Hamburg. Der Offensive fehlt es an Kaltschnäuzigkeit und Durchsetzungsvermögen. Trainer Hollerbach sieht ein mentales Problem der Mannschaft.
HSV-Trainer Bernd Hollerbach lässt sich nach dem 0:2 bei Borussia Dortmund und dem neunten Spiel in Serie ohne Sieg nicht aus der Ruhe bringen. „Ich denke, dass wir gestern ein gutes Spiel gemacht haben. Die Art und Weise war gut. Wir haben wieder einen Schritt nach vorn gemacht“, sagte er nach dem Lockerungstraining am Sonntag. „Es ist natürlich ärgerlich, dass wir keine Punkte mitgenommen haben, denn die brauchen wir.“
Zwar hat sich der Abstand zum Relegationsrang nicht vergrößert, aber die Zeit für die Rettung schmilzt zusehends dahin. „Es ist eine Never-Ending-Story. Wir sind immer nur nah dran“, jammerte HSV-Abwehrspieler Mergim Mavraj.
Die Statistik
Die Hamburger hatten beim Tabellendritten Dortmund ansehnlich mitgespielt und schafften es diesmal sogar, den Ball über mehrere Stationen in den eigenen Reihen zu halten. „Wenn man das Spiel einzeln betrachtet, hat man schon einen positiven Eindruck von der Mannschaft“, befand Mavraj. Doch vor dem gegnerischen Kasten herrschte wieder mal Flaute. Der Offensive fehlt es an Durchsetzungsvermögen und Kaltschnäuzigkeit. Und an Qualität.
Die HSV-Profis in der Einzelkritik
Hollerbach: Negativerlebnisse hängen in den Köpfen fest
„Es hätte auch 1:1 ausgehen können. Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat alles gegeben. Jetzt gilt es zu regenerieren, auf der Leistung aufzubauen und uns auf Leverkusen vorzubereiten“, sagte Bernd Hollerbach, der in seinem dritten Spiel als HSV-Trainer die erste Niederlage kassierte. „Die Negativerlebnisse hängen natürlich in den Köpfen der Spieler fest“, so der Trainer weiter. Daher sei es nötig, dass die Spieler konzentriert haben und sich im Training wieder Sicherheit holen.
Am nächsten Sonnabend macht die Bayer-Elf Station im Volksparkstadion. Es folgen das Nordduell bei Werder Bremen, das Abstiegsduell in eigener Arena mit dem FSV Mainz 05 und die Reise zu Rekordmeister FC Bayern München.
Die Höhepunkte des Spiels
Todt sieht „positive Entwicklung“
Sportchef Jens Todt findet den Ertrag zwar „maximal frustrierend“, hat aber „eine positive Entwicklung“ ausgemacht. „Wir sind zufrieden, wie die Mannschaft aufgetreten ist“, meinte er. Kassandrarufe, die den erstmaligen Abstieg des Bundesliga-Gründungsmitgliedes vorhersagen, weist er als übertrieben zurück. „Die Situation ist total gefährlich. Aber ich habe das Gefühl, dass uns schon viele abgeschrieben haben. Das ist deutlich zu früh.“
Die Spielweise mit der flexiblen Fünfer-Abwehrkette und der Doppel-Sechs davor hat mehr Stabilität und Ordnung in die Defensive gebracht. Die Mannschaft hat an Struktur für ein schnelles Umschaltspiel gewonnen. Doch die Angriffsbemühungen verpuffen vor des Gegners Kasten. Nur 17 Tore in 22 Spielen sind ein Armutszeugnis. „Die Kompaktheit allein reicht nicht aus. Wenn man zu Punkten kommen will, dann muss man die Konter auch zu Ende spielen“, rügte der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen. „Da fehlt uns die Entschlossenheit.“
HSV wird in Dortmund unter Wert geschlagen
Müller absolviert Einheiten problemlos
Ob der frühere Linksverteidiger Hollerbach seinen Stürmern die vermisste Kaltschnäuzigkeit vermitteln kann, ist fraglich. Filip Kostic (4 Tore) ist zwar im Aufwind, seit ihm der Trainer mehr Freiheiten zubilligt, doch Bobby Wood (2) hat ein hartnäckiges Kopfproblem. Ihm fehlt die Lockerheit, die erst wiederkommt, wenn er mal trifft. Abiturient Fiete Arp will Hollerbach den Rucksack, wie er sagt, nicht umschnallen. Und der beste HSV-Scorer Nicolai Müller soll nach seinem Kreuzbandriss aus der ersten Saison-Partie in etwa zwei Wochen wieder mit dem Ball trainieren.
„Müller macht Fortschritte“, berichtete Hollerbach. „Das Knie wird nach der Belastung nicht mehr dick. Ich hoffe, dass er bald eine Alternative für uns ist.“ Während am Tag nach der Niederlage bei Borussia Dortmund auch die dort eingesetzten HSV-Akteure auf dem Trainingsplatz arbeiteten, absolvierte Müller auf einem Nebenplatz am Volksparkstadion eine etwa halbstündige Laufeinheit. Hollerbach: „Ich glaube, dass er von seiner Konstitution her ein Spieler ist, der schnell wieder fit werden kann.“