Hamburg. Müller hat gegen Hertha lange auf die Führung gedrückt, gebracht hat sie ein anderer. Warum Gisdol künftig alle Mütter einladen will.

Mit seinem ersten Bundesligator beschert Albin Ekdal dem HSV drei Punkte im Abstiegskampf. Zuvor hatte Nicolai Müller lange auf die Führung gegen Hertha BSC gedrückt, auf die die Fans im Volksparkstadion bis zur 77. Minute warten mussten. In der kommenden Woche kann der HSV beim Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach (ebenfalls ab 17.30 Uhr auf Sky und abendblatt.de) einen weiteren großen Schritt aus dem Tabellenkeller machen, ehe im Saisonverlauf auch noch Duelle gegen direkte Konkurrenten anstehen.

"Es war ein sehr wichtiger Sieg", sagte Sportdirektor Jens Todt: "Wir haben den Anschluss wieder gefunden. Wir wollen das Volksparkstadion wieder zu einer Festung machen."

Dardai: "HSV war einen Tick aggressiver"

"Es ist ein sehr schönes Gefühl, das erste Bundesligator zu erzielen – gerade in so einer wichtigen Phase", sagte Albin Ekdal ganz benommen. Nicolai Müller, der es verpasste, seinen starken Auftritt mit einem Treffer zu belohnen, sagte nach der der Partie: "Wir wollten das Spiel der Hertha unterbinden. Man hat gespürt, dass wir dran sind. Haben nicht aufgegeben." Torhüter René Adler ergänzte: „Das fühlt sich gut an, dass wir uns belohnt haben, für den Aufwand, den wir betreiben. Wir haben es sehr gut gemacht. Die Hertha hatte keine richtige Torchance.“

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Hertha-Trainer Pal Dardai war nach dem Spiel bedient, mit seiner Kritik am Team hielt er sich eine Woche vor dem Schlager gegen Borussia Dortmund im Berliner Olympiastadion aber zurück. „Natürlich bin ich enttäuscht, wir hatten vier, fünf Riesenmöglichkeiten. Aber die Konter saßen nicht. Das Tor war unnötig, der HSV war einen Tick aggressiver. Das muss man akzeptieren - Gratulation“, sagte der Ungar bei Sky. Das Lob nahm Trainer Markus Gisdol nur verhalten an. "Das war ein hartes Stück Arbeit heute. Dass es kein Feuerwerk wird, war uns vorher klar", sagte der HSV-Trainer nach dem Spiel und hatte noch einen Vorschlag:

Durch das 1:0 (0:0) gegen Europapokal-Aspirant Hertha BSC schloss das zuletzt so gebeutelte Team von Markus Gisdol nach Punkten zum Nord-Rivalen VfL Wolfsburg auf, der als 15. auf dem ersten Nicht-Abstiegsplatz steht. Ekdal verlängerte mit seinem Treffer in der 77. Minute die Auswärts-Misere der Berliner, die seit fünf Ligaspielen nicht mehr auf fremden Plätzen punkten konnten.

HSV von Beginn an mutig

Von Nachwirkungen des 0:8-Debakels in München und dem Pokal-Aus gegen Borussia Mönchengladbach war beim HSV nichts zu sehen. Die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol war von Beginn an höchst engagiert und mutig bei der Sache. Der Coach hatte nach der 1:2-Niederlage im Pokal gegen Gladbach auf zwei Positionen gewechselt. Er ersetzte den verletzten Innenverteidiger Mergim Mavraj durch Gideon Jung, Johan Djourou saß wegen eines Infektes nur auf der Bank. Schiedsrichter der Partie im Volksparkstadion war Dr. Felix Brych. Seine Assistenten an den Seitenlinien waren Mark Borsch und Stefan Lupp. Vierter Offizieller war Florian Heft.

Die auswärts zuletzt harmlosen Berliner forderten die HSV-Defensive im 250. Bundesligaspiel von Hertha-Kapitän Vedad Ibisevic in der ersten Halbzeit nur selten. Stattdessen war die Gäste-Abwehr vor allem in der ersten halben Stunde häufiger gefragt, auch wenn es nur zwei kritische Situationen im Hertha-Strafraum gab.

