Hamburg. Nach seinem Treffer in der Nachspielzeit zum 2:1 gegen den 1. FC Köln kommt der Matchwinner aus dem Feiern schier nicht heraus.

Lewis Holtby war nicht mehr einzufangen. Der Matchwinner des Hamburger SV stürmte schnurstracks Richtung Nordtribüne des Volksparkstadions, kletterte in den Fanblock und ließ sich nach dem hochemotionalen 2:1 (1:1)-Sieg gegen den 1. FC Köln von den wild jubelnden HSV-Anhängern herzen. Anschließend startete der "Partyminister" der Hanseaten höchstpersönlich die La Ola, bevor er sich zu den treuesten Anhängern begab und auf dem Podest in der Nordkurve den Vorsänger gab. "Lewis hatte schon bei meinem Junggesellenabschied ständig das Mikrofon, heute vor der Kurve. Das ist sein Ding", sagte René Adler über die rheinische Frohnatur aus Erkelenz, die als eine der ersten Maßnahmen eines der zahlreichen Jubelfotos als neues Profilbild bei Facebook einstellte.

Für Holtby schließt sich ein Nachspielzeitkreis

"Das kann man nicht beschreiben. Ich bin so glücklich, dass es heute bei meinem Jubiläum geklappt hat", sagte der Mittelfeldkämpfer selbst, noch immer völlig beseelt. Holtby hatte in seinem 300. Profispiel in der Nachspielzeit für den enorm wichtigen Siegtreffer der Hamburger im Kampf um den Klassenerhalt gesorgt. "Wir wollten es unbedingt. Umso schöner, dass ich in meinem Jubiläumsspiel das Tor schießen durfte", sagte Holtby im ZDF.

Wenige Momente zuvor hatte Holtby wegen Abseitspfiffs nach einem Scherenschlag-Treffer noch ungläubig die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Mit dem ersten Bundesligatreffer seit einem Jahr hat sich für Holtby nun gewissermaßen auch ein persönlicher Kreis geschlossen. Zuletzt hatte er am 9. April 2016 bei der 1:2-Heimniederlage gegen Darmstadt getroffen – ebenfalls nach Ablauf der regulären Spielzeit.

Die Bilder des emotionalen Siegs:

