Hamburg. Kein Club verursacht und verschießt so viele Elfmeter und produziert so viele Platzverweise wie der HSV. Doch es gibt auch Lichtblicke.

Der Duden kann kein Hamburger sein. Denn glaubt man dem Standardwerk der deutschen Sprache – und wer tut das nicht? –, dann gibt es weder das Wort „unclever“ und schon gar nicht „die Uncleveren“. Beim Wörtchen „clever“ hat der liebe Duden dagegen keine Einwände: clever, Adjektiv, Herkunft ungeklärt, heißt es dort. Ungeklärt bleibt in dem Nachschlagewerk allerdings auch, wie man denn bitte schön die Geschehnisse des Mittwochabends im Volkspark zwischen 19.47 Uhr und 19.52 Uhr bezeichnen soll: ungeschickt, ungünstig, unerfreulich – das alles würde passen. Wir aber bleiben beim Nichtwort: unclever.

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„Natürlich haben wir uns mal wieder ziemlich unclever angestellt“, sagte nach der 1:2-Pokalniederlage gegen Mönchengladbach auch Aaron Hunt, dem aber glücklicherweise noch ein dudenkompatibles Wort einfiel: „Heute war es auch etwas unglücklich.“ Zwei Strafstöße in nur einem Spiel verursacht, das schafft tatsächlich: nur der HSV. „Das sind definitiv zu viele, die wir bekommen. Das wissen wir selbst.“

Matz ab nach dem Pokal-Aus gegen Gladbach

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    Gisdol will sich „schnell rausarbeiten“

    Denn natürlich wussten auch alle beim HSV, dass die beiden durch Mergim Mavraj und Matthias Ostrzolek verursachten Strafstöße der sogenannte Knackpunkt des Spiels waren. „Die Elfmeter waren spielentscheidend“, gab kurz nach der Partie HSV-Trainer Markus Gisdol unumwunden zu, der sich trotz insgesamt neun verursachten Strafstößen, zwei verschossenen Elfmetern und fünf Platzverweisen in dieser Saison mit dem Begriff „unclever“ schwertat. Und das nicht mal aus germanistischen Beweggründen.

    Einzelkritik: Holzfäller Mavraj

    „Wir müssen uns aus dieser Geschichte schnell rausarbeiten“, sagte Gisdol, der vor dem wichtigen Bundesliga-Heimspiel gegen Hertha BSC am Sonntag als Laienpsychologe überzeugte, indem er den Scheinwerfer auf das Positive (gut gespielt) lenkte und keinesfalls das Negative (dumm angestellt) in den Vordergrund rückte.

    Nur zwei Hessen sind noch schlechter

    Doch schlechte Nachrichten bleiben schlechte Nachrichten – auch fernab des grellen Scheinwerferlichts. Schlechte Nachricht Nummer eins: Der HSV verursachte neun Strafstöße durch acht unterschiedliche Spieler – nur Schlusslicht Darmstadt gewährte seinen Gegnern noch einen Versuch mehr aus elf Metern. Schlechte Nachricht Nummer zwei: Der HSV machte es auch nicht besser auf der Gegenseite. Zweimal bekamen die Hamburger einen Strafstoß zugesprochen, beide Male verschossen Johan Djourou und Aaron Hunt. Und weil neben aller guten auch aller schlechten Dinge drei sind, an dieser Stelle auch noch die schlechte Nachricht Nummer drei: Fünf Platzverweise in der laufenden Saison wird mit fünf Roten und einer Gelb-Roten Karte auch nur noch durch Eintracht Frankfurt unterboten. Viel uncleverer geht es nun wirklich nicht.

    Freude über Wood und Papadopoulos

    Ziemlich clever wäre es dagegen, wenn man zukünftig neben weiteren Platzverweisen nicht nur auf das Verursachen und Verschießen von Strafstößen verzichten würde, sondern auch spielerisch ähnlich zu gefallen wüsste wie beim unglücklichen 1:2 gegen Gladbach. „Wir haben so gespielt, wie man gegen Gladbach spielen muss“, sagte Trainer Gisdol, der sich besonders über die gelungenen Comebacks von Bobby Wood und Kyriakos Papadopoulos freute: „Das sind Schlüsselspieler für uns, die uns einfach guttun.“

    Besonders Papadopoulos, der einer der ganz wenigen Hamburger ist, der in dieser Spielzeit noch keinmal vom Platz geflogen ist und auch keinen Strafstoß verursacht oder verschossen hat, wusste bei seinem ersten Einsatz nach seiner Schulterverletzung zu überzeugen. „Papa hat eine sehr wohltuende Art. Er ist auch in der Kabine genau so, wie er auf dem Platz rüberkommt: absolut positiv und besonders emotional“, lobte Todt, der bei aller Zufriedenheit allerdings klarstellte, dass über Papadopoulos’ auslaufenden Leihvertrag erst im Falle des Klassenerhalts verhandelt wird: „Bevor wir mit den Spielern sprechen, sollten sie auch wissen, in welcher Liga wir spielen.“

