Hamburg. Papadopoulos trifft gegen Leverkusen zum Sieg für den HSV – Adler zurück im Tor, Neuzugang Walace und Santos auf der Bank.

Am Ende war es nur noch Jubel. „Niemals Zweite Liga!“ und „Hey, Hey, hier kommt Hamburg“ gehörten zu den zwei Evergreens, die am späten Freitagabend durch den Volkspark hallten. 1:0 hatte der HSV gerade gegen Leverkusen gewonnen – und dabei ganz nebenbei vor allem den Argentinier Luciano Ezequiel Altman glücklich gemacht.

Die Entscheidung, am Freitagabend in den Volkspark zu kommen, hatte dieser bereits vor einigen Monaten getroffen. Die lange Vorbereitung war notwendig, weil der 34-Jährige nicht aus Barmbek oder Volksdorf anreisen musste, sondern aus Buenos Aires. „Ich bin seit vielen Jahren großer HSV-Fan, war aber noch nie im Stadion. Diesen Traum wollte ich mir nun unbedingt erfüllen“, sagte der Englisch-Übersetzer, der auch Argentiniens ersten und bislang einzigen HSV-Fanclub gegründet hat.

Der „Papa“ muss es richten

HSV gegen Leverkusen – die besten Bilder

Kyriakos Papadopoulos erzielte das Tor des Tages für den HSV gegen Leverkusen
Kyriakos Papadopoulos erzielte das Tor des Tages für den HSV gegen Leverkusen © WITTERS | TimGroothuis
Papadopoulos feierte seinen Treffer ausgelassen gegen seinen Hauptarbeitgeber
Papadopoulos feierte seinen Treffer ausgelassen gegen seinen Hauptarbeitgeber © WITTERS | TimGroothuis
„Papa“ zeigte beim Torjubel demonstrativ auf die Raute. Will er im Sommer überhaupt zurück nach Leverkusen?
„Papa“ zeigte beim Torjubel demonstrativ auf die Raute. Will er im Sommer überhaupt zurück nach Leverkusen? © imago/Oliver Hardt
Alle lechzen nach „Papa“, der die Jubeltraube anführt
Alle lechzen nach „Papa“, der die Jubeltraube anführt © imago/Oliver Hardt
Schlussjubel mit den Fans. Adler sagte nach dem Spiel: „Solche Geschichten schreibt nur der Fußball“
Schlussjubel mit den Fans. Adler sagte nach dem Spiel: „Solche Geschichten schreibt nur der Fußball“ © WITTERS | TimGroothuis
Bobby Wood setzte den Ex-Hamburger Jonathan Tah immer wieder unter Druck
Bobby Wood setzte den Ex-Hamburger Jonathan Tah immer wieder unter Druck © WITTERS | ValeriaWitters
Nicolai Müller war mal wieder einer der Aktivposten beim HSV
Nicolai Müller war mal wieder einer der Aktivposten beim HSV © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
René Adler verdrängte Christian Mathenia im Tor und wurde gleich zum Kapitän ernannt
René Adler verdrängte Christian Mathenia im Tor und wurde gleich zum Kapitän ernannt © WITTERS | TimGroothuis
Denn der etatmäßige Spielführer Gotoku Sakai musste diesmal zuschauen. Der Japaner fehlte gelb-gesperrt
Denn der etatmäßige Spielführer Gotoku Sakai musste diesmal zuschauen. Der Japaner fehlte gelb-gesperrt © WITTERS | TimGroothuis
Nicolai Mueller hat gegen Kevin Kampl und Julian Baumgartlinger in dieser Szene das Nachsehen
Nicolai Mueller hat gegen Kevin Kampl und Julian Baumgartlinger in dieser Szene das Nachsehen © WITTERS | TimGroothuis
Das Spiel war im ersten Durchgang von vielen Fouls geprägt. Lewis Holtby langte besonders häufig hin
Das Spiel war im ersten Durchgang von vielen Fouls geprägt. Lewis Holtby langte besonders häufig hin © WITTERS | ValeriaWitters
Auch Stürmer Bobby Wood fügte sich in das kampfbetonte Spiel nahtlos ein und fällt hier  Jonathan Tah
Auch Stürmer Bobby Wood fügte sich in das kampfbetonte Spiel nahtlos ein und fällt hier Jonathan Tah © WITTERS | TimGroothuis
Nationalspieler Benjamin Henrichs hat Filip Kostic weitestgehend im Griff. Der Serbe kommt nicht mal mehr zu seiner Lieblingsdisziplin: Flanken schlagen
Nationalspieler Benjamin Henrichs hat Filip Kostic weitestgehend im Griff. Der Serbe kommt nicht mal mehr zu seiner Lieblingsdisziplin: Flanken schlagen © WITTERS | ValeriaWitters
Auf der Gegenseite stellte Mergim Mavraj Leverkusens Stürmer Admir Mehmedi in den Schatten
Auf der Gegenseite stellte Mergim Mavraj Leverkusens Stürmer Admir Mehmedi in den Schatten © WITTERS | TimGroothuis
Matthias Ostrzolek hatte die meisten Ballaktionen aller HSV-Spieler im ersten Durchgang. Er spielte überraschend für Douglas Santos
Matthias Ostrzolek hatte die meisten Ballaktionen aller HSV-Spieler im ersten Durchgang. Er spielte überraschend für Douglas Santos © WITTERS | TimGroothuis
Mavraj kommt in dieser Szene zu spät gegen Bayer-Schlussmann Bernd Leno
Mavraj kommt in dieser Szene zu spät gegen Bayer-Schlussmann Bernd Leno © dpa | Axel Heimken
Der Innenverteidiger hatte dabei die große Chance zur Führung
Der Innenverteidiger hatte dabei die große Chance zur Führung © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
Der brasilianische Neuzugang Walace (M.) stand erstmals im Kader – und fror auf der Ersatzbank, denn er kam nicht zum Einsatz
Der brasilianische Neuzugang Walace (M.) stand erstmals im Kader – und fror auf der Ersatzbank, denn er kam nicht zum Einsatz © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Stadionsprecher Lotto King Karl unterhält sich mit dem ehemaligen HSV-Pressesprecher Jörn Wolf, der inzwischen als Teamkoordinator bei Leverkusen fungiert
Stadionsprecher Lotto King Karl unterhält sich mit dem ehemaligen HSV-Pressesprecher Jörn Wolf, der inzwischen als Teamkoordinator bei Leverkusen fungiert © WITTERS | ValeriaWitters
Kennen sich aus der Schweizer Nationalmannschaft: Admir Mehmedi und Johan Djourou, der auf der Bank saß
Kennen sich aus der Schweizer Nationalmannschaft: Admir Mehmedi und Johan Djourou, der auf der Bank saß © WITTERS | ValeriaWitters
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Dass sich die 11.800 Kilometer lange Anreise lohnen sollte, hatte der Südamerikaner in erster Linie einem Südeuropäer zu verdanken: So war es eine Viertelstunde vor Schluss ein Kopfball von Kyriakos „Papa“ Papadopoulos, der nicht nur Altmans Wochenende die vorzeitige Krönung bescherte. Am Ende war der späte, aber hochverdiente 1:0-Sieg des HSV mindestens genauso überraschend für Altman und die restlichen 45.652 Zuschauer wie die wahrscheinlich beste HSV-Leistung seit Monaten.

