Hamburg. Nach dem Aus im Pokal lässt Gisdol Strafstöße üben. Sorgen bereitet dem HSV die Anfälligkeit für Fouls im Strafraum.

Während einige HSV-Profis die Köpfe hängen ließen, war einer gar nicht mehr zu bändigen. Kyriakos Papadopoulos ergriff im Mannschaftskreis das Wort mit einer emotionalen Ansprache. Nicht der Trainer, nicht der Kapitän – nein, Papadopoulos trat vor die Mannschaft. Seine Augen funkelten, sein Gesichtsausdruck strotzte vor Siegeswille. Immer wieder fuchtelte er wild mit seinem ausgestreckten Arm um sich und zeigte auf die Spieler der Gäste.

„Papa war schon sauer. Er hat gesagt, dass die in gut einer Woche schon wieder zu uns kommen – und dass wir sie dann schlagen", erklärt Kapitän Gotoku Sakai, der sich zu einer Kampfansage verleiten ließ. "Die haben heute glücklich gewonnen. Nächstes Mal putzen wir sie weg." In zehn Tagen gastiert Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga im Volksparkstadion. Dann will Papadopoulos nicht noch einmal als Verlierer vom Platz gehen. „Das ist Papa wie er leibt und lebt. Er geht voran. Das brauchen wir“, sagte Sportchef Jens Todt bei Sky.

Die Szene untermauert, welchen Stellenwert sich der Grieche binnen kürzester Zeit in der Mannschaft erarbeitet hat. Der Innenverteidiger wird von allen als Führungsspieler akzeptiert. Markus Gisdol nennt ihn nicht ohne Grund eine "Mentalitätsbestie". Papadopoulos reißt die Fans mit, schmeißt sich in jeden Zweikampf als wäre es sein letzter und köpft nahezu jeden hohen Ball aus der Gefahrenzone. Mit seiner vorbildlichen Einstellung lebt er die Werte vor, auf die es im Abstiegskampf ankommt.

Gisdol: So werden wir punkten

Nicht nur deshalb schöpft der HSV trotz der unglücklichen 1:2-Niederlage im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen die "Fohlen" neuen Mut für den Klassenerhalt. "Die Reaktion und Leistung nach dem Bayern-Spiel haben uns gut gefallen", sagte Todt am Donnerstag und attestierte seiner Mannschaft vier Tage nach der 0:8-Klatsche in der Liga gegen Bayern München "ein gutes Spiel".

Auch Trainer Markus Gisdol hob die klare Leistungssteigerung hervor und geht optimistisch in das Heimspiel gegen Hertha BSC am Sonntag (17.30 Uhr/Sky und Abendblatt-Liveticker). "Wenn wir auf diesem Weg weitergehen, können wir auch in der Bundesliga punkten", sagte er. Der HSV steht zurzeit auf dem Relegationsplatz und hat zwei Punkte Rückstand zum Tabellen-15. Werder Bremen.

Pokal-Aus für den HSV nach "Elfmeterschießen"

Bobby Wood hatte in der ersten Hälfte das 1:0 gegen Glabdach auf dem Fuß
Bobby Wood hatte in der ersten Hälfte das 1:0 gegen Glabdach auf dem Fuß © dpa | Daniel Reinhardt
Der US-Stürmer trauert seiner vergebenen Chance hinterher
Der US-Stürmer trauert seiner vergebenen Chance hinterher © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
Im Volksparkstadion hat nur Gladbach Grund zum Jubeln. Stindl stürmt in die Gäste-Fankurve nach seinem verwandelten Elfmeter zum 1:0
Im Volksparkstadion hat nur Gladbach Grund zum Jubeln. Stindl stürmt in die Gäste-Fankurve nach seinem verwandelten Elfmeter zum 1:0 © dpa | Daniel Reinhardt
Der Kapitän zeigte keine Nerven bei der Ausführung. Gladbach gewinnt 2:1 im Pokal-Viertelfinale
Der Kapitän zeigte keine Nerven bei der Ausführung. Gladbach gewinnt 2:1 im Pokal-Viertelfinale © imago/Oliver Hardt
Enttäuschte Gesichter beim HSV nach zwei Elfmetern in Folge
Enttäuschte Gesichter beim HSV nach zwei Elfmetern in Folge © imago/Oliver Hardt
Bobby Woods Tor im DFB-Pokal gegen Gladbach kam zu spät. Dennoch unterstrich die Szene seine ganze Klasse
Bobby Woods Tor im DFB-Pokal gegen Gladbach kam zu spät. Dennoch unterstrich die Szene seine ganze Klasse © WITTERS | TimGroothuis
Prominenter Tribünengast: Ex-HSV-Kapitän Rafael van der Vaart mit Sohn Damian neben Aufsichtsrat Karl Gernandt
Prominenter Tribünengast: Ex-HSV-Kapitän Rafael van der Vaart mit Sohn Damian neben Aufsichtsrat Karl Gernandt © WITTERS | TimGroothuis
Nicolai Müllers Seitfallzieher verfehlte sein Ziel
Nicolai Müllers Seitfallzieher verfehlte sein Ziel © imago/Nordphoto
Papadopoulos verfolgt Raffael in seiner unnachahmlichen Art
Papadopoulos verfolgt Raffael in seiner unnachahmlichen Art © REUTERS | FABIAN BIMMER
Nicolai Müller im Luftduell gegen Jonas Hofmann
Nicolai Müller im Luftduell gegen Jonas Hofmann © WITTERS | TimGroothuis
Gotoku Sakai (l.) und Albin Ekdal wollen Raffael gemeinsam stoppen
Gotoku Sakai (l.) und Albin Ekdal wollen Raffael gemeinsam stoppen © REUTERS | FABIAN BIMMER
Lewis Holtby überzeugt erneut durch sein hohes Laufpensum
Lewis Holtby überzeugt erneut durch sein hohes Laufpensum © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
Mavraj hält Raffael in Schach
Mavraj hält Raffael in Schach © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Aaron Hunt ist einer der Aktivposten im HSV-Spiel
Aaron Hunt ist einer der Aktivposten im HSV-Spiel © dpa | Christian Charisius
Bobby Wood ist nach seinen überstandenen Oberschenkelproblemen zurück in die Startelf beim HSV gekehrt
Bobby Wood ist nach seinen überstandenen Oberschenkelproblemen zurück in die Startelf beim HSV gekehrt © WITTERS | TayDucLam
Abwehrchef Mergim Mavraj hat Patrick Herrmann im Griff
Abwehrchef Mergim Mavraj hat Patrick Herrmann im Griff © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Bobby Wood ist das Herzstück der HSV-Offensive
Bobby Wood ist das Herzstück der HSV-Offensive © WITTERS | TayDucLam
Die HSV-Fans überzeugten schon vor dem Anpfiff mit einer tollen Choreografie
Die HSV-Fans überzeugten schon vor dem Anpfiff mit einer tollen Choreografie © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
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Todt: HSV nicht kaltschnäuzig genug