    Todt springt Mavraj zur Seite

    Klingt clever – und damit fällt ein nahtloser Übergang zu Papadopoulos’ Abwehrkollegen Mavraj schwer. Denn dem normalerweise so zuverlässigen Albaner ist es in erster Linie zu verdanken, dass sich der HSV vor dem Heimspiel gegen Hertha BSC eine sprachwissenschaftliche Diskussion um das Wort „unclever“ stellen muss. In München kamen Mavraj und sein linkes Bein gegen Thomas Müller zu spät. Unclever – zumindest aber ungeschickt. Und gegen Gladbach: wieder Mavraj, wieder das linke Bein, wieder zu spät. Wieder ungeschickt. Und ganz sicher auch wieder ziemlich unclever – selbst wenn Sportchef Jens Todt eine ganz andere Sichtweise hat. Ob Mavraj vor dem Elfmeterpfiff nicht einfach zu langsam gewesen wäre, fragte am Morgen danach einer. „Nein“, antwortete Todt ganz schön clever. „Der andere war einfach zu schnell.“

    Bilder vom Spiel gegen Gladbach:

    Pokal-Aus für den HSV nach "Elfmeterschießen"

    Bobby Wood hatte in der ersten Hälfte das 1:0 gegen Glabdach auf dem Fuß
    Bobby Wood hatte in der ersten Hälfte das 1:0 gegen Glabdach auf dem Fuß © dpa | Daniel Reinhardt
    Der US-Stürmer trauert seiner vergebenen Chance hinterher
    Der US-Stürmer trauert seiner vergebenen Chance hinterher © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
    Im Volksparkstadion hat nur Gladbach Grund zum Jubeln. Stindl stürmt in die Gäste-Fankurve nach seinem verwandelten Elfmeter zum 1:0
    Im Volksparkstadion hat nur Gladbach Grund zum Jubeln. Stindl stürmt in die Gäste-Fankurve nach seinem verwandelten Elfmeter zum 1:0 © dpa | Daniel Reinhardt
    Der Kapitän zeigte keine Nerven bei der Ausführung. Gladbach gewinnt 2:1 im Pokal-Viertelfinale
    Der Kapitän zeigte keine Nerven bei der Ausführung. Gladbach gewinnt 2:1 im Pokal-Viertelfinale © imago/Oliver Hardt
    Enttäuschte Gesichter beim HSV nach zwei Elfmetern in Folge
    Enttäuschte Gesichter beim HSV nach zwei Elfmetern in Folge © imago/Oliver Hardt
    Bobby Woods Tor im DFB-Pokal gegen Gladbach kam zu spät. Dennoch unterstrich die Szene seine ganze Klasse
    Bobby Woods Tor im DFB-Pokal gegen Gladbach kam zu spät. Dennoch unterstrich die Szene seine ganze Klasse © WITTERS | TimGroothuis
    Prominenter Tribünengast: Ex-HSV-Kapitän Rafael van der Vaart mit Sohn Damian neben Aufsichtsrat Karl Gernandt
    Prominenter Tribünengast: Ex-HSV-Kapitän Rafael van der Vaart mit Sohn Damian neben Aufsichtsrat Karl Gernandt © WITTERS | TimGroothuis
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    Nicolai Müllers Seitfallzieher verfehlte sein Ziel © imago/Nordphoto
    Papadopoulos verfolgt Raffael in seiner unnachahmlichen Art
    Papadopoulos verfolgt Raffael in seiner unnachahmlichen Art © REUTERS | FABIAN BIMMER
    Nicolai Müller im Luftduell gegen Jonas Hofmann
    Nicolai Müller im Luftduell gegen Jonas Hofmann © WITTERS | TimGroothuis
    Gotoku Sakai (l.) und Albin Ekdal wollen Raffael gemeinsam stoppen
    Gotoku Sakai (l.) und Albin Ekdal wollen Raffael gemeinsam stoppen © REUTERS | FABIAN BIMMER
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    Lewis Holtby überzeugt erneut durch sein hohes Laufpensum © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
    Mavraj hält Raffael in Schach
    Mavraj hält Raffael in Schach © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
    Aaron Hunt ist einer der Aktivposten im HSV-Spiel
    Aaron Hunt ist einer der Aktivposten im HSV-Spiel © dpa | Christian Charisius
    Bobby Wood ist nach seinen überstandenen Oberschenkelproblemen zurück in die Startelf beim HSV gekehrt
    Bobby Wood ist nach seinen überstandenen Oberschenkelproblemen zurück in die Startelf beim HSV gekehrt © WITTERS | TayDucLam
    Abwehrchef Mergim Mavraj hat Patrick Herrmann im Griff
    Abwehrchef Mergim Mavraj hat Patrick Herrmann im Griff © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
    Bobby Wood ist das Herzstück der HSV-Offensive
    Bobby Wood ist das Herzstück der HSV-Offensive © WITTERS | TayDucLam
    Die HSV-Fans überzeugten schon vor dem Anpfiff mit einer tollen Choreografie
    Die HSV-Fans überzeugten schon vor dem Anpfiff mit einer tollen Choreografie © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
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