Über die erste Überraschung des Tages konnte sich Altman dagegen schon vor dem Anpfiff freuen. Nach überstandener Leistenverletzung hatte Trainer Markus Gisdol – sehr zur Freude des weitgereisten Südamerikaners – erstmals wieder René Adler statt Christian Mathenia ins Tor beordert. „Für mich ist Adler immer noch einer der besten Torhüter Deutschlands“, sagte Altman vor der Partie, als er allerdings noch nicht wissen konnte, dass der HSV an diesem Abend auch ganz auf einen Torhüter hätte verzichten können.

Neuzugang Walace (l.) saß wie Douglas Santos auf der Bank
Neuzugang Walace (l.) saß wie Douglas Santos auf der Bank © WITTERS | TimGroothuis

So lautete bereits nach 45 kampfbetonten, aber höhepunktarmen Minuten das offizielle Torschussverhältnis 4:0 für den HSV – wobei sich auch die brasilienlosen Hamburger keine wirklichen Torschusschancen erspielen konnten. Tatsächlich hatte Trainer Gisdol neben Neuzugang Walace mit Linksverteidiger Douglas Santos auch den zweiten Olympiasieger vom Zuckerhut überraschend auf der Bank gelassen, was zumindest beim reisefreudigen Gast auf der Nordtribüne in Block 27 B gut ankam. Argentinier und Brasilianer – das ist kein Geheimnis – verstehen sich seit eh und je in etwa so gut wie Leverkusener und Hamburger seit dem Wechsel von Ex-HSV-Profi Hakan Calhanoglu zu Bayer.