Das Pokal-Ausscheiden bezeichnete Todt als "sehr ärgerlich". Die Hamburger hatten das Heimspiel gegen die Borussia lange Zeit dominiert, bevor sie durch zwei Elfmeter ins Hintertreffen gerieten. "Leider waren wir nicht kaltschnäuzig genug und es fehlte uns ein wenig das Spielglück", sagte Todt. Kapitän Lars Stindl (53.) und Raffael (61.) trafen für Gladbach vom Punkt. Der HSV-Anschlusstreffer durch Bobby Wood (90.+2) kam zu spät.

Lobend äußerte sich Todt über den offenen Brief, den die Fans vor dem Pokalspiel an die Mannschaft geschrieben hatten. „Die Mannschaft hat wahrgenommen, wie positiv die Fans dem Team gegenüber gestimmt sind. Ein toller Brief“, sagte Todt. Die Fans hatten den Spielern darin trotz der 0:8-Schmach von München ihre Unterstützung zugesichert. Gisdol hatte bereits am Mittwoch verraten, dass der Mannschaft der Brief vorgelesen wurde. „Das war außergewöhnlich. Wir werden weiter jeden Einzelnen brauchen“, sagte der Trainer.

Einzelkritik: Holzfäller Mavraj

Papadopoulos muss sich gedulden

Todt bekräftigte, dass Vertragsgespräche erst geführt würden, wenn der Klassenerhalt geschafft ist oder der Abstieg feststeht. Dies gelte auch für den in allen Belangen überzeugenden Leihspieler Papadopoulos.

Der Grieche suchte am Donnerstagvormittag nur den Kraftraum auf. Die Reservisten absolvierten derweil die letzte öffentliche Trainingseinheit vor dem Hertha-Spiel auf dem Platz. Zum Abschluss wurden Elfmeter geübt.

Darum wollte Papadopoulos zum HSV

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    Elfmeter-Anfälligkeit macht HSV zu schaffen

    Tatsächlich hat der HSV in dieser Saison als einzige Bundesligamannschaft noch keinen Strafstoß verwandelt – einmal scheiterte Johan Djourou (beim 2:1-Sieg gegen Schalke), einmal Aaron Hunt (beim 2:2-Unentschieden gegen Freiburg). Beide Male hatte auch Michael Gregoritsch Ansprüche auf die Ausführung angemeldet, was kein gutes Bild abgab.

    Noch mehr Sorgen bereitet allerdings die Elfmeter-Anfälligkeit des HSV. Beide Gegentore resultierten aus ebenso berechtigten wie dummen Strafstößen. In der Bundesliga haben die Hamburger in dieser Saison bereits sieben Elfmeter gegen sich bekommen, so viele wie keine andere Mannschaft und mehr als in der gesamten Vorsaison (fünf).

    Hecking lobt den HSV

    „Wenn man immer so viele Elfmeter bekommt, ist es natürlich schwer zu gewinnen“, räumte Kapitän Gotoku Sakai ein. "Wenn das zu viel wird, muss man schon aufpassen. Gerade wenn wir so einen gutes Spiel machen und dann einen Elfmeter kassieren – das macht die Sache schwieriger. Daraus müssen wir lernen."

    Neun Elfmeter wettbewerbsübergreifend – "klingt viel", räumte auch Todt ein. Aber er hadere mit dem Pokal-Aus nicht aufgrund der Strafstöße. "Wir haben unsere Chancen nicht genutzt, deswegen gehen wir hier als Verlierer vom Platz." Da war es auch kein Trost, dass der HSV, wie Gladbachs Trainer Dieter Hecking einräumte, lange Zeit den besseren Eindruck machte: „Der HSV hat richtig Alarm gemacht, wir hatten Probleme ins Spiel zu kommen.“

    Markus Gisdol konnte auch zufrieden sein damit, „wie wir das Bayern-Spiel einfach weggedrückt haben. Wenn wir zum richtigen Zeitpunkt die Tore machen, können wir auch die Elfmeter verkraften.“