Hamburg. Großer personeller Schnitt im Sommer geplant. Für den Kostic-Transfer waren noch vertragsgemäße Zahlungen von Kühne offen.

Heribert Bruchhagen war umringt von einem Dutzend Kameras. Der Vorstandschef des HSV stand am Donnerstagmittag im Medienraum des Volksparkstadions und referierte über verschiedene Themen. Wie groß seine Anspannung sei vor dem Spiel am Sonnabend (15.30 Uhr) beim FC Schalke 04? Wie groß sein Vertrauen sei in die sportliche Führung um Trainer Markus Gisdol und Sportchef Jens Todt? Und wie groß noch immer seine Verbindung zu den Schalkern sei, bei denen er seine Managerkarriere einst begann?

Ganz am Ende dieser Medienrunde ging es dann noch ganz beiläufig um die wichtigste Frage, die den Club in den vergangenen Wochen im Hintergrund des Bundesligageschehens beschäftigte: Wie hält es denn der HSV mit der Lizenz?, lautete die Gretchenfrage an Bruchhagen. Zur Erinnerung: Die DFL hatte dem HSV vor drei Wochen die Lizenz für die kommende Erst- oder Zweitligasaison nur unter Bedingungen erteilt. Für Bruchhagen kein Problem. „Sie können sicher sein, dass wir die Lizenz für beide Ligen komplett erfüllen werden“, sagte der 68-Jährige.

Bruchhagen: HSV ist für erste und zweite Liga gerüstet

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    Vereinbarung bereits am 28. April getroffen

    Was Bruchhagen zu diesem Zeitpunkt wusste, aber nicht sagte: Der HSV hatte die Lizenzvorgaben bereits erfüllt. Eine Stunde nach dem Interview verkündete der Club diese Nachricht auf seiner Homepage. Und mal wieder war es ein bekannter Name, der dem HSV helfen musste, die Bedingungen zu erfüllen: Klaus-Michael Kühne. Mit dem 79 Jahre alten Geldgeber hat der HSV bereits am 28. April eine neue Vereinbarung getroffen. Darin erklärt der Investor die Übernahme von weiteren 312.500 Aktien der HSV Fußball AG.

    Für rund 15 Millionen Euro erhöht Kühne damit seine AG-Anteile von elf auf 17 Prozent. Der HSV wiederum erhält frisches Geld, um das Eigenkapital zu stärken und damit die Liquidität zu sichern. „Die beschlossene Kapitalerhöhung ist ein geeignetes Instrument zur Erfüllung der Lizenzierungsvoraussetzungen“, sagte Finanzvorstand Frank Wettstein dem Abendblatt. Frei übersetzt: ohne Kühne keine Lizenz.

    Wettstein freut sich über „verlässliche Investoren“

    Der HSV hat nun von den möglichen 24,9 Prozent zu veräußernden Anteilen 20,79 Prozent an Investoren verkauft. Neben Kühne hatten der Agrarunternehmer Helmut Bohnhorst (1,5 Prozent) und die Familie Burmeister (1,5 Prozent) sowie der verstorbene Weinhändler Alexander Margaritoff (0,79 Prozent) Anteile an der HSV AG erworben. „Trotz der schwierigen sportlichen Situation konnte und kann der HSV auf verlässliche Investoren zurückgreifen“, sagte Wettstein.

    Die Einschätzung des Finanzchefs bezieht sich insbesondere auf Kühne. Mit dessen Millionen kann der Club nun die Planungen vorantreiben. Noch am Mittwoch hatte Kühne in einem Interview der „Sport Bild“ gesagt, er wolle „keine Haushaltslöcher stopfen“ müssen. „Mir ist wichtig, dass ich immer nur bestimmte Beiträge zur Qualitätsverbesserung der Mannschaft leiste“, sagte Kühne. „Ich bin kein Abramowitsch, der seinen Club dominieren will. Ich will ein bisschen mitgestalten.“

    Kühne-Zahlungen für Kostic-Transfer offen

    Im Sommer hatte der Milliardär im großen Stile mittels eines erfolgsabhängigen Darlehens dem HSV rund 38 Millionen Euro für Transfers zur Verfügung gestellt. Im Winter finanzierte er zudem den Zehn-Millionen-Euro-Zugang Walace. Diese Transfers brachten dem HSV bislang zwar nicht den erhofften sportlichen Erfolg – im Gegenteil. Dafür sorgten sie für Bedingungen bei der Lizenzvergabe. So waren nach Abendblatt-Informationen für den Transfer von Filip Kostic, der für 14 Millionen Euro vom VfB Stuttgart kam, noch (vertragsgemäße) Zahlungen von Kühne offen, für die die DFL eine Bankbürgschaft forderte.

    Im „Sport Bild“-Interview wollte Kühne sich noch nicht klar dazu bekennen, den HSV auch in der kommenden Transferperiode zu unterstützen. „Ich bin auch frustriert. Die Finanzen wurden zerrüttet, der Club wandert auf einem schmalen Grat“, sagte Kühne. Doch in der schwersten Krise scheint sich der HSV auf seinen Geldgeber verlassen zu können. „Wir haben ein klares Bild, wie die Zusammenarbeit mit Herrn Kühne aussieht“, sagte HSV-Chef Bruchhagen am Donnerstag.

    „Papa“ und Wood sollen gehalten werden

    Nach Abendblatt-Informationen plant der Club nach der Saison einen großen personellen Schnitt, der ohne Kühne kaum realisierbar sein wird. So soll neben Leverkusen-Leihgabe Kyriakos Papadopoulos auch Bobby Wood mit aller Macht gehalten werden. Der US-Stürmer wäre einer der wenigen Spieler, mit dem der HSV eine hohe Ablöse erzielen würde. Mit Kühnes Hilfe könnte der Club dem Stürmer eine Gehaltserhöhung anbieten.

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      Dank der neuen Einlage sind Kühnes Investitionen in den vergangenen Jahren auf mehr als 100 Millionen Euro gestiegen. Für die bisherigen elf Prozent Anteile gab er 28 Millionen Euro aus, nachdem er den Unternehmenswert der HSV AG nach der Ausgliederung 2014 auf 250 Millionen Euro gedrückt hatte. Zum Vergleich: Zweitligist VfB Stuttgart rechnet bei der bevorstehenden Ausgliederung mit einem Wert von 350 Millionen Euro und will für 24,9 Prozent AG-Anteile 100 Millionen Euro einnehmen.

      Der HSV kann jetzt ohne die Zustimmung der Mitglieder noch vier Prozent der Anteile veräußern. „Ein Kreis von Investoren, die den HSV nach vorne bringen wollen, wäre mir sympathischer“, sagte Kühne – zeitgleich mit seiner Kapitalaufstockung. Der Traum des HSV von einer starken Investorengruppe ist damit wohl ausgeträumt.