Werder-Profi erhält Ansage von DHL-Mann. Todt räumt Fehler ein und führt Vorgespräche. Polizei rüstet sich. Wiese bemitleidet Kühne.

Hunt appelliert an die Fans

Für Aaron Hunt ist das Nordderby bei seinem Ex-Verein Werder Bremen am Sonnabend (18.30 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de) die beste Gelegenheit zur Wiedergutmachung. "Ich denke, das Spiel kommt für uns zur richtigen Zeit. Wir sehen das Derby als Chance, um auch einiges wieder geradezurücken“, sagte der 31 Jahre alte Mittelfeldspieler am Mittwoch.

Dieses Spruchband gegen Leverkusen sorgte für Entsetzen
Dieses Spruchband gegen Leverkusen sorgte für Entsetzen © Imago/Oliver Ruhnke

Das Verhalten einiger HSV-Fans beim Heimspiel gegen Bayer Leverkusen (1:2) findet der Profi bedenklich. "Unmut verstehe ich voll und ganz. Aber die Aggressionen, die sich am Sonnabend gezeigt haben, können wir nicht akzeptieren. Es ist doch klar, dass junge Spieler wegen so etwas eben nicht befreit auftreten können.“ Einige Chaoten wollten den Platz stürmen, zudem wurde ein Spruchband gezeigt: "Bevor die Uhr ausgeht, jagen wir euch durch die Stadt“.

Drei Tage vor der Partie im Bremen, die wegen Fan-Rivalitäten als Hochrisikospiel eingestuft wird, wendet sich Hunt an die Hamburger Anhänger. "Ich hoffe, dass die, die am Sonnabend mitreisen werden, friedlich bleiben“, sagte der frühere Bremer Profi, der in zehn Jahren für Werder 285 Spiele bestritt und seit Sommer 2015 das HSV-Trikot trägt. "Auf dem Platz“, so Hunt, "darf es natürlich zur Sache gehen."

Delaney erwartet "hässlicheres Spiel als andere"

Werder Bremens Mittelfeldspieler Thomas Delaney geht voller Vorfreude in das Nordderby. "Ich liebe diese Spiele. Das sind die Top-Spiele des Jahres. In der Bundesliga ist jedes Spiel groß, aber dieses hier noch ein bisschen mehr“, sagte der Däne am Mittwoch.

Delaney rechnet mit einem packenden Fight. "Es wird hart zur Sache gehen. Es wird ein hässlicheres Spiel als andere.“ Welche Bedeutung die Partie in beiden Städten hat, bekam der Däne auch mit. "Mein DHL-Mann meinte heute Morgen schon zu mir: 'Samstag müsst ihr unbedingt gewinnen!'“

Holtby vergisst Schienbeinschoner

Das war noch nicht sonderlich professionell: Lewis Holtby hat sich im gestrigen Training verletzt, auch weil er seine Schienbeinschützer nicht angezogen hatte. Die Folge: Im Zweikampf mit Fiete Arp ging Holtby schmerzhaft zu Boden, musste mit dem Golfcart abtransportiert und später am aufgeschlitzten Schienbein genäht werden. Bernd Hollerbachs lapidarer wie vielsagender Kommentar: "Schienbeinschoner vergessen, Pech gehabt." Für die heutige Einheit fiel Holtby jedenfalls ebenso aus wie Albin Ekdal (Sprunggelenk). Nicolai Müller und Bjarne Thoelke trainierten indes individuell.

Bilder des HSV-Trainings am Dienstag:

