„Beim HSV weiß die eine Hand nicht, was die andere tut“, so Reuter nach geplatztem Stafylidis-Deal. Doch wen attackiert der Manager?
Augsburg/Hamburg. Es waren nur noch wenige Stunden bis zum Ende der Transferperiode am Donnerstag, als Augsburgs Manager Stefan Reuter bereits wusste, dass sein Plan, Abwehrspieler Konstantinos Stafylidis (23) für eine achtstellige Summe abzugeben, gescheitert war. An Interessenten mangelte es zwar nicht, doch die aufgerufenen rund zehn Millionen Euro Ablöse wollte kein Club für den Linksverteidiger bezahlen.
Mit Inter Mailand und dem AS Rom erkundigten sich einige Top-Clubs aus Italien nach Stafylidis. Am konkretesten verhandelte Reuter aber mit dem HSV. Wochenlang sah es danach aus, als würde der Grieche nach Hamburg wechseln und dadurch den Weg für Douglas Santos (23) zum PSV Eindhoven freimachen. Doch bereits 24 Stunden vor dem sogenannten „Deadlineday“ erklärte HSV-Sportchef Jens Todt die Transferbemühungen für beendet. Der Wechsel von Stafylidis sei „wirtschaftlich nicht darstellbar“, so Todt.
Eine Erklärung, die Reuter offenbar in Aufruhr versetzte. „Für mich ist der HSV in dieser Situation ein ganz komischer Verein. Ich habe manchmal den Eindruck, dass die eine Hand nicht weiß, was die andere tut“, sagte der Geschäftsführer des FCA, ohne dabei seinen schweren Vorwurf zu konkretisieren. Auch für eine Nachfrage war Reuter am Freitag nicht mehr zu erreichen. „Wenn ich wirklich Interesse an einem Spieler habe, dann gehe ich da gezielter vor. Das hat mir alles einen unstrukturierten Eindruck gemacht.“ Es sind Worte, die aufhorchen lassen. Doch wen beim HSV meint Reuter mit seiner Kritik?
Ist Reuter erbost wegen Kühne?
„Wir wollten den Spieler verpflichten, konnten einen Transfer aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisieren“, bekräftigt Todt erneut am Freitag auf Anfrage. Hamburgs Sportdirektor, der die Verhandlungen mit Reuter führte, will sich zwar nicht zu den Details der Gespräche äußern, bekräftigt aber ein „ganz normales Verhältnis“ mit Reuter zu pflegen. Auch Stafylidis’ Berater Paul Koutsoliakos bestätigt gegenüber dem Abendblatt, dass die Verhandlungen mit Todt „sehr fair und professionell“ abgelaufen sind. Doch an wen war die Abrechnung des ehemaligen Profis von Bayern München und Borussia Dortmund dann adressiert?
Aus dem Augsburger Umfeld heißt es, die Konstellation mit Investor Klaus-Michael Kühne soll zu Schwierigkeiten geführt haben. So hätte sich Reuter darauf verlassen, dass der HSV den Millionen-Transfer von Stafylidis mit der Hilfe des Unternehmers stemmen könne. Noch vor dem direkten Duell Mitte August zum Ligaauftakt (HSV siegte 1:0) soll bereits eine grobe Einigung über die Ablösesumme erzielt worden sein, nachdem ein erstes schriftliches Angebot der Hanseaten zunächst abgelehnt worden war.
HSV nahm Abstand von Kühne-Millionen
Bedingung für den Deal aus HSV-Sicht war aber auch, dass Douglas Santos für rund sieben Millionen Euro an Eindhoven verkauft wird. Eine erste Offerte des niederländischen Meisters von knapp vier Millionen Euro zog der PSV Anfang der Woche jedoch zurück. Da sich der Wechsel von Stürmer Luuk de Jong nach Bordeaux zerschlagen hatte, fehlte Eindhoven das für den Santos-Transfer benötigte Kleingeld und der Brasilianer musste in Hamburg bleiben.
Der HSV wollte außerdem nach den pikanten Aussagen von Kühne bei Sky und im „Spiegel“, in denen der Reihe nach Trainer, Vorstand, Todt und einzelne Spieler wie Pierre-Michel Lasogga („Flop des Jahrhunderts“) unter Druck gesetzt beziehungsweise demontiert wurden, nicht erneut bei seinem wichtigsten Geldgeber um Unterstützung bei der Finanzierung des Stafylidis-Transfers bitten.
Hat sich am Ende Reuter verzockt?
Reuter soll darüber nur wenig erfreut gewesen sein, wie aus Augsburg zu hören ist. Auch Kühnes Äußerung im „Spiegel“, Geld für einen neuen Außenverteidiger „verweigert“ zu haben, sollen beim FCA-Manager für Kopfschütteln gesorgt haben. Das Interview mit Kühne wurde allerdings zwei Wochen vor der Veröffentlichung am ersten Bundesligaspieltag geführt. Zum Zeitpunkt, als nicht nur dieses Zitat hohe Wellen schlug, hatte der 80-Jährige seine Meinung geändert und den Club-Verantwortlichen weitere Millionen zugesichert.
Doch der HSV entschied sich, einen anderen Weg zu gehen und wollte die Ablöse-Forderung für Stafylidis nicht erfüllen. Auch die B-Variante, Linksverteidiger Jérôme Roussillon (24) von HSC Montpellier loszueisen, sollte sich zerschlagen. „Ich habe damit gerechnet, dass Stafylidis in Augsburg bleibt, weil die Forderung des FCA hoch war“, sagt Koutsoliakos, der nach dem Ende der Transferperiode hofft, dass Augsburg den zuletzt ausgebooteten griechischen Nationalspieler wieder begnadigt. „Augsburg kann auf einen Spieler dieser Qualität gar nicht verzichten.“
Auch Reuter freut sich auf die weitere Zusammenarbeit mit Stafylidis. „Ich bin heilfroh, dass er uns weiter zur Verfügung steht.“ Ein Zustand, den der Kaderplaner dem fehlenden Zehn-Millionen-Angebot aus Hamburg zu verdanken hat.
Die teuersten HSV-Transfers:
Walace und Co.: Die teuersten HSV-Transfers