Papadopoulos wendet sich mit emotionaler Ansprache an die Mannschaft. Gisdol liest seinen Spielern den offenen Brief der Fans vor.

Hamburg. Kurz vor Schluss durften die HSV-Fans doch noch jubeln. Bobby Wood (90.+2) nahm einen weiten Abschlag von Torhüter René Adler stark mit, setzte sich gegen Verteidiger Andreas Christensen durch und traf mit einem platzierten Linksschuss ins Eck. Doch die Freude der eigenen Anhänger fiel verhalten aus. Denn die Hamburger lagen zu diesem Zeitpunkt nach zwei Elfmetergegentoren bereits 0:2 zurück. Dass die 1:2-Niederlage im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen Borussia Mönchengladbach vermeidbar war, sah man in den enttäuschten Gesichtern der HSV-Spieler.

"Es ist ein unglückliches Ende", klagte Sportchef Jens Todt nach dem geplatzten Pokaltraum bei Sky. "Es ist wahnsinnig schade, weil wir eine richtig gute Leistung abgerufen haben." Ein Weiterkommen wäre nicht nur sportlich reizvoll, der hoch verschuldete HSV hätte auch auf einen Schlag 2,55 Millionen Euro an Prämien kassiert. "Bis zu den beiden Elfmetern haben wir das Spiel kontrolliert, leider haben wir es anschließend aus der Hand gegeben", so Mittelfeldspieler Aaron Hunt, der im ersten Durchgang an vier von fünf Torschüssen beteiligten war und auf seiner ungewohnten Rolle im linken Mittelfeld zu überzeugen wusste.

Trainer Markus Gisdol seufzte nach der Partie: "Grundsätzlich bin ich mit unserer heutigen Leistung zufrieden. Wir waren ganz nah dran, Gladbach heute zu packen." Der Coach freute sich nach der jüngsten Klatsche von München vor allem über die Unterstützung der Fans, die schon im Vorfeld durch einen offenen Brief bei Facebook einen Schulterschluss angekündigt hatten. "Wir haben den Fanbrief unserer Mannschaft vorgelesen. Das war außergewöhnlich. Wir werden weiter jeden Einzelnen brauchen", sagte Gisdol.

HSV mit starkem Auftakt

Bis zum 0:1 war der HSV die bessere Mannschaft und zeigte von Beginn an, dass er gewillt ist, die 0:8-Schmach von München wettzumachen. Gisdol reagierte vor 53.249 Zuschauern, zu denen auch Ex-Kapitän Rafael van der Vaart gehörte, auf das Debakel beim FC Bayern und nahm gleich fünf Änderungen in der Startelf vor. Der wiedergenesene Kyriakos Papadopoulos (Schulter), Matthias Ostrzolek, Albin Ekdal, Hunt und Bobby Wood rückten neu in die Mannschaft. Johan Djourou (krank), Douglas Santos, Walace und Michael Gregoritsch wurden hingegen aus der ersten Elf verdrängt. Überraschend war vor allem die Nichtnominierung von Filip Kostic, der bislang unter Gisdol stets gesetzt war und lediglich gegen Borussia Dortmund (2:5) auf der Ersatzbank saß.

Einzelkritik: Holzfäller Mavraj

Mit einer defensiv konsequenten Zweikampfführung als Basis spielten die Hamburger vor allem in der Anfangsphase mutig nach vorne. Gladbach-Keeper Yann Sommer musste gleich zu Beginn einmal eingreifen, als er eine scharf vors Tor gezogene Flanke von Aaron Hunt entschärfte (3.). Von einer vermeintlich verunsicherten Mannschaft war nichts zu sehen. Gladbach tat sich schwer mit dem Gisdolschen Pressing.

Nach einem glänzenden Zuspiel von Hunt wäre dann beinahe das 1:0 gefallen, doch Bobby Wood (18.) scheiterte frei stehend aus 14 Metern am glänzend reagierenden Sommer. Die anschließende Ecke köpfte der heranrauschende Kyriakos Papadopoulos (19.) deutlich rechts neben das Tor. Doch auch die Borussia versteckte sich nicht. Ein erster Warnschuss aus der zweiten Reihe von Kapitän Lars Stindl (14.) zischte nur Zentimeter am linken Pfosten vorbei.

Wood auf Müller – vorbei

Tonangebend blieb aber weiter der HSV. Wood versuchte sich diesmal als Vorbereiter und bediente Nicolai Müller, dem die Gladbacher Defensive keine Beachtung schenkte. Doch sein Volley-Seitfallzieher war zu hoch angesetzt (23.). "Der HSV hat in den ersten 25 Minuten richtig Alarm gemacht. Wir hatten große Probleme", gestand Gäste-Trainer Dieter Hecking. "Wir hätten vielleicht in Führung gehen müssen", trauerte Hunt den vergebenen Chancen nach.