Schmerzhaftes HSV-Training für Holtby, Arp und Papa

Zwei Profis, eine Pose: Lewis Holtby (hinten) und Fiete Arp krümmen sich nach ihrem schmerzhaften Zweikampf auf dem Boden
Zwei Profis, eine Pose: Lewis Holtby (hinten) und Fiete Arp krümmen sich nach ihrem schmerzhaften Zweikampf auf dem Boden © Imago/Michael Schwarz
Physiotherapeut Benjamin Eisele kümmerte sich zuerst um Lewis Holtby
Physiotherapeut Benjamin Eisele kümmerte sich zuerst um Lewis Holtby © WITTERS | TayDucLam
Der Profi war im HSV-Training am Dienstag mit Fiete Arp zusammengerasselt
Der Profi war im HSV-Training am Dienstag mit Fiete Arp zusammengerasselt © WITTERS | TayDucLam
Während Holtby (l.) auf die Beine geholfen wurde, blieb Arp erst einmal am Boden liegen
Während Holtby (l.) auf die Beine geholfen wurde, blieb Arp erst einmal am Boden liegen © Witters
...bevor er sich dann selbst aufhalf und den Kopf hielt
...bevor er sich dann selbst aufhalf und den Kopf hielt © WITTERS | TayDucLam
Bandagiert wurde dann aber Arps rechter Unterschenkel
Bandagiert wurde dann aber Arps rechter Unterschenkel © Witters
Auch Sportchef Jens Todt (r.) sah besorgt nach seinem Jungstar
Auch Sportchef Jens Todt (r.) sah besorgt nach seinem Jungstar © Witters
Doch schließlich konnte es weitergehen für den 18-Jährigen
Doch schließlich konnte es weitergehen für den 18-Jährigen © WITTERS | TayDucLam
Holtby musste indes gestützt von Eisele und André Hahn RIchtung Golfcart gebracht werden
Holtby musste indes gestützt von Eisele und André Hahn RIchtung Golfcart gebracht werden © WITTERS | TayDucLam
Mit diesem wurde der 27-Jährige dann abtransportiert
Mit diesem wurde der 27-Jährige dann abtransportiert © WITTERS | TayDucLam
Und noch ein Patient für Eisele: Kyriakos Papadopoulos musste nach einem Schlag gegen den Kopf aus der Vormittagseinheit aussteigen
Und noch ein Patient für Eisele: Kyriakos Papadopoulos musste nach einem Schlag gegen den Kopf aus der Vormittagseinheit aussteigen © Imago/Michael Schwarz
Trainer Bernd Hollerbach (l., mit Reha-Trainer Sebastian Capel) rang sich dennoch ein Lächeln ab
Trainer Bernd Hollerbach (l., mit Reha-Trainer Sebastian Capel) rang sich dennoch ein Lächeln ab © Witters
Und auch Aaron Hunt (M., im Gespräch mit Co-Trainer Rodolfo Cardoso) hat es die Laune noch nicht verhagelt
Und auch Aaron Hunt (M., im Gespräch mit Co-Trainer Rodolfo Cardoso) hat es die Laune noch nicht verhagelt © Imago/Michael Schwarz
Unterdessen drehten die übrig gebliebenen Spieler ihre Runden
Unterdessen drehten die übrig gebliebenen Spieler ihre Runden © WITTERS | TayDucLam
Auch Dehnen war angesagt
Auch Dehnen war angesagt © WITTERS | TayDucLam
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© Witters | Ungeachtet der unsicheren Vertragssituation hing sich Kapitän Gotoku Sakai (r., gegen Vasilije Janjicic) voll rein
Für Nicolai Müller wurde indes ein Slalom-Parcours aufgebaut
Für Nicolai Müller wurde indes ein Slalom-Parcours aufgebaut © WITTERS | TayDucLam
Auch an Sprintübungen wagte sich der Rekonvaleszent
Auch an Sprintübungen wagte sich der Rekonvaleszent © WITTERS | TayDucLam
Nach seinem Kreuzbandriss arbeitet der Flügelspieler weiter an seinem Comeback
Nach seinem Kreuzbandriss arbeitet der Flügelspieler weiter an seinem Comeback © WITTERS | TayDucLam
Wochen der Wahrheit: Sportchef Jens Todt beim HSV-Training am Dienstag
Wochen der Wahrheit: Sportchef Jens Todt beim HSV-Training am Dienstag © Witters
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Strenge Auflagen für Fans beim Nordderby

HSV-Fans auf dem Weg zum Nordderby bei Werder Bremen (Archiv)
HSV-Fans auf dem Weg zum Nordderby bei Werder Bremen (Archiv) © dpa

Die Bremer Polizei rüstet sich für das Nordderby. Wieviele Beamte im Einsatz sein werden, wollte ein Sprecher dem Abendblatt zwar nicht verraten. Klar ist aber: Die Polizei rechnet mit rund 600 gewaltbereiten Fans aus beiden Lagern. Auch deshalb sind für das intern als "Rotspiel" bezeichnete Hochrisikospiel keine Fanmärsche erlaubt. Stattdessen werden Anhänger, die mit dem Zug oder Bus aus Hamburg anreisen, vom Bremer Hauptbahnhof mit Shuttlebussen zum Weserstadion gebracht.

Urteil: DFL muss Polizeikosten für Nordderby übernehmen

In den Zügen (ausgenommen IC und ICE) auf den Strecken Hamburg-Bremen, Bremerhaven-Bremen und Oldenburg-Bremen herrscht rund um das Spiel am Sonnabendabend striktes Verbot von Glasflaschen, Getränkedosen, Pyrotechnik, Schutzwaffen und Vermummung. Gleiches gilt am Hamburger und Bremer Hauptbahnhof sowie den Bahnhöfen auf den genannten Strecken, für die die Bundespolizei Hannover eine Allgemeinverfügung erlassen hat. Wer gegen die Auflagen verstößt, muss ein Zwangsgeld von 250 Euro zahlen und auch mit einem Hausverbot rechnen. "Die Polizei Bremen wird konsequent gegen Gewalttäter vorgehen", heißt es in der Ankündigung.

HSV will bei Bremer Urteil abwarten

Der HSV sieht nach dem Bremer Urteil über eine DFL-Beteiligung an Mehrkosten für Polizeieinsätze bei sogenannten Hochrisikospielen vorerst keine Veränderungen auf sich zukommen. "Wir werden die Begründung des Urteils und das weitere Verfahren abwarten. Derzeit sehen wir keine Handlungserfordernisse", sagte Finanzvorstand Frank Wettstein.