Einzelkritik: Kostic unermüdlich – aber was hatte Holtby denn genommen?

Ohne den am Donnerstag von der Fifa für vier Monate gesperrten Türken fand Leverkusen allerdings überhaupt kein probates Mittel, die gut sortierte HSV-Defensive um den von Bayer ausgeliehenen Abwehrchef Papadopoulos zu überwinden. „Papa alleine ist die Reise wert“, fachsimpelte schon vor dem Tor des Tages Altman, der kurz nach dem Beginn der zweiten Halbzeit fast ein erstes Mal für seinen Trip durch vier Zeitzonen belohnt wurde.

Erst war es Bobby Wood, der einen Pass mit der Hacke von Nicolai Müller nur Zentimeter über das Tor schoss (47.), dann war es Müller selbst, der nach einem gelungenen Konter im letzten Moment vom früheren Hamburger Jonathan Tah geblockt wurde (50.).

Die Doppelchance war der Startschuss einer beeindruckenden Drangphase des HSV, die man in dieser Form schon lange nicht mehr bei Heimspielen gesehen hatte. „Den Volkspark wieder zur Festung machen – heute alles oder nichts!“, stand auf einem Banner, das genau unter Altmans Platz einmal quer über die Nordtribüne ausgerollt war. Und an diesem Freitagabend tendierte das Pendel spätestens in der zweiten Halbzeit klar in Richtung „alles“.

Die Eins rettet die Null

Das erkannte auch Leverkusens unter Druck stehender Trainer Roger Schmidt, der mit Stefan Kießling und Julian Brandt zwei frische Offensivkräfte brachte. Abgesehen von einem Kießling-Kopfball an die Latte kurz vor Schluss warteten allerdings Gaucho-Fan Altman auf der Tribüne und Ex-Bayer-Keeper Adler auf dem Rasen vergeblich auf eine ernsthafte Bayer-Chance. Dabei war es Adler, der beim letzten Heimspiel gegen Leverkusen noch der überragende Mann war und sich am Ende die Abendblatt-Zeile „Die Eins rettet die Null“ redlich verdiente.

Es gehört zu den schönen Geschichten des Fußballs, für die sich auch eine Reise um den halben Erdball lohnt, dass für die Rettung am Freitagabend erneut ein Ex-Leverkusener verantwortlich war. Diesmal war es allerdings statt Torhüter Adler Abwehrkoloss Papadopoulos, der für den hochverdienten Lohn des Abends sorgte. Sein platzierter Kopfball neben den linken Innenpfosten eine Viertelstunde vor Schluss sorgte endgültig dafür, dass ganz Hamburg jubelte – und Altman am Sonntag guten Gewissens zurück gen Heimat fliegen kann.

Gisdol lobt "Papa"

"Ich wusste, was ich mit 'Papa' bekomme. Er hat die richtige Mentalität und ein Kämpferherz", sagte der HSV-Coach über den Griechen. Der 24-Jährige warnte seine neuen Teamkollegen nach der Partie umgehend vor zuviel Euphorie: "Wir haben erst einen Schritt gemacht und dürfen jetzt nicht jubeln. Mein Tor war gar nicht so schwer zu erzielen. Wir müssen jetzt nicht jubeln, sondern weiterarbeiten. Wir haben doch nur einen Schritt gemacht. Ich gebe immer hundert Prozent, egal, gegen wen." Diese Einstellung, so hofft man bei den Norddeutschen, wird "Papa" mehr und mehr in seine neue Mannschaft tragen, in jedem Spiel, in jedem Training. Bislang ein Manko beim HSV, wie Teamkollege Lewis Holtby einräumte. "Wir sind immer erst wirklich da, wenn uns das Messer an der Kehle liegt", sagte der Mittelfeldspieler.

Auch die Gäste haben derzeit keinen Grund zu jubeln, denn der Kontakt zu den internationalen Plätzen geht beim Tabellen-Neunten mehr und mehr verloren. "Wir können uns erst wieder neue Ziele setzen, wenn wir auch Spiele gewinnen", sagte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler ernüchtert."