Nach einer knappen halben Stunde verlor der HSV etwas den Faden, während die Gäste stärker wurden. Die beste Chance vergab Stindl (38.), der aus fünf Metern noch leicht abgefälscht von Papadopoulos vorbeischoss. Zuvor hatte Christoph Kramer mit Wood und Hunt gleich zwei Hamburger an der Grundlinie abgeschüttelt.

HSV im DFB-Pokal gegen Gladbach

Bobby Wood hatte in der ersten Hälfte das 1:0 gegen Glabdach auf dem Fuß
Bobby Wood hatte in der ersten Hälfte das 1:0 gegen Glabdach auf dem Fuß © dpa | Daniel Reinhardt
Der US-Stürmer trauert seiner vergebenen Chance hinterher
Der US-Stürmer trauert seiner vergebenen Chance hinterher © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
Im Volksparkstadion hat nur Gladbach Grund zum Jubeln. Stindl stürmt in die Gäste-Fankurve nach seinem verwandelten Elfmeter zum 1:0
Im Volksparkstadion hat nur Gladbach Grund zum Jubeln. Stindl stürmt in die Gäste-Fankurve nach seinem verwandelten Elfmeter zum 1:0 © dpa | Daniel Reinhardt
Der Kapitän zeigte keine Nerven bei der Ausführung. Gladbach gewinnt 2:1 im Pokal-Viertelfinale
Der Kapitän zeigte keine Nerven bei der Ausführung. Gladbach gewinnt 2:1 im Pokal-Viertelfinale © imago/Oliver Hardt
Enttäuschte Gesichter beim HSV nach zwei Elfmetern in Folge
Enttäuschte Gesichter beim HSV nach zwei Elfmetern in Folge © imago/Oliver Hardt
Bobby Woods Tor im DFB-Pokal gegen Gladbach kam zu spät. Dennoch unterstrich die Szene seine ganze Klasse
Bobby Woods Tor im DFB-Pokal gegen Gladbach kam zu spät. Dennoch unterstrich die Szene seine ganze Klasse © WITTERS | TimGroothuis
Prominenter Tribünengast: Ex-HSV-Kapitän Rafael van der Vaart mit Sohn Damian neben Aufsichtsrat Karl Gernandt
Prominenter Tribünengast: Ex-HSV-Kapitän Rafael van der Vaart mit Sohn Damian neben Aufsichtsrat Karl Gernandt © WITTERS | TimGroothuis
Nicolai Müllers Seitfallzieher verfehlte sein Ziel
Nicolai Müllers Seitfallzieher verfehlte sein Ziel © imago/Nordphoto
Papadopoulos verfolgt Raffael in seiner unnachahmlichen Art
Papadopoulos verfolgt Raffael in seiner unnachahmlichen Art © REUTERS | FABIAN BIMMER
Nicolai Müller im Luftduell gegen Jonas Hofmann
Nicolai Müller im Luftduell gegen Jonas Hofmann © WITTERS | TimGroothuis
Gotoku Sakai (l.) und Albin Ekdal wollen Raffael gemeinsam stoppen
Gotoku Sakai (l.) und Albin Ekdal wollen Raffael gemeinsam stoppen © REUTERS | FABIAN BIMMER
Lewis Holtby überzeugt erneut durch sein hohes Laufpensum
Lewis Holtby überzeugt erneut durch sein hohes Laufpensum © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
Mavraj hält Raffael in Schach
Mavraj hält Raffael in Schach © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Aaron Hunt ist einer der Aktivposten im HSV-Spiel
Aaron Hunt ist einer der Aktivposten im HSV-Spiel © dpa | Christian Charisius
Bobby Wood ist nach seinen überstandenen Oberschenkelproblemen zurück in die Startelf beim HSV gekehrt
Bobby Wood ist nach seinen überstandenen Oberschenkelproblemen zurück in die Startelf beim HSV gekehrt © WITTERS | TayDucLam
Abwehrchef Mergim Mavraj hat Patrick Herrmann im Griff
Abwehrchef Mergim Mavraj hat Patrick Herrmann im Griff © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Bobby Wood ist das Herzstück der HSV-Offensive
Bobby Wood ist das Herzstück der HSV-Offensive © WITTERS | TayDucLam
Die HSV-Fans überzeugten schon vor dem Anpfiff mit einer tollen Choreografie
Die HSV-Fans überzeugten schon vor dem Anpfiff mit einer tollen Choreografie © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
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HSV kassiert zwei Elfmetertore

Nach einer guten ersten Halbzeit passten die Hanseaten nach dem Seitenwechsel zweimal nicht auf und gerieten ins Hintertreffen. Zunächst verwandelte Kapitän Lars Stindl (53.) einen Foulelfmeter souverän unten rechts, nachdem zuvor Abwehrchef Mergim Mavraj Rechtaußen Patrick Herrmann etwas tölpelhaft im Strafraum zu Fall gebracht hatte, sodass Schiedsrichter Marco Fritz gar keine andere Wahl blieb, als auf den Punkt zu zeigen.

