Beiersdorfer schweigt zu seiner Zukunft. Wood für Waldschmidt zunächst auf der Bank. Schweigeminute für die Opfer von Berlin.

Hamburg. Dank einer vorbildlichen Mannschaftsleistung hat der HSV den dritten Sieg im vierten Spiel eingefahren und damit doch noch einen versöhnlichen Jahresabschluss gefeiert. Nicolai Müller (60.) und Bobby Wood (82.) erzielten die Tore beim 2:1-(0:0)-Sieg gegen Schalke 04, durch den die Hamburger zumindest vorübergehend die direkten Abstiegsplätze verlassen haben. Da Wolfsburg allerdings parallel bei Borussia Mönchengladbach mit 2:1 gewann, beträgt der Abstand auf den rettenden 15. Platz, den derzeit Werder Bremen innehat, zwei Punkte.

"Wir wollten unbedingt mit einem guten Gefühl in die Weihnachtspause gehen. Der Sieg war unheimlich wichtig", sagte Mittelfeldspieler Albin Ekdal. Und Kapitän Gotoku Sakai ergänzte: "Wir haben als gesamtes Team so viel Leidenschaft gezeigt. Das war ein unheimlich schöner Sieg." Trainer Markus Gisdol fand sogar: "Der Sieg ist zu gering ausgefallen."

Schweigeminute für die Opfer von Berlin

In Anbetracht des mutmaßlich terroristisch motivierten Anschlags auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin zeigte die Hamburger Polizei mit 250 zusätzlichen Einsatzkräften erhöhte Präsenz am Volksparkstadion. Die Beamten patrouillierten mit Maschinenpistolen, sogar die Mitarbeiter des HSV wurden durchsucht. Wie die übrigen acht Spiele des 16. Spieltages begann die Partie mit einer Schweigeminute in Gedanken an die Opfer von Berlin. Außerdem liefen die Mannschaften in Trauerflor auf.

HSV empfängt Schalke zum Hinserien-Abschluss

Nicolai Müller schoss den HSV gegen Schalke mit 1:0 in Führung
Nicolai Müller schoss den HSV gegen Schalke mit 1:0 in Führung © Bongarts/Getty Images | Oliver Hardt
Es ist bereits Müllers viertes Saisontor
Es ist bereits Müllers viertes Saisontor © Bongarts/Getty Images | Oliver Hardt
Knuddelalarm: Dietmar Beiersdorfer (l.) wurde - hier unter Beobachtung von Karl Gernandt (r.) - rund um das Spiel unzählige Mal geherzt und gedrückt
Knuddelalarm: Dietmar Beiersdorfer (l.) wurde - hier unter Beobachtung von Karl Gernandt (r.) - rund um das Spiel unzählige Mal geherzt und gedrückt © Imago/MIS
Christian Mathenia rasselte Mitte der ersten Hälfte mit Benedikt Hoewedes zusammen und musste im Anschluss kurzzeitig behandelt werden
Christian Mathenia rasselte Mitte der ersten Hälfte mit Benedikt Hoewedes zusammen und musste im Anschluss kurzzeitig behandelt werden © imago/Revierfoto
Luca Waldschmidt verdrängte Bobby Wood aus der ersten Elf
Luca Waldschmidt verdrängte Bobby Wood aus der ersten Elf © WITTERS | ValeriaWitters
Michael Gregoritsch im Luftduell mit Sead Kolasinac. Der Österreicher durfte wieder im Sturm spielen
Michael Gregoritsch im Luftduell mit Sead Kolasinac. Der Österreicher durfte wieder im Sturm spielen © WITTERS | ValeriaWitters
Gotoku Sakai fiel diesmal durch erstaunlich viele Fehlpässe auf
Gotoku Sakai fiel diesmal durch erstaunlich viele Fehlpässe auf © imago/Team 2
Kostic schlug erneut die meisten Flanken aller Spieler auf dem Platz in den Strafraum
Kostic schlug erneut die meisten Flanken aller Spieler auf dem Platz in den Strafraum © WITTERS | ValeriaWitters
Konoplyanka stürmt davon. Gideon Jung ist in dieser Szene ausnahmsweise mal zu spät
Konoplyanka stürmt davon. Gideon Jung ist in dieser Szene ausnahmsweise mal zu spät © Bongarts/Getty Images | Oliver Hardt
Matthias Ostrzolek spielte erneut auf der Sechs
Matthias Ostrzolek spielte erneut auf der Sechs © WITTERS | ValeriaWitters
Ostrzolek und Leon Goretzka lieferten sich einige packende Zweikämpfe
Ostrzolek und Leon Goretzka lieferten sich einige packende Zweikämpfe © Bongarts/Getty Images | Oliver Hardt
Nicolai Müller kann vom 20-jährigen Thilo Kehrer nicht aufgehalten werden
Nicolai Müller kann vom 20-jährigen Thilo Kehrer nicht aufgehalten werden © WITTERS | ValeriaWitters
Douglas Santos (l.) und Gideon Jung doppeln den Schalker Max Meyer erfolgreich
Douglas Santos (l.) und Gideon Jung doppeln den Schalker Max Meyer erfolgreich © dpa | Axel Heimken
Schweigeminute vor dem Spiel in Gedenken an die Opfer von Berlin
Schweigeminute vor dem Spiel in Gedenken an die Opfer von Berlin © Bongarts/Getty Images | Oliver Hardt
Nach dem Terroranschlag in Berlin erhöht die Polizei ihre Präsenz auch rund um das Volksparkstadion
Nach dem Terroranschlag in Berlin erhöht die Polizei ihre Präsenz auch rund um das Volksparkstadion © WITTERS | TimGroothuis
Die Einlasskontrollen fanden besonders intensiv statt
Die Einlasskontrollen fanden besonders intensiv statt © WITTERS | TimGroothuis
Die Sicherheitsmaßnahmen der Polizei wurden verstärkt
Die Sicherheitsmaßnahmen der Polizei wurden verstärkt © dpa | Axel Heimken
Die beiden Trainer Markus Gisdol und Markus Weinzierl tauschten sich vor dem Spiel über ihre Vorfreude auf die Partie aus
Die beiden Trainer Markus Gisdol und Markus Weinzierl tauschten sich vor dem Spiel über ihre Vorfreude auf die Partie aus © Bongarts/Getty Images | Oliver Hardt
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Ekdal kehrte beim HSV zurück