Die emotionale Holtby-Show gegen Köln

Lewis Holtby haute nach seinem Siegtor in der Fankurve auf die Pauke
Lewis Holtby haute nach seinem Siegtor in der Fankurve auf die Pauke © imago/Michael Schwarz | imago sportfotodienst
Zuvor wurde er von seinen Teamkollegen vor Jubel fast erdrückt. Erst von Dennis Diekmeier (M.) ...
Zuvor wurde er von seinen Teamkollegen vor Jubel fast erdrückt. Erst von Dennis Diekmeier (M.) ... © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
... und dann von Torwart René Adler
... und dann von Torwart René Adler © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
Mit Kyriakos Papadopoulos legte Lewis Holtby eine Jubelchoreografie hin, die eher nicht nach griechischem Volkstanz aussah
Mit Kyriakos Papadopoulos legte Lewis Holtby eine Jubelchoreografie hin, die eher nicht nach griechischem Volkstanz aussah © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
Torwarttrainer Stefan Wächter, Sportchef Jens Todt und Chefcoach Markus Gisdol (v. l. n. r.) versetzte der späte Siegtreffer schier in Ekstase
Torwarttrainer Stefan Wächter, Sportchef Jens Todt und Chefcoach Markus Gisdol (v. l. n. r.) versetzte der späte Siegtreffer schier in Ekstase © imago/Michael Schwarz | imago sportfotodienst
Und da war es passiert: Kölns Torwart Timo Horn sah nicht nur unglücklich aus, als er dem Ball auf dem Weg ins Tor nachschaute
Und da war es passiert: Kölns Torwart Timo Horn sah nicht nur unglücklich aus, als er dem Ball auf dem Weg ins Tor nachschaute © WITTERS | TimGroothuis
Lewis Holtby drehte währenddessen jubelnd ab
Lewis Holtby drehte währenddessen jubelnd ab © Witters
Ersatztorwart Christian Mathenia (l.) und Trainer Markus Gisdol feierten mit
Ersatztorwart Christian Mathenia (l.) und Trainer Markus Gisdol feierten mit © Witters
"Papa" musste sich derweil so einiges gefallen lassen © Witters
Athletiktrainer Daniel Müssig (v.l.), Gisdol und CO-Trainer Frank Fröhling beobachten Matchwinner Holtby
Athletiktrainer Daniel Müssig (v.l.), Gisdol und CO-Trainer Frank Fröhling beobachten Matchwinner Holtby © dpa
Dieser genoss das Bad in der Fan-Menge in vollen Zügen
Dieser genoss das Bad in der Fan-Menge in vollen Zügen © Witters
Sogar eine La Ola leierte Holtby an
Sogar eine La Ola leierte Holtby an © Witters
Das ganze Spiel über hatte sich Lewis Holtby richtig reingehängt – so wie hier im Kopfballduell mit Pawel Olkowski (r.)
Das ganze Spiel über hatte sich Lewis Holtby richtig reingehängt – so wie hier im Kopfballduell mit Pawel Olkowski (r.) © WITTERS | ValeriaWitters
Nicolai Müller jubelt über sein frühes Führungstor ...
Nicolai Müller jubelt über sein frühes Führungstor ... © WITTERS | ValeriaWitters
... und die HSV-Fans mit ihm. Das Spiel war mit 57.000 Zuschauern ausverkauft
... und die HSV-Fans mit ihm. Das Spiel war mit 57.000 Zuschauern ausverkauft © WITTERS | ValeriaWitters
René Adler freut sich über das 1:0. Um den HSV-Torwart ranken sich Wechselgerüchte
René Adler freut sich über das 1:0. Um den HSV-Torwart ranken sich Wechselgerüchte © WITTERS | TimGroothuis
Später muss Nicolai Müller, gestützt auf HSV-Mannschaftsarzt Götz Welsch, verletzt vom Feld
Später muss Nicolai Müller, gestützt auf HSV-Mannschaftsarzt Götz Welsch, verletzt vom Feld © WITTERS | TimGroothuis
Milos Jojic (2. v. r.) köpft den Ausgleich
Milos Jojic (2. v. r.) köpft den Ausgleich © imago/Revierfoto | imago sportfotodienst
Milos Jojic (l.) lässt Gideon Jung über die Klinge springen. Für diese Aktion sieht der Kölner zu Recht Gelb
Milos Jojic (l.) lässt Gideon Jung über die Klinge springen. Für diese Aktion sieht der Kölner zu Recht Gelb © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
Bobby Wood behauptet den Ball gegen Pawel Olkowski
Bobby Wood behauptet den Ball gegen Pawel Olkowski © WITTERS | TimGroothuis
Gideon Jung (l.) versucht Kölns Toptorjäger Anthony Modeste an der Ballkontrolle zu hindern. Im Pokal hatte das gut geklappt
Gideon Jung (l.) versucht Kölns Toptorjäger Anthony Modeste an der Ballkontrolle zu hindern. Im Pokal hatte das gut geklappt © WITTERS | TimGroothuis
Allerdings hätte Modeste in der ersten Minute beinahe per Fallrückzieher getroffen
Allerdings hätte Modeste in der ersten Minute beinahe per Fallrückzieher getroffen © WITTERS | ValeriaWitters
Kyriakos Papadopoulos (l.) war sein Trainingsunfall noch anzusehen. Der HSV-Verteidiger hatte vergangene Woche eine Platzwunde über dem Auge erlitten
Kyriakos Papadopoulos (l.) war sein Trainingsunfall noch anzusehen. Der HSV-Verteidiger hatte vergangene Woche eine Platzwunde über dem Auge erlitten © WITTERS | TimGroothuis
Seiner Kopfballstärke tat die Verletzung keinen Abbruch
Seiner Kopfballstärke tat die Verletzung keinen Abbruch © WITTERS | ValeriaWitters
HSV-Trainer Markus Gisdol (l.) und Sportchef Jens Todt konnten zuletzt mit den Leistungen zufrieden sein
HSV-Trainer Markus Gisdol (l.) und Sportchef Jens Todt konnten zuletzt mit den Leistungen zufrieden sein © WITTERS | TimGroothuis
Die Auswechselspieler Michael Gregoritsch, Gotoku Sakai, Pierre-Michel Lasogga und Albin Ekdal haben auf der Bank ihren Spaß
Die Auswechselspieler Michael Gregoritsch, Gotoku Sakai, Pierre-Michel Lasogga und Albin Ekdal haben auf der Bank ihren Spaß © WITTERS | TimGroothuis
Kölns Trainer Peter Stöger hat trotz angespannter Personallage gut lachen
Kölns Trainer Peter Stöger hat trotz angespannter Personallage gut lachen © WITTERS | TimGroothuis
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Gisdol hätte auch das Remis genommen

