Hamburg. Stürmer Bobby Wood erzielte 2017 nur zwei Tore. Einen Stammplatz hat er beim HSV dennoch sicher – auch aus Mangel an Alternativen.
Wenn man in diesen Tagen auf die Torschützenliste in der Fußball-Bundesliga schaut, muss man lange suchen, um den Namen Bobby Wood zu finden. Der eine Saisontreffer, den der US-Amerikaner am zweiten Spieltag beim 3:1-Sieg beim 1. FC Köln erzielt hatte, bedeutet Platz 41 im ligaweiten Ranking.
Zur Ehrenrettung muss man dem Torjäger a.D. zugutehalten, dass er sich in illustrer Gesellschaft befindet. Der HSV-Stürmer teilt sich den Rang mit Bayern-Profi James Rodriguez, Freiburgs Edel-Joker Nils Petersen oder Dortmunds 30-Millionen-Mann Andrey Yarmolenko. All das dürfte für den Nationalspieler jedoch ein schwacher Trost sein.
Längst gibt es auch in der Fanszene erste Zweifel am Mittelstürmer, der im Sommer 2016 vom Zweitligisten Union Berlin zu den Rothosen kam, und auf Anhieb überzeugte. Doch nichts ist bekanntlich vergänglicher als der Ruhm von gestern.
Gisdol nimmt Wood in Schutz
Spätestens seit seiner Vertragsverlängerung im Juni wird Wood in der Öffentlichkeit anders und vor allem kritischer beäugt. Mit drei Millionen Euro Jahresgehalt gehört der in Honolulu geborene Profi zu den Topverdienern beim HSV. Bisher rechtfertigt der Offensivspieler die Gehaltserhöhung nicht. Kaum einmal kommt er gefährliche Situationen, häufig trifft Wood instinktiv die falsche Entscheidung, die Explosivität, das Durchsetzungsvermögen, das Wood einst auszeichnete, ist kaum noch zu sehen.
Trainer Markus Gisdol weiß, dass die Kritik an seiner Sturmspitze wächst, wenngleich sich der 48-Jährige demonstrativ vor Wood stellt. Für den Coach ist es nur eine Frage der Zeit, wann der berühmt berüchtigte Knoten platzt. „Bei Stürmern ist es oft so wie bei Torhütern. Ich vertraue ihnen und hoffe, dass die Leichtigkeit ins Spiel zurückkehrt. Stürmer müssen sich selbst freimachen von diesem Druck, dass sie unbedingt treffen müssen. Dann kommen auch die guten Abschlüsse wieder“, sagt Gisdol.
Zuckerbrot statt Peitsche für seinen glücklosen Mittelstürmer. Für den HSV-Trainer ist diese Methode alternativlos, denn auch Gisdol weiß, dass seine Optionen fürs Zentrum überschaubar sind. Sven Schipplock hat sein Bundesliga-Niveau beim HSV noch nicht unter Beweis gestellt, André Hahn, der auch in der Spitze auflaufen kann, kommt zumeist auf dem Flügel zum Einsatz und HSV-Retter Luca Waldschmidt, der als zweite Spitze spielen könnte, hat bei Gisdol ob seiner überschaubaren Trainingsleistungen einen schweren Stand.
Die erfolgreichsten HSV-Torjäger der letzten zehn Jahre:
Die erfolgreichsten HSV-Torjäger der letzten zehn Jahre
Konkurrenz aus der eigenen U21?
Und so ruhen die Hoffnungen der HSV-Fans auf dem Nachwuchs. Die U21 der Hamburger dominiert die Regionalliga Nord und stellt mit 28 Treffern die bis dato beste Offensive. Großen Anteil am Aufschwung der Zweiten Mannschaft hat Stürmer Törles Knöll. Der Hattrick beim 6:0-Sieg gegen Oldenburg waren bereits die Saisontore zwölf bis 14 für den gebürtigen Frankfurter. Erste Bundesliga-Luft konnte Knöll am vierten Spieltag schnuppern. Beim 0:2 im Nordderby bei Hannover 96 wurde er in der 73. Minute eingewechselt. Zuletzt nahm der Torjäger aber trotz seiner überragenden Leistungen in der U21 nur sporadisch am Training der Profis teil.
HSV sieht Arp-Hype kritisch
Viel umjubelt war auch das von vielen Anhängern lang ersehnte Debüt von Jann-Fiete Arp. Im Nordderby gegen Werder Bremen (0:0) wurde das Eigengewächs unter frenetischem Jubel im Volkspark eingewechselt. Der ohnehin schon große Hype um den Youngster wurde noch weiter befeuert. Doch beim HSV sieht man diese Entwicklung skeptisch.
Der 17-Jährige hat im Duell gegen Erwachsene noch körperliche Defizite, sodass man konstatieren muss, dass Arp noch keine ernst zu nehmende Alternative für die Startelf ist. Dass er über großes Potenzial verfügt, hat der in Bad Segeberg geborene Offensivspieler bei der U-17-WM in Indien eindrucksvoll bewiesen. Fünf Treffer konnte der Mittelstürmer für die Juniorenauswahl des Deutschen Fußball-Bundes erzielen. Nach seiner Rückkehr soll der Jungprofi wieder regelmäßig in der Bundesligamannschaft trainieren.
Ito als Ansporn für Nachwuchs
Dass es sich durchaus lohnen kann, dem Nachwuchs eine Chance zu geben, hat Gisdol bei Tasuya Ito gesehen. Der Japaner wurde bei den Profis ins kalte Wasser geworfen und mutierte prompt zum Hoffnungsträger, Shootingstar und Publikumsliebling. Die HSV-Fans sehnen sich nach frischem Wind auf dem Platz. Eine Chance hätten die Youngster ob der aktuellen Offensivschwäche auf alle Fälle verdient.