Für den dritten Saisonsieg ließ Gisdol nichts unversucht und veränderte seine Elf auf drei Positionen: zum ersten Mal unter seiner Regie stand Luca Waldschmidt überraschend in der Startelf. Der talentierte Offensivspieler verdrängt Torjäger Wood und sortierte sich hinter der einzigen Spitze Michael Gregoritsch ein.

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Ein weiteres prominentes Opfer von Gisdols Rotation im Vergleich zur 1:3-Niederlage in Mainz war Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier. Für ihn rückte Ekdal neu in die Mannschaft. Der Schwede kam im defensiven Mittelfeld an der Seite von Matthias Ostrzolek zum Einsatz, Sakai, der diesmal durch viele Ballverluste auffiel, übernahm Diekmeiers Position in der Viererkette.

In der Innenverteidigung setzte Gisdol auf den nach einer Gelbsperre zurückgekehrten Johan Djourou an der Seite von Gideon Jung. Mit diesem Abwehrduo holte der HSV nun elf Punkte in fünf Spielen. Routinier Emir Spahic, der in Mainz ein Unsicherheitsfaktor war, musste für Djourou weichen und auf der Ersatzbank Platz nehmen.

Bruchhagen im Stadion

Überraschungen gab es nicht nur in der Startelf. Entgegen seiner Ankündigung war der künftige Club-Boss Heribert Bruchhagen doch im Stadion. Bei seiner Vorstellung als Vorstandsvorsitzender hatte Bruchhagen noch verkündet, erst nach der Winterpause zu den HSV-Spielen zu gehen, um die Mannschaft nicht abzulenken. Noch-Vorstandschef und -Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer weilte ebenfalls auf den Rängen und umarmte alle Spieler vor dem Anpfiff. Seine Zukunft bleibt derweil ungeklärt, Beiersdorfer wollte heute nichts sagen. Dafür sprach aber Gisdol: "Die Entscheidung liegt bei Didi", sagte der Coach vielsagend.

Jung mit seltenem Aussetzer zu Beginn

Vor knapp 50.000 Zuschauern vergaben die Königsblauen die erste Großchance des Spiels nach einem kapitalen Aussetzer des ansonsten souverän verteidigenden Gideon Jung, der beim Klärungsversuch aus kurzer Distanz Yevhen Konoplyanka anschoss und dem Ukrainer eine freie Bahn zum Tor ermöglichte (4.). Doch der Aushilfsstürmer verzog und so war es der HSV, der fortan um Spielkontrolle bemüht war.

Besonders über links kurbelte der HSV mit Außenverteidiger Douglas Santos und dem schnellen Filip Kostic immer wieder das Offensivspiel an. Eines der von Schalke-Trainer Markus Weinzierl schon im Vorfeld gefürchteten Kostic-Dribblings führte zur besten Chance der Hamburger in der ersten Hälfte. Der Serbe, der erneut die mit Abstand meisten Flanken aller Spieler auf dem Platz in den Strafraum schlug (8), narrte gleich zwei Schalker Abwehrspieler an der Grundlinie und hatte dazu noch das Auge für Müller. Doch der 29-Jährige zögerte zu lange und wurde schließlich im letzten Moment abgeblockt (23.).

