Seit dem bitteren 0:3 gegen Frankfurt hat Gisdol viel verändert. Seine Maßnahmen fruchteten. Bruchhagen will gegen Ex-Club jubeln.

Hamburg. Wenn Markus Gisdol in Erinnerungen an das Hinspiel gegen Eintracht Frankfurt schwelgt, wirkt er nachdenklich und hoch konzentriert. „Es war eine wertvolle, aber schmerzhafte Erfahrung“, sagt der Trainer heute über die womöglich schlechteste Saisonleistung des HSV. 0:3 gingen die Hamburger im Volksparkstadion unter. Dabei sollte die Partie als Startschuss für die Wende einer bis dahin verkorksten Saison dienen.

Der mit viel Hype vom FC Barcelona verpflichtete Alen Halilovic durfte bei der Klatsche gegen Frankfurt erstmals von Beginn an ran. Nach 45 Minuten erlöste Gisdol den glücklosen Edeltechniker. Es sollte sein einziger Startelf-Einsatz beim HSV bleiben. „Die Niederlage hatte uns in vielen Bereichen die Augen komplett geöffnet. Sie hat uns geholfen, unsere Analysen schonungslos zu machen.“

Als erste Konsequenz spielte der für den Abstiegskampf für untauglich erklärte Halilovic keine Rolle mehr. Dann bekräftigte Gisdol, dass die Erwartungshaltung im Verein überzogen sei, und stellte klar, dass es einzig und allein um den Klassenerhalt gehe. Zwei deutliche Pleiten gegen Köln (0:3) und Dortmund (2:5) später machte der Coach Sakai zum Kapitän und stellte neue Regeln (verpflichtender Deutschunterricht für ausländische Profis im Stadion, Anwesenheitspflicht, gemeinsames Mittagessen, längere Pflege nach den Spielen) für die Spieler auf. „Seit dem ist sehr viel passiert“, betont Gisdol, dessen Maßnahmen gefruchtet haben.

Gisdol freut sich über neue Situation im Abstiegskampf

In den darauffolgenden 14 Spielen holte der HSV 24 Punkte. Nach den ersten zehn Spieltagen waren es mickrige zwei Zähler. „Wir haben unser Gesicht zu 100 Prozent verändert“, so Gisdol. Inzwischen ist der HSV nicht mehr abgeschlagener Tabellenletzter, sondern mittendrin im Abstiegskampf, an dem die halbe Liga teilnimmt. „Die Bundesliga ist bis auf den Meistertitel, der den Bayern wohl nicht mehr zu nehmen ist, extrem spannend geworden“, sagt Gisdol, der mit seiner Mannschaft nur fünf Punkte Rückstand auf die zehntplatzierten Leverkusener hat. „Das Feld ist unten noch einmal dicht zusammengerückt.“

Der HSV holte in der Rückrunde schon genauso viele Punkte wie in der Hinserie
Der HSV holte in der Rückrunde schon genauso viele Punkte wie in der Hinserie © WITTERS | TimGroothuis

Dass sich der HSV überhaupt wieder an die Nichtabstiegsplätze herangekämpft hat, ist der starken Rückrunde zu verdanken. 13 Punkte holten die Hamburger in den sieben Spielen nach der Winterpause. Besser waren nur Dortmund (13 Punkte), Gladbach (15 Punkte) und Bayern München (17 Punkte).

Gisdol will nichts vom Frankfurter Negativlauf wissen

Ganz anders sieht die Entwicklung beim kommenden Gegner aus. Frankfurt hat die letzten fünf Bundesligaspiele verloren und steht in der Rückrundentabelle auf dem vorletzten Platz. „Auch wenn ihre Ergebnisse zuletzt negativ waren, haben sie stabil gespielt“, warnt Gisdol davor, die Elf von Ex-HSV-Profi Nico Kovac auf die leichte Schulter zu nehmen. Vor allem bei der zu hoch ausgefallenen 0:3-Niederlage beim FC Bayern am vergangenen Spieltag habe die Eintracht gezeigt, wie gut sie Fußball spielen kann. „Man kann sie nicht nur an den letzten fünf Ergebnissen messen. Es ist nach wie vor eine gute Mannschaft, die vor allem auswärts extrem schwierig zu bespielen ist“, so Gisdol.

Sechs von elf Spielen hat Frankfurt zu Hause gewonnen, der HSV hingegen acht von zwölf Spielen in der Fremde verloren. Vor allem bei den jüngsten Pleiten in Ingolstadt (1:3) und München (0:8) präsentierten sich die Hamburger nicht bundesligatauglich. „Auswärts haben wir bislang zwei Gesichter gezeigt“, stellt Vereins-Boss Heribert Bruchhagen ernüchternd fest und erinnert zugleich an die Partie in Leipzig (3:0). „Ich hoffe, dass die Mannschaft in Frankfurt ihr besseres Gesicht zeigt.“

Bruchhagen will gegen Ex-Club jubeln

14 Jahre arbeitete Bruchhagen bei der Eintracht in verschiedenen Funktionen. Auch wenn das Duell am Sonnabend (18.30 Uhr im Abendblatt-Liveticker) für ihn ein besonderes Spiel sei, wolle er sich nicht zurückhalten, sollte es Grund zum Jubeln geben. „Selbstverständlich würde ich jubeln, wenn wir dort erfolgreich sein werden“, stellt Bruchhagen klar, der von dem vor allem unter Fußballspielern verbreiteten Ritual, sich über Tore gegen seinen Ex-Club still zu freuen, nicht viel hält.

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HSV-Boss Bruchhagen: Ich würde gegen Frankfurt jubeln

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    Als Erfolg würde der HSV bereits einen Punktgewinn bezeichnen. „Wenn es uns gelingt, etwas aus Frankfurt mitzunehmen, und sei es nur ein Punkt, wäre das eine großartige Sache“, meint Gisdol, der wieder auf den zuletzt grippegeschwächten Nicolai Müller zurückgreifen kann. „Er wird auf jeden Fall im Kader stehen. Ob es für mehr reicht, werden wir sehen.“ Gisdol lässt sich nicht in die Karten schauen und hat angeblich auch Bruchhagen trotz seiner Frankfurter Vergangenheit noch nicht nach Tipps über die Hessen gefragt. Die wichtigsten Schlüsse hat Gisdol ohnehin bereits Ende Oktober gezogen – nach dem Hinspiel-Debakel gegen die Eintracht.