Verunsichert vom unnötigen Rückstand langten die Hamburger kurz darauf ein zweites Mal regelwidrig im Sechszehner hin. Diesmal stellte Matthias Ostrzolek Jonas Hofmann ein Bein. Vorausgegangen war eine starke Parade von René Adler gegen Stindl, der aus zehn Metern ohne Bedrängnis zum Abschluss kam. Der Abpraller landete bei Hofmann, der in dieser Szene schlichtweg entschlossener zum Ball ging als Ostrzolek. Hecking schickte beim zweiten Strafstoß Raffael (61.) zur Ausführung, der Adler durch einen Schuss ins linke obere Eck keine Abwehrchance ließ.

Prämien im DFB-Pokal

1. Runde

155.000 Euro

2. Runde

310.000 Euro

Achtelfinale

630.000 Euro

Viertelfinale

1.265.000 Euro

Halbfinale

2.550.000 Euro

Finaleinzug

Nicht bekannt, aber mehr als 2,5 Millionen Euro

Pokalsieg

Nicht bekannt, aber mehr als 3,5 Millionen Euro

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HSV gab sich nicht auf

Für den HSV spricht, dass er sich nach dem Doppelschlag nicht hängen ließ. Die Hamburger bäumten sich in der Schlussphase noch einmal auf und hatten durch Mavraj (63.) die Möglichkeit, den Rückstand zu verkürzen. Der Albaner köpfte einen Müller-Freistoß aus dem rechten Halbfeld haarscharf vorbei.

Die beste Chance auf den Anschlusstreffer vergab Aaron Hunt (82.), der Christoph Kramer mit zwei geschickten Haken schwindlig spielte, aber doch noch vom eingewechselten Tobias Strobl abgeblockt wurde. "Wir hatten genügend Chancen, das Spiel noch zu drehen", monierte Hunt.

Doch Raffael (67.) hätte die Partie auch schon früher für Gladbach entscheiden können. Der Brasilianer verzog jedoch aus aussichtsreicher Position komplett und traf nur die Eckfahne.

Papadopoulos mit emotionaler Rede

Trotz einer deutlichen Leistungssteigerung im Vergleich zur Pleite bei den Bayern steht unter dem Strich die zweite Niederlage in Serie. Der HSV kann sich nach dem Pokal-Aus komplett auf den Abstiegskampf in der Bundesliga konzentrieren und steht am Sonntag vor einem wichtigen Heimspiel gegen Hertha BSC (17.30 Uhr im Abendblatt-Liveticker). Viel Zeit, der verpassten Chance auf ein mögliches Pokal-Halbfinale nachzutrauern, bleibt also nicht.

Direkt nach dem Schlusspfiff war das vor allem Papadopoulos klar, der im Mannschaftskreis mit einer emotionalen Ansprache auf seine Kollegen einredete und dafür Applaus bekam. „Papa war richtig böse. Aber er hat gesagt, dass die Gladbacher ja schon nächste Woche wieder hierherkommen müssen“, sagte Kapitän Gotoku Sakai.

"Papa" gibt die Richtung und die Einsatzbereitschaft vor – und die soll im nächsten Heimspiel mit drei Punkten belohnt werden. "Wenn wir mit der Leistung weitermachen, punkten wir auch in der Liga", so Gisdol. Dann würde der Volkspark auch wieder lauter bei einem eigenen Treffer jubeln.

Die Statistik

HSV: Adler - Gotoku Sakai, Papadopoulos, Mavraj, Ostrzolek - Ekdal, Gideon Jung (71. Walace) - Nicolai Müller (70. Kostic), Holtby, Hunt - Wood. - Trainer: Gisdol

Gladbach: Sommer - Jantschke, Christensen, Vestergaard, Wendt - Kramer, Dahoud (82. Strobl) - Herrmann, Hofmann (76. Johnson) - Raffael (86. Hahn), Stindl. - Trainer: Hecking

Schiedsrichter: Marco Fritz (Korb)

Tore: 0:1 Stindl (53., Foulelfmeter), 0:2 Raffael (61., Foulelfmeter), 1:2 Wood (90.+2)

Zuschauer: 53.249

Gelbe Karte: Herrmann