Waldschmidt versucht den Robben-Trick

Für eine Schrecksekunde im ersten Durchgang sorgte Christian Mathenia, der im Strafraum nach einer Freistoßflanke aus dem linken Halbfeld mit Schalkes Kapitän Benedikt Höwedes zusammenprallte. Der Keeper wirkte im Anschluss etwas benommen und musste während des Spiels sogar Medikamente einnehmen, konnte nach einer kurzen Behandlungsunterbrechung aber weiterspielen (33.).

Sein Gegenüber Ralf Fährmann leistete sich einen beinahe folgenschweren Fehler, als er bei einem Rückpass den anlaufenden Gregoritsch anschoss, von dem der Ball ins Toraus ging (28.). Kurz vor der Pause war es dann Waldschmidt, der die Führung auf dem Fuß hatte. Im Stile eines Arjen Robben zog er von rechts nach innen, um mit links abzuschließen. Doch Fährmann war auf dem Posten und entschärfte den Schuss aufs kurze Eck (44.).

Kostic legt auf für Müller

Nach dem Seitenwechsel bewahrte Mathenia seine Mannschaft zunächst vor dem Rückstand. Der Torhüter parierte einen Kopfball von Leon Goretzka aus neun Metern und leitete damit zugleich den Konter ein. Doch Gregoritsch verspielte eine Drei-gegen-Zwei-Situation leichtfertig, indem er ein Schalker Abwehrbein traf, anstelle auf die mitgelaufenen Kostic oder Müller durchzustecken (52.). Müller fand im Anschluss der Szene deutliche Worte für seinen österreichischen Mitspieler.

Wenige Minuten später machte er die Aktion aber höchstpersönlich vergessen. Bei einem Konter des HSV bediente Kostic den glänzend einlaufenden Müller, der alleine vor Fährmann die Nerven behielt und verdient zum 1:0 traf. Kurz darauf hätte der HSV bereits alles klarmachen können, aber Johan Djourou vergab nach einem sehr zögerlichen Anlauf einen Strafstoß. Fährmann ahnte die Ecke und parierte den schwachen Elfmeter (76.). Im Nachschuss scheiterte Müller am Torwart. Vorausgegangen war ein Foul von Thilo Kehrer gegen den sehr agilen Filip Kostic.

Gisdol lobt Reaktion nach Elfmeter

"Johan ist eigentlich ein sicherer Schütze", zeigte sich Gisdol nach dem Spiel verwundert über den verschossenen Elfmeter, nahm aber zugleich den Sündenbock in Schutz. "Es ist kein Problem, dass er nicht getroffen hat. Viel wichtiger war die Reaktion nach dem Elfmeter." Denn der HSV blieb dran und erzielte durch den eingewechselten Wood das schönste Tor des Tages.

Nach starkem 50-Meter-Pass von Müller verwertete der US-Stürmer mit seinem vierten Saisontor einen Konter zum 2:0. Wood legte die Kugel an Höwedes vorbei auf seinen linken Fuß und jagte den Ball unhaltbar für Fährmann unter die Latte. Markus Gisdol sprintete bei seinem Jubellauf über das ganze Feld, um den Torschützen zu herzigen. Mit vier Saisontreffern führt Wood gemeinsam mit Müller die interne Torschützenliste an. "Ich finde es toll, Tore zu schießen. Das ist ja meine Aufgabe", sagte der auf Hawaii geborene Angreifer.

Dass es dennoch bis zum Schluss spannend blieb, lag am eingewechselten Donis Avdijaj. Schalkes Nachwuchstalent verwertete eine Flanke von Abdul Rahman Baba, dem Sakai zu viel Platz ließ, volley in den Winkel und ließ die Fans im Volksparkstadion noch einmal zittern (90.). Doch der HSV sollte den Vorsprung über die Zeit retten und sich vorzeitig zu Weihnachten beschenken.

Die Statistik

HSV: Mathenia - Gotoku Sakai, Djourou, Gideon Jung, Santos - Ekdal, Ostrzolek - Waldschmidt (59. Wood), Nicolai Müller, Kostic (90.+3 Spahic) - Gregoritsch (88. Lasogga). - Trainer: Gisdol

Schalke: Fährmann - Kehrer, Höwedes, Kolasinac - Geis (69. Avdijaj) - Schöpf (77. Junior Caicara), Goretzka, Bentaleb, Baba - Meyer, Konopljanka (89. Reese). - Trainer: Weinzierl

Schiedsrichter: Jochen Drees (Münster-Sarmsheim)

Tore: 1:0 Müller (60.), 2:0 Wood (82.), 2:1 Avdijaj (90.)

Zuschauer: 50.000

Gelbe Karten: Jung, Mathenia - Meyer (2), Schöpf (2), Kehrer (2), Bentaleb (5)

Besonderes Vorkommnis: Fährmann hält Fouelfmeter von Djourou (76.)

Torschüsse: 11:6