Hamburg . Noch einmal schlafen, dann steigt das Finale um den Klassenerhalt zwischen dem HSV und dem VfL Wolfsburg. Die Spieler im Vergleich.
Nicolai Müller? Ist er dabei? Ist er nicht dabei? Zehn Minuten durften Fotografen und Kameraleute am Donnerstagnachmittag beim Training des HSV in Rotenburg an der Wümme luschern – und siehe da: Er war dabei. Müller, der am Vortag das Training mit Knieschmerzen abbrechen musste, konnte im fernen Rotenburg mittrainieren. „Es gibt berechtigte Hoffnung, dass wir ihn am Sonnabend einsetzen können“, hatte Trainer Markus Gisdol vor der Abfahrt in sein Lieblingslager gesagt.
Keine Hoffnung gibt es dagegen, dass Pierre-Michel Lasogga erneut zum Last-minute-Retter wird. Der Stürmer fällt mit Adduktorenproblemen aus, Albin Ekdal und Aaron Hunt wackeln. Viel mehr steht einen Tag vor dem Finale um den Klassenerhalt nicht fest: Wer spielt auf der Doppelsechs? Wer darf im rechten Mittelfeld ran? Endgültige Antworten gibt es am Sonnabend. 15.30 Uhr – und der Showdown kann beginnen.
Gotoku Sakai
Die Mutter ist Deutsche, der Vater Japaner, kennengelernt haben sich Mama und Papa Sakai in New York. Kein Wunder, dass der kleine Gotoku, mittlerweile selbst zweifacher Familienvater, von sich selbst behauptet, international erzogen worden zu sein. Wer international denkt, der will nicht die Saison in Braunschweig ausklingen lassen.
Mergim Mavraj
Eigentlich wollte der Deutsch-Albaner immer Polizist werden, nun sorgt er für Recht und Ordnung in der HSV-Defensive. Weil ihm das bei der EM für Albanien so gut gelungen ist, durfte sich der gebürtige Hesse anschließend sogar über einen Diplomatenausweis freuen.
Christian Mathenia
Für den Torhüter kommt das Alles-oder-nichts-Spiel gegen Wolfsburg gerade recht. Mathenia ist ein Adrenalin-Junkie. „Ich mag den Kick“, sagte der Keeper mal. In der Freizeit steht er auf Parasailing, Bungee-Jumping und Tauchen. Abtauchen wird der gebürtige Mainzer, der direkt gegenüber vom Bruchwegstadion aufwuchs, am Sonnabend aber auf keinen Fall.
Kyriakos Papadopoulos
Gerüchte, dass der bullige Grieche in seiner Freizeit kleine Hundewelpen verspeist, haben sich bislang nicht bestätigt. Doch der Koloss von Katerini darf sich auch so als einer der unbequemsten Gegenspieler der Bundesliga fühlen. Mario Gomez wird sicherlich seinen Spaß mit der glatzköpfigen Mentalitätsbestie haben.
Matthias Ostrzolek
Der Streber im Team. Der Linksverteidiger setzt auf Yoga am Abend vor dem Spiel und auf Meditation am Spieltag. Ostrzolek ist nicht der beste Fußballprofi, aber der professionellste Fußballer. Er liebt seinen morgendlichen Löffel Manuka-Honig und ein Stückchen Ingwer, ernährt sich glutenfrei und verzichtet auf Milchprodukte. Gegen Wolfsburg will Ostrzolek zudem auf Flanken auf die Tribüne verzichten.
Gideon Jung
Kam in seiner ersten Saison aus Eidelstedt zu Fuß zum Training, weil der junge Jung noch keinen Führerschein hatte. Mittlerweile hat der etwas ältere Jung den Lappen – und gibt auch auf dem Platz endlich Vollgas. Will unbedingt pünktlich ins EM-Trainingslager der U-21-Nationalelf – und kann das nur ohne eine völlig überflüssige Relegation schaffen.
Vasilije Janjicic
Der Legende nach ist der gerade einmal 18 Jahre alte Schweizer wiedergeboren worden und war in seinem vorherigen Leben ein recht stattlicher Möbelpacker. Weil zu dem beeindruckenden Kreuz auch noch zwei durchaus talentierte Beinchen und ein klares Köpfchen gehören, wird dem Talent eine große Zukunft vorausgesagt.
Bakery Jatta
Ebenfalls erst 18 Jahre alt – zumindest laut Ausweispapier. Vor seiner Verpflichtung waren sich Hamburgs Verantwortliche dagegen alles andere als sicher, ob der Flüchtling aus Gambia nicht eher 21, 22 oder 23 Jahre alt ist. Doch selbst wenn der pfeilschnelle Mittelfeldmann schon 45 Jahre alt sein sollte, darf er für sich schon jetzt die steilste Lernkurve dieser Saison reklamieren.
Lewis Holtby
Die rheinische Frohnatur ist mit 3,5 Millionen Euro der Top-Verdiener. Absolut gerechnet. Würde der Dauerrenner aber nach gelaufenen Kilometern bezahlt werden, wäre er krass unterbezahlt. Keiner läuft so viel, keiner kämpft so viel – und keiner feiert den Klassenerhalt ausgelassener als Holtby. Die Klasse von 2015 wird sich erinnern.
Filip Kostic
„Ist Filip Kostic der neue Gareth Bale?“, fragte die „Daily Mail“ im März 2015. Nein, ist er nicht, antwortet das Abendblatt im Mai 2017. Wenn aber einer der unzähligen Flankenversuche pro Spiel am Sonnabend zum Tor des Tages führen sollte, würde der Nicht-Bale ganz sicher wie ein Über-Bale gefeiert werden.