Am Mittwoch hatte das Oberverwaltungsgericht Bremen entschieden, dass das Bundesland die DFL grundsätzlich an Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen der Bundesliga beteiligen darf. Gegen das Urteil legt die DFL Einspruch beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein.

Konkret ging es um das Nordderby am 19. April 2015. Damals war es zu einer Massenschlägerei zwischen 50 bis 60 Hamburger und 120 Bremer Chaoten gekommen, es gab mehrere Verletzte und erhebliche Sachschäden. Laut Polizei waren 969 Beamte im Einsatz, die 9537 Arbeitsstunden geleistet haben. Die Stadt schickte anschließend einen Gebührenbescheid über 425.718,11 Euro an die DFL.

Der Hamburger Senat will nun zunächst an seiner Haltung festhalten. "Wir werten das Urteil aus Bremen jetzt zunächst aus, es ist im Übrigen auch nicht letztinstanzlich. Die bisherige Haltung Hamburgs ist ja bekannt, wonach eine Beteiligung der Sportvereine oder der DFL an den Sicherheitskosten bei Polizeieinsätzen derzeit nicht geplant ist“, teilte die Behörde für Inneres und Sport am Mittwoch mit.

Wiese bemitleidet Kühne

"Helm-Peter" mit HSV-Profi Sejad Salihovic © Witters

Das Spiel in Bremen ist mit 42.000 Zuschauern ausverkauft, auch der Gästeblock wird also voll sein. Allerdings ist die Stimmungslage im Hamburger Anhang deutlich schlechter als beim Nordrivalen. Selbst "Helm-Peter" Dietz hat bereits resigniert. "Ich glaube auch, dass der HSV runtergeht", sagte der Kult-Fan in einem Doppelinterview mit Werder-Legende Tim Wiese in der "Bild"-Zeitung.

Für Spaß-Kicks schlüpft Tim Wiese noch immer ins Werder-Trikot
Für Spaß-Kicks schlüpft Tim Wiese noch immer ins Werder-Trikot © Imago/Nordphoto

Wiese wiederum heizte die Stimmung bei dieser Gelegenheit noch einmal an. "Die Zeit ist reif. Diesmal wird der HSV absteigen. Die sind einfach zu schlecht“, sagte der Ex-Torhüter. "Die Hamburger kicken doch mit schlotternden Knien. Ich bin sicher: Die Spieler haben die Hosen voll." Dazu habe nicht zuletzt auch das Droh-Plakat der eigenen Fans beim Spiel gegen Leverkusen ("Wir jagen euch durch die Stadt") beigetragen.

Am meisten tue ihm Investor Klaus-Michael Kühne leid, meinte Wiese, der in 266 Spielen für Werder im Tor stand. "So viel Kohle hat er reingesteckt, und es kommt nur Mist raus. Der HSV steht jetzt noch schlechter da als vor seinem Engagement", sagte der 36 Jahre alte Ex-Profi und sparte nicht mit Häme: "An seiner Stelle würde ich mit der Abrissbirne in den Volkspark einrücken."

Todt räumt Fehler ein und führt Vorgespräche

"Seit einem Jahr Krisenmanagement": HSV-Sportchef Jens Todt, hier beim Training am Dienstag © Witters

Jens Todt hat nach der Wahl von Bernd Hoffmann zum Vereinspräsidenten Fehler bei der Kaderzusammenstellung eingeräumt. "Unser großes Ziel im Sommer war es allerdings, den Kader so zu verändern, damit wir eine sorgenfreie Saison spielen. Davon sind wir weit entfernt. Mit dieser Situation bin ich in keiner Weise zufrieden", sagte Todt der „Sport Bild“. Als positive Beispiele für Transfers konnte der Sportchef lediglich ein Trio aus dem Winter der Vorsaison (Walace, Kyriakos Papadopoulos, Mergim Mavraj) nennen.

Hoffmann hatte am vergangenen Sonntag bei der Präsidiumswahl des HSV e.V. gefordert, der Verein brauche "jetzt einen ganz starken Sport-Vorstand“. Damit deutet sich an, dass Todt im Sommer ersetzt werden könnte. "Ich leite daraus keinen Vorwurf ab“, sagte Todt. "Es ist hier seit einem Jahr Krisenmanagement. Das belastet einen."

Die Planungen der nächsten Saison beim stark abstiegsbedrohten HSV sind kompliziert, weil die Ligazugehörigkeit unklar ist. "Die Schwierigkeit ist, dass Spieler, für die wir uns interessieren, warten müssen. Aber ich führe Vorgespräche und spiele alle Szenarien durch", sagte Todt.

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HSV-Wahlsieger Hoffmann: "Einige werden sich wundern"

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    Walace zeigt seinen Conrado

    Walace hält sich dieser Tage bekanntlich in Brasilien mit einem Privattrainer fit. Für die nötigen Glückshormone vor dem Nordderby am Sonnabend sorgt Söhnchen Conrado, den der Jungpapa jetzt erstmals der Öffentlichkeit zeigte. Bleibt zu hoffen, dass Walace wie geplant pünktlich am Freitag in Bremen eintrifft und seine positiven Gefühle bis zum Anpfiff im Weserstadion konserviert.