"Ich muss erstmal etwas runterkommen", sagte HSV-Coach Markus Gisdol, der auf den Siegtreffer wie ein Rumpelstilzchen reagierte und dabei unter anderem den verdutzten Kyriakos Papadopoulos wegdrückte. "Man hatte das Gefühl, beim 2:1 bricht das Stadion fast auseinander", befand Gisdol, der nach eigener Aussage eigentlich sogar auch mit einem Unentschieden zufrieden gewesen wäre. "Es war schon ein kompliziertes Spiel", sagte der Coach. Seine Profis strahlten unterdessen um die Wette. Er kriege "schon wieder eine Gänsehaut", stammelte Dennis Diekmeier. Es sei so wichtig, dass sich die verbesserten Leistungen auch in der Tabelle zeigten, sagte der ehemalige Kölner Mergim Mavraj: "Aber wir müssen fokussiert bleiben."

Beste Rückrunde seit acht Jahren

Der HSV, der bereits am Dienstag wieder bei Borussia Dortmund ran muss (die derzeit noch um den Einsatz ihres Kapitäns Marcel Schmelzer bangen), ist seit nunmehr acht Bundesliga-Partien vor eigenem Publikum ungeschlagen (sechs Siege und zwei Remis) - das ist die längste Serie seit knapp sieben Jahren. In der Rückrunden-Tabelle festigten die Rothosen zudem Platz vier hinter den punktgleichen Leipzigern und Dortmundern (je 17) – nur Bayern München hat in diesem Jahr mehr Zähler gesammelt (23). Damit spielt der HSV bislang seine beste Rückserie seit acht Jahren.

Die Statistik

HSV

Adler - Diekmeier, Papadopoulos, Mavraj, Santos - Walace (70. Gotoku Sakai), Gideon Jung (46. Ekdal) - Nicolai Müller (53. Gregoritsch), Holtby, Kostic - Wood. - Trainer: Gisdol

1. FC Köln

Horn - Olkowski, Maroh (46. Heintz), Subotic, Hector - Höger, Jojic - Clemens (76. Guirassy), Rausch - Modeste, Zoller. - Trainer: Stöger

Schiedsrichter

Daniel Siebert (Berlin)

Tore

1:0 Nicolai Müller (13.), 1:1 Jojic (25.), 2:1 Holtby (90.+1)

Zuschauer

57.000 (ausverkauft)

Gelbe Karten

Holtby (2), Walace - Zoller (3), Jojic (2), Guirassy (2)

Torschüsse

14:7

Ecken

5:1

Ballbesitz

51:49 %

Zweikämpfe

90:101

1/10

Müller-Verletzung schockt HSV nur kurz

"Die Jungs dürfen sich heute freuen. Wir sind aber noch lange nicht am Ziel", warnte Gisdol, der zudem um einen seiner Leistungsträger bangt. Nicolai Müller, Schütze um 1:0 (13.) und damit zum 2900. Tor in der Bundesliga-Historie des HSV, humpelte in der 52. Spielminute mit Verdacht auf eine Bänderverletzung im linken Knie vom Platz. Nähere Untersuchungen am Sonntag sollen Aufschluss über die Schwere der Blessur geben. "Das ist heute der Wermutstropfen", sagte Gisdol. Auch Müllers Kollegen fühlten mit dem vor Schmerzen schreienden Außenspieler.

Der HSV in der Einzelkritik

Der HSV zeigte nach dem Schockmoment eine gute Reaktion. Beim Stand von 1:1, Milos Jojic (25.) hatte den 2900. Bundesligatreffer des HSV ausgeglichen, waren es die Gastgeber, die zum Ende der 90 Minuten noch einmal drängten. Und von Holtby schließlich belohnt wurden. Sein anschließendes Jubelbad verstand er vor allem als Dankeschön an die treuen Fans: "Wir müssen zusammenhalten. Nicht immer nur labern, sondern auch Taten zeigen", meinte der 26-Jährige, der mit 12,6 Kilometer laufstärkster Spieler der Partie war.

Holtby trifft besonders gern gegen Köln

Holtby traf bereits zum fünften Mal gegen Köln und sorgte für richtig schlechte Laune bei FC-Trainer Peter Stöger, dem das Zweikampfverhalten seines Teams in der Schlussphase so gar nicht gefiel. "Wir hatten drei-, viermal die Gelegenheit, die Situation zu klären", sagte Stöger bedient.

Die Rheinländer verpassten die Chance, ihre Ausgangsposition im Rennen um die Europacup-Tickets ein ganzes Stück zu verbessern. "Jetzt haben wir zwei Heimspiele und ich bin mir sicher, dass wir da punkten werden", sagte Keeper Timo Horn trotzig. Am Dienstag müssen die Kölner gegen den direkten Konkurrenten Eintracht Frankfurt ran.