Bobby Wood
Auf Hawaii geboren, in Kalifornien aufgewachsen, aber mit der Aura eines mundfaulen Provinzlers aus Kansas. Egal! Wood soll keine Reden halten, sondern Tore schießen. Dies ist dem US-Boy zwar seit neun Spielen nicht mehr gelungen, aber auch das: egal! Am Sonnabend trifft er.
Der Schiedsrichter: Manuel Gräfe
2011 wurde Manuel Gräfe offiziell als Deutschlands Schiedsrichter des Jahres ausgezeichnet, 2015 wurde der Berliner inoffiziell als Hamburgs Schiedsrichter des Jahres gefeiert. Der Auftritt des früheren Hobbykickers von Rapide Wedding in der Nachspielzeit beim HSV-Sieg in Karlsruhe ist bis heute unvergessen.
Mario Gomez
Von 33 VfL-Toren hat er 16 gemacht. Mehr Lebensversicherung geht nicht. Ist ein Mann für die Heldenmomente. Hat in seiner Bundesliga-Karriere aber nur gegen Dortmund, Bayern und Schalke öfter verloren als gegen den HSV. Wenn der VfL am Sonnabend drin bleiben sollte, entscheidet er das Spiel. Die Wölfe setzen auf Gott und Gomez.
Paul-Georges Ntep
Hat zwei so muskulöse Oberschenkel, dass man daraus vier machen könnte. Immer gut gelaunt, vergisst auf dem Platz bei aller Offensivfreude aber oftmals, dass es nicht nur den Vorwärtsgang gibt. Im Hinspiel im Januar ging sein Stern auf. Der Stern ging dann aber schnell wieder unter.
Daniel Didavi
Der talentierteste Spieler im VfL-Kader. Leider spielt sein Knie nicht dauerhaft mit. Ist jetzt aber fit wie lange nicht mehr. Stieg schon im letzten Sommer mit Stuttgart ab, kam dann nach Wolfsburg, um international zu spielen. Der VfL wäre wohl nicht so meilenweit davon entfernt, wenn Didavi zumindest einmal über 90 Minuten gespielt hätte.
Vieirinha
Der Portugiese ist im Sommer Europameister geworden, hat seitdem aber kein Tor vorbereitet oder erzielt. Deswegen muss Vieirinha im Sommer gehen. Sein letztes Tor schoss er 2015 gegen Bremen, womit sein Sympathiefaktor am Sonnabend im Volkspark schlagartig steigt.
Maximilian Arnold
Fährt im Sommer als Kapitän der U21 zur EM nach Polen. Zuvor spielte er bei der Juniorenauswahl nur die zweite Geige. Die Beziehung zwischen ihm und Ex-Trainer Horst Hrubesch war nie die beste. Die HSV-Legende hielt keine großen Stücke auf Arnold und hofft, dass seine Einschätzung am Sonnabend zutrifft. Der Wolfsburger wird dagegenhalten. So oder so.
Josuha Guilavogui
Hals- und Beinbruch darf man dem sympathischen Franzosen nicht mehr wünschen. Er hatte sich schließlich in der Sommervorbereitung einen Halswirbel gebrochen. Da soll das Bein nun nicht noch dazukommen. Wie wichtig er ist, merkt der VfL immer dann, wenn er nicht dabei ist. Ist unersetzbar für die Stabilität des Wolfsburger Spiels – trotz lädiertem Hals.
Yannick Gerhardt
Kam im Sommer als vielversprechender Mittelfeldspieler zum VfL, ist mittlerweile ein normaler linker Verteidiger, der seinen richtigen Platz im Team aber noch sucht. Studiert nebenberuflich BWL an einer Fern-Universität. Die Wirtschaftsbücher sollte er am Sonnabend aber in der Umkleidekabine lassen.
Luiz Gustavo
Der Kapitän hatte seinen Kollegen geraten, im Abstiegskampf lieber einmal weniger Essen zu gehen und den Fokus auf die Spiele zu legen. Wollte nur Tage später beim Spiel gegen die Bayern Schiedsrichter Felix Zwayer auffressen. Das war nicht besonders klug, weiß er aber selbst. Dass er nicht länger gesperrt wurde, kam trotzdem überraschend.
Koen Casteels
Musste bei Hoffenheim extra Kung-Fu-Training machen, um ein wenig extrovertierter zu werden. Der Belgier strahlt viel Ruhe aus, manchmal zu viel. Machte in dieser Saison eine echte Achterbahnfahrt durch: vom Stammkeeper zum Ersatz und zurück. Gegen Frankfurt gewann er erstmals ein Spiel für den VfL. Ob er vorher noch beim Kampftraining war, ist nicht überliefert.
Robin Knoche
In Braunschweig geboren, lebt auch noch immer in der Wolfsburger Nachbarstadt. Ja, richtig: in Braunschweig. In genau der Stadt, in der am nächsten Montag die endgültige Entscheidung über die Besetzung der Bundesliga fallen wird. Knoche ist seit der Verletzung des Ex-Hamburgers Jeff Bruma hinten gesetzt und macht seine Sache gut.
Sebastian Jung
Einer von drei Kandidaten für rechts hinten. Hat den indisponierten Aushilfsverteidigern Jakub Blaszczykowski und Vieirinha den Rang abgelaufen. Jung trifft auf seinen Hamburger Namensvetter Gideon. Die beiden teilen zwar die Vorliebe fürs Verteidigen, sind aber weder verwandt noch verschwägert.