Hamburg. Gideon Jung und Bobby Wood erzielen die Tore zum umkämpften, aber verdienten 2:0-Sieg im Pokal-Achtelfinale gegen den 1. FC Köln.
Es lief die 86. Minute, als die HSV-Fans nicht mehr an sich halten konnten. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“, stimmte die euphorisierte Menge auf der Nordtribüne im Volksparkstadion an. Wenig später, der 2:0 (1:0)-Sieg gegen den 1. FC Köln und der damit verbundene Einzug ins DFB-Pokal-Viertelfinale (28. Februar/1. März) war perfekt, schallte es auch durch das Stadion: „Oh, wie ist das schön“, sangen die Fans, als sich die Mannschaft nach dem Schlusspfiff bei ihnen bedankte.
Mittendrin in der Jubeltraube stand ein Mann, der die wohl aufregendste Woche seines bisherigen Lebens hinter sich gebracht hatte: Walace Souza Silva, der für zehn Millionen Euro verpflichtete 21 Jahre alte brasilianische Nationalspieler, hatte soeben ein Debüt für den HSV gefeiert, wie er es sich nicht besser hätte vorstellen können.
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Sprechen wollte der schüchterne Neuzugang aus Aberglaube anschließend nicht. Dafür sprachen seine Mitspieler. „Walace ist ein super Spieler. Ich bin beeindruckt, wie schnell er sich hier zurechtgefunden hat“, sagte Torhüter René Adler. „Das Zusammenspiel hat super geklappt. Wir haben uns richtig gut verstanden“, sagte Gideon Jung, der den HSV in Führung geschossen (5.) und das 2:0 von Bobby Wood passgenau vorbereitet hatte (75.).
Schon vor dem Anpfiff waren alle Augen auf den Mann gerichtet, der erst vor einer Woche den Wechsel vom 35 Grad warmen Porto Alegre in das winterliche Hamburg gewagt hatte. Entsprechend groß waren die Zweifel, ob sich der junge Olympiasieger auf seiner ersten Station in Europa schnell werde integrieren können. Außerhalb des Platzes war ihm das schon erstaunlich schnell gelungen.
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Eine eigene Wohnung hat er bereits gefunden, auch die erste Deutschstunde liegt hinter ihm. Und seit Dienstagabend weiß man, dass auch die sportliche Integration schneller zu klappen scheint als gedacht. „Ich habe das im Training schon vermutet“, sagte HSV-Trainer Markus Gisdol, der sich nach dem Spiel bestätigt sah. „Er hat das sehr ordentlich und sehr couragiert gemacht.“ Gisdol lobte aber vor allem die Leistung der gesamten Mannschaft. „Ich hatte vor dem Spiel die eine oder andere Sorge, weil wir so viel verändern mussten. Aber man hat schnell gesehen, dass die Jungs sich finden.“
Walace forderte jeden Ball
Weil Gisdol neben den angeschlagenen Lewis Holtby, Nicolai Müller und Finn Porath (Verdacht auf Bänderriss) auch auf Albin Ekdal verzichten musste, kam Walace zu seinem ersten Pflichtspieleinsatz für den HSV. Und dabei machte er vom Anpfiff weg klar, dass er gar nicht daran denkt, sich mit der Anpassung lange Zeit zu lassen. Walace forderte jeden Ball, baute das Spiel von hinten klug auf und gewann viele Zweikämpfe. An der Seite von Jung spielte er im defensiven Mittelfeld wie ein alter Hase. In der 19. Minute wäre ihm beinahe der erste Assist gelungen, vier Minuten später probierte er es selbst.
Bei der frühen Führung war Walace, der später Gelb-Rot-gefährdet rausmusste, dagegen nur passiver Zuschauer. Wood hatte das Tempo angezogen, Filip Kostic per Hacke für Luca Waldschmidt abgelegt. Dessen verunglückten Abschluss konnte Kölns Keeper Thomas Kessler nur nach vorne abwehren. Jung stand goldrichtig und erzielte aus fünf Metern sein erstes Pflichtspieltor für den HSV (5.). „Schön, dass es endlich mal geklappt hat“, sagte der Torschütze, der hinterher vom DFB zum Spieler des Spiels gewählt wurde.
Vor 45.143 Zuschauern gab dem HSV die frühe Führung richtig Selbstbewusstsein. In den ersten 30 Minuten beherrschten die Hamburger das Spiel wie schon lange nicht mehr. Besonders Aaron Hunt, der nach seinem geplatzten Wechsel in der Winterpause mal wieder auf der Spielmacherposition zum Einsatz kam, spielte groß auf.
„Die vergangenen Wochen waren sehr frustrierend, ich war ja fast schon weg. Umso mehr freue ich mich jetzt über diesen tollen Sieg“, sagte Hunt, der in der zweiten Halbzeit zahlreiche Konter eingeleitet hatte. Einen davon vollendete Wood zur Entscheidung, als er sich gegen Frederik Sörensen behauptete und aus 13 Metern einschob (75.).
Der HSV feierte am Ende den vierten Heimsieg in Folge und den ersten Einzug ins Pokalviertelfinale seit drei Jahren. Damals war ebenfalls nach einem Sieg gegen Köln gegen die Bayern Schluss. Die Auslosung nach den Mittwochabendspielen wird zeigen, ob der HSV auch ernsthaft vom ersten Halbfinale seit 2009 träumen darf. Die Fans taten es bereits. „Europapooookaaal“, sangen sie am Ende angesichts von „nur“ noch drei Siegen bis zum Pokalerfolg – allein der Pokalsieger ist für die Europa League qualifiziert. Man wird ja noch mal träumen dürfen ...