft haben, sind gar nicht mehr auf dem Platz. Die Mannschaft braucht aber diese Spieler. In dieser Situation immer etwas Neues zu probieren, ist nicht die beste Lösung.“
Spielt Papa nie wieder für den HSV?
Deutliche Worte, die wohl seinen Abschied beim HSV einleiteten. Dass Papadopoulos in dieser Saison unter Titz noch einmal zum Einsatz kommt, scheint eher unwahrscheinlich. Und nach einem Abstieg würde der Verteidiger dem Verein wohl den Rücken kehren. „Es wäre sehr schwer für mich, in die Zweite Liga zu gehen.“
Papadopoulos’ Generalabrechnung konnte und wollte der HSV nicht unkommentiert lassen. Noch am Sonntag kündigte Vorstand Frank Wettstein Sanktionen gegen den meinungsstarken Griechen an. „Er hat sich und uns keinen Gefallen getan. Wir können solche Aussagen in keiner Weise tolerieren“, sagte der Interims-Clubboss im Logenbereich des Volksparkstadions. „Er hat nicht das Recht, die sportliche Situation zu ignorieren. Er hat ja auch nicht in den 26 Spielen zuvor das erreicht, was wir uns vorstellen. Ein Blick auf die Tabelle genügt.“
HSV verliert bei Titz' Debüt:
HSV verliert beim Titz-Debüt gegen Hertha BSC
Auch wenn Papadopoulos mitteilte, kein Interesse an einem Austausch mit Trainer Titz zu haben, will der Club seinen Spieler zur Rede stellen. Wettstein kündigte ein „ernstes Gespräch“ an. Wer dieses führen soll, sei allerdings noch unklar. Voraussichtlich wird der HSV versuchen, Papadopoulos während seiner Länderspielreise telefonisch zu erreichen. Erst danach wolle man Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen.
Papadopoulos erntet Kritik von seinem Berater
Dem 26 Jahre alten Abwehrbullen droht nun mindestens eine empfindliche Geldstrafe. Auch eine Suspendierung bis Saisonende, die einen Wertverfall des Profis nach sich zöge, ist denkbar, wenngleich sich der klamme HSV eine solche Maßnahme eigentlich nicht leisten kann.
Nach seiner harschen Kritik scheint es jedoch schwer vorstellbar, wie sich Papadopoulos überhaupt wieder in die Mannschaft eingliedern lässt – und ob er das überhaupt will. „Seine Aussagen waren unnötig, aber auch nicht dramatisch. Das habe ich ihm auch gesagt“, versuchte sein Berater Paul Koutsoliakos den Vorfall auf Anfrage zu entkräften. „Man muss aber auch sehen, dass der ‘Papa’ sich seit eineinhalb Jahren mit dem HSV identifiziert. Ich hoffe, dass beide Parteien den Streit ausräumen.“
Papadopoulos wie einst Rajkovic
Schon nach der 0:6-Pleite in München eckte Papadopoulos mit seiner Kritik an der Transferpolitik bei den Club-Verantwortlichen an. Seine Fehleranalyse, dass der HSV sich im Gegensatz zur Konkurrenz im Angriff nicht verstärkt hat, stieß bei Wettstein auf wenig Verständnis. „Sollte das neue Trainerteam Spieler identifizieren, die sich nicht mit ausreichend Engagement den gemeinsamen Zielen widmen, kann es rigoros durchgreifen“, hatte der einzig verbliebene Vorstand seinerzeit gesagt. Eine Woche später sagte Papadopoulos, er stehe zu seiner Kritik.
Auf Kritik Nummer eins folgte Kritik Nummer zwei – und erinnerte in seiner Deutlichkeit an die Mutter aller HSV-Kritiken: Slobodan Rajkovics Fundamentalkritik. „Unser Trainer lügt. Er hat zwei Gesichter“, hatte der wegen einer Prügelei mit Mitspieler Heung-Min Son ohnehin suspendierte Serbe über den damaligen HSV-Coach Thorsten Fink in einem Abendblatt-Interview gesagt. Erst nach vier Monaten wurde Rajkovic von Fink begnadigt. Droht Papadopoulos ein ähnliches Schicksal, wäre dies wohl gleichbedeutend mit seinem vorzeitigen Ende beim HSV.