Abstiegskampf wird für HSV-Trainer zum Marathon. In Augsburg muss womöglich Nummer 3 ins Tor – das könnte ein gutes Omen sein.
Hamburg. Knapp anderthalb Stunden warteten die rund 60 Trainingskiebitze im Volkspark am Tag nach der 1:2-Pleite gegen Darmstadt auf die Mannschaft – und wurden dann in nicht mal 24 Stunden ein zweites Mal vom HSV enttäuscht. Denn das geplante Platztraining wurde kurzfristig für einen Waldlauf gestrichen. Zuvor führte Trainer Markus Gisdol die Spielanalyse hinter verschlossenen Türen durch. Und die fiel nach der Blamage gegen den Tabellenletzten etwas länger aus als üblich.
Dabei verzichtete Gisdol auf eine Brandrede. „Ich war ganz sachlich. Mangelnden Einsatz kann ich den Spielern auch nicht vorwerfen.“ Vielmehr sei die dürftige Vorstellung auf die Psyche zurückzuführen. „Es ist der Kopf, nichts anderes“, sagt der Trainer über sein gegen die Lilien überfordert wirkendes Team. „Jeder ist enttäuscht. Wir haben aber keine Zeit, dem Spiel hinterherzutrauern. Wir müssen es schnell abhaken.“
Die gesamte Woche hatte Gisdol vor den auswärts bis dahin noch punktlosen Darmstädtern gewarnt. Doch es half nichts. „Wir haben uns von der Hektik anstecken lassen und oftmals unklug gespielt. Wir dachten vielleicht, mehr Risiko gehen zu müssen, dabei hätten wir die Chancen einfach nur besser herausspielen müssen“, moniert der Coach am Sonntag. „Grundsätzlich müssen wir auch gegen vermeintlich schwächere Gegner Geduld entwickeln. Es gab vielleicht auch eine falsche Erwartungshaltung, dass wir den Gegner total dominieren.“ So hätten alle im Stadion von den zuvor seit neun Heimspielen ungeschlagenen Hamburgern einen „Muss-Sieg“ erwartet – und wurden schließlich bitter enttäuscht.
Wird HSV-Torverhältnis zum Knackpunkt?
Mit weiterhin 33 Punkten steckt der HSV als Tabellen-15. damit weiter tief im Abstiegskampf. Das schlechte Torverhältnis (-25) wirkt sich im Vergleich zu den punktgleichen Wolfsburgern (-13) und Mainzern (-10) zudem wie ein Minuspunkt aus. Am nächsten Sonntag kommt es nun zum Schlüsselduell mit dem FC Augsburg (32 Punkte/-20), der momentan auf dem Relegationsplatz steht.
„Das große Zittern war nie weg. Seit ich hier bin, bewegen wir uns in dieser Tabellenregion“, sagt Gisdol, der weiterhin auf Ruhe im Existenzkampf setzt und einen Vergleich zum Hamburg Marathon zieht. „Wir müssen bis zum Ende laufen – erst dann bist du im Ziel. Das ist wie beim Marathon.“
Vertritt Mickel Mathenia im HSV-Tor?
Im Schlussspurt des Abstiegsmarathons muss Gisdol womöglich auf seine beiden Torhüter verzichten. Während René Adler weiterhin wegen eines Rippenbruchs ausfällt und frühestens im nächsten Heimspiel gegen Mainz (7.5.) einsatzfähig ist, hat sich nun auch noch dessen Vertreter Christian Mathenia verletzt. Der 25-Jährige prallte beim zweiten Gegentor – bei dem Abwehrchef Mergim Mavraj lieber mit Kapitän Gotoku Sakai seinen Fehlpass auf dem Platz analysierte, anstelle seinem Gegenspieler hinterherzulaufen – mit Dennis Diekmeier zusammen.
Einzelkritik: Jatta ist der einzige Gewinner
Während sich der Rechtsverteidiger eine Oberschenkel-Prellung zuzog und direkt danach ausgewechselt werden musste, spielte Mathenia trotz Schmerzen durch. „Sein Knie ist dick“, klagt Gisdol. Am Montag soll eine Kernspintomografie Klarheit über die Dauer von Mathenias Ausfall bringen.
HSV gegen Darmstadt – die Bilder des Spiels
Wäre Mickel-Einsatz ein gutes Omen?
Gegen Augsburg könnte nun der Ersatz vom Ersatz das HSV-Tor hüten. Denn Gisdol bleibt nichts anderes übrig, als sich mit dem Einsatz seiner Nummer 3, Tom Mickel, zu beschäftigen. „Wenn Mathenia auch nicht spielen kann, wird eben Tom einspringen“, so der Trainer.
Schon einmal rückte Mickel in der Bundesliga zwischen die Pfosten, als Adler am letzten Spieltag der vergangenen Saison verletzt ausfiel und Ersatzmann Jaroslav Drobny sich weigerte, für die bereits geretteten Hamburger aufzulaufen. Der Gegner war damals derselbe wie kommende Woche: der FC Augsburg. Mickel erledigte seine Aufgabe damals souverän und der HSV siegte mit 3:1 bei den bayrischen Schwaben. Ein Ergebnis, das der HSV diesmal dringend gebrauchen könnte.