HSV siegt im Volkspark gegen Hertha BSC

Die erste Chance: Bobby Wood treibt die Kugel nach vorn
Die erste Chance: Bobby Wood treibt die Kugel nach vorn © Witters | Frank Peters
Nicolai Müller hatte den Führungstreffer bereits in der 19. Minute auf dem Fuß
Nicolai Müller hatte den Führungstreffer bereits in der 19. Minute auf dem Fuß © WITTERS | ValeriaWitters
Kyriakos Papadopoulos macht sich bei Gideon Jung kurz frisch
Kyriakos Papadopoulos macht sich bei Gideon Jung kurz frisch © WITTERS | ValeriaWitters
Neu-Hamburger Walace im Zweikampf mit Vladimir Darida
Neu-Hamburger Walace im Zweikampf mit Vladimir Darida © WITTERS | ValeriaWitters
Papadopoulos überragt alle. Der HSV schlägt Hertha mit 1:0
Papadopoulos überragt alle. Der HSV schlägt Hertha mit 1:0 © WITTERS | ValeriaWitters
Lewis Holtby ist für Genki Haraguchi nicht einzuholen
Lewis Holtby ist für Genki Haraguchi nicht einzuholen © WITTERS | FrankPeters
Gideon Jung kann der Kugel nur hinterherschauen
Gideon Jung kann der Kugel nur hinterherschauen © WITTERS | FrankPeters
Endlich das 1:0: Albin Ekdal jubelt über seinen ersten Bundesligatreffer
Endlich das 1:0: Albin Ekdal jubelt über seinen ersten Bundesligatreffer © Witters
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Nach einem Zweikampf zwischen Marvin Plattenhardt und Aaron Hunt entschied Schiedsrichter Felix Brych nicht auf Elfmeter (15.). Kurz darauf passte Hunt maßgerecht auf Nicolai Müller, der allein vor Hertha-Torwart Rune Jarstein am blitzartig reagieren Norweger scheiterte (19.). Insgesamt versäumten es die Hanseaten in der ersten Hälfte einmal mehr, sich für ihren Aufwand zu belohnen. Kurz vor der Pause hatte der bereits verwarnte Niklas Stark Glück, dass er nach einem Einsteigen gegen HSV-Stürmer Bobby Wood nicht vorzeitig vom Platz musste. Trainer Pal Dardai nahm Stark kurz nach Beginn der zweiten Hälfte vorsichtshalber vom Feld.

Adler war praktisch nicht gefordert

Die Hamburger blieben auch nach Wiederbeginn die aktivere Mannschaft, ohne sich aber zunächst zwingende Möglichkeiten zu erarbeiten. Insgesamt verflachte das Niveau zusehends, auch weil von den Berlinern weiterhin offensiv trotz aller Bemühungen kaum etwas zu sehen war. HSV-Torwart René Adler war praktisch nicht gefordert, seine Kollegen konnten sich ihrerseits kaum noch einmal gegen die kompakt stehenden Berliner durchsetzen. Mit einem Schuss von Müller hatte Jarstein diesmal weniger Mühe (64.).

Die erste wirklich gute Hertha-Möglichkeit vergab bei einem Konter Jubilar Ibisevic fahrlässig durch einen ungenauen Pass (67.). Ein von Kyriakos Papadopoulos noch abgefälschter Schuss von Vladimir Darida zischte knapp am Tor vorbei - Adler hätte keine Chance gehabt (75.). Wenig später durften die nur 44.445 Zuschauer endlich jubeln, als Ekdal nach Zuspiel von Hunt direkt zum insgesamt gerechten Erfolg traf.

Gisdol bekennt sich zum HSV – auch bei Abstieg

Indes hat Trainer Markus Gisdol vor Beginn der Partie seine Bereitschaft signalisiert, auch im Falle eines Abstiegs über den Sommer hinaus beim HSV zu bleiben. „Wenn man solche Gespräche führt, müssen sie klassenunabhängig sein“, sagte der 47-Jährige am Sonntag beim TV-Sender Sky. „Es gibt Signale von beiden Seiten, die eindeutig sind“, sagte der Coach. Als er Vorgänger Bruno Labbadia im September 2016 ablöste, hatte er auf eigenen Wunsch nur einen Vertrag bis zum Sommer unterzeichnet.

Sportchef Jens Todt wollte in der Halbzeit der Partie zwar nichts zum aktuellen Stand der Gespräche sagen, betonte aber: „Wir sind total überzeugt von der Arbeit des Trainerteams.“ Zu einem möglichen Verbleib von Gisdol auch in der 2. Liga meinte Todt: „Wir können uns das sehr gut vorstellen.“

HSV-Ultras auf St. Pauli gestoppt

Vor dem Spiel sind am Paulinenplatz auf St. Pauli etwa 50 bis 60 Ultras des HSV gestoppt worden, die offenbar durch St. Pauli marschieren wollten. Nach Reporterberichten hielten Polizisten die Extrem-Fans auf und begleiteten sie zum S-Bahnhof Holstenstraße. Es gab vereinzelt verbale Attacken. "Wir waren mit zahlreichen Einsatzkräften vor Ort, um Konfrontationen mit St.-Pauli-Anhängern zu vermeiden", sagte ein Polizeisprecher dem Abendblatt. Es sei jedoch friedlich geblieben. Auch am Stintfang oberhalb der Landungsbrücken sammelten sich fast zeitgleich ebenfalls etwa 70 Personen aus dem Ultra-Spektrum.

Unterdessen war den Spaziergängern an der Hamburger Außenalster am Mittag aufgefallen, dass das Team von Markus Gisdol dort flanierte, um sich vor der Fahrt ins Volksparkstadion die Beine zu vertreten. Offenbar eine gute Idee.