Hamburg. Der erste Saisonsieg der Rothosen ist unter Dach und Fach. Der HSV ist nicht mehr Tabellenletzter und kann neuen Mut schöpfen.
Wild hüpfend haben die erleichterten Fußballprofis des HSV ihren ersten Sieg in der Saison gefeiert. „Uns ist ein Felsen vom Herz gefallen. Das war ein Zeichen an die Liga, dass wir leben“, sagte Torschütze Michael Gregoritsch nach dem so wichtigen 2:0 (1:0)-Erfolg des Krisenclubs im Kellerduell am Sonntag beim SV Darmstadt 98. Damit konnten die Hanseaten den letzten Tabellenplatz verlassen und haben nur noch einen Punkt Rückstand auf den Relegationsplatz mit den arg geknickten „Lilien“.
Das Gefühl, dass der Bann nun am 13. Spieltag gebrochen ist, vermittelten alle beim HSV. „Wir haben einen verdienten Auswärtssieg gelandet, der uns gut tut, aber erst der Anfang sein darf“, sagte Trainer Markus Gisdol betont nüchtern. Er meinte aber auch: „Die Mannschaft wächst langsam zusammen.“ Nach dem Abpfiff am Böllenfalltor machte Matthias Ostrzolek im Siegerkreis den Einpeitscher, Gisdol klatschte dazu begeistert in die Hände.
Beiersdorfer: Nicht abheben
Auch HSV-Boss Dietmar Beiersdorfer war sehr zufrieden nach dem ersten Saisonsieg: „In den letzten Spielen war eine Aufwärtstendenz zu sehen. Wir treten mehr als Mannschaft auf. Ich hoffe, dass uns der Sieg wieder ein Stück weiter bringt. Heute freuen wir uns. Mit sieben Punkten werden wir nicht abheben, dafür gibt es keinen Grund. Es ist Erleichterung da, aber es fällt nicht viel Druck ab. Die Tabelle ist eng, und wir sind immer noch unten.“
So sehen Sieger aus - die besten Bilder aus Darmstadt
Michael Gregoritsch (30.) und Matthias Ostrzolek (90.) erzielten für den Bundesliga-Dino die Tore. Es war der erste Treffer für den Ex-Augsburger, der sich sichtich freute: „Ich fühle mich gut und bekomme das Selbstvertrauen vom Trainer. Jetzt klappt es sogar mit dem Toreschießen. Das ist überragend. Wir sind in der letzten Woche noch enger zusammengerückt. Äußere Einflüsse lassen wir nicht mehr an uns heran.“ Lewis Holtby verriet: „Er (Ostrzolek) ist der Kassenwart, vielleicht tut er was rein.“
Insgesamt setzte das Team von Trainer Markus Gisdol den Aufwärtstrend der vergangenen Wochen fort und ist seit drei Partien ungeschlagen. Die Lilien hingegen kassierten ihre fünfte Niederlage in Folge und liegen nur noch einen Punkt vor den Hamburgern auf dem Relegationsplatz 16.
Gregoritsch trifft erneut
Die Anfangsphase vor 17.400 Zuschauern im Jonathan-Heimes-Stadion am Böllenfalltor war fast schon erwartungsgemäß geprägt von extrem vielen Fehlpässen und Nickeligkeiten. Der HSV, der zum dritten Mal in Folge mit der gleichen Startelf antrat, versuchte zwar, das Spiel zu machen. Immer wieder scheiterten die Gäste aber an der am Rande des Erlaubten spielenden Lilien-Abwehr - oder am eigenen Unvermögen.
Der Führungstreffer fiel folgerichtig im Anschluss an eine Standardsituation: Nach einer Hamburger Ecke verteidigten die Gastgeber zu zaghaft, Filip Kostic nutzte die zweite Chance für eine starke Hereingabe auf Gregoritsch, der per Kopf vollendete. Der Stürmer, in der Vorwoche beim 2:2 im Nordderby gegen Werder Bremen Doppeltorschütze, hatte zehn Minuten zuvor noch eine gute Chance zur Führung vergeben (20.).
Darmstadt harmlos
Die Gastgeber, die mit ihrer Hypothek von vier Niederlagen in Folge antraten, zogen sich früh zurück und lauerten auf Konter. Das führte aber auch nur zu wenigen Halb-Chancen: Laszlo Kleinheisler zielte aus 13 Metern über das Tor (14.), Antonio Colak brachte zweimal aus aussichtsreicher Position keinen vernünftigen Abschluss zustande (19./22.). Dabei hätten die Lilien aus den sich bietenden Räumen mehr machen können.
Sowohl Darmstadt-Trainer Norbert Meier, der auf HSV-Leihgabe Sven Schipplock verzichtet hatte, als auch Gisdol standen immer wieder am Rand ihrer jeweiligen Coachingzonen und brüllten Anweisungen auf den Platz. Als Nicolai Müller kurz vor dem Halbzeitpfiff den Ball von der Strafraumgrenze in die Wolken jagte, schlug der HSV-Coach die Hände vor dem Gesicht zusammen (45.+1).
Die Höhepunkte
HSV nicht mehr Letzter
Auch nach der Pause änderte sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wenig am spielerischen Niveau der Partie, die Gäste zogen sich zunächst etwas weiter zurück. Müller scheiterte in der 65. Minute per Kopf. Die Lilien taten sich weiterhin sehr schwer, in die Nähe des Hamburger Tors zu kommen. Ostrzolek machte dann kurz vor dem Abpfiff die fünfte Niederlage der Lilien in Folge perfekt.
Die Statistik
Kein klares Bekenntnis zu Meier
Präsident Rüdiger Fritsch vom Gegner Darmstadt 98 hat nach dem 0:2 (0:1) ein klares Bekenntnis zu Trainer Norbert Meier vermieden. "Wir werden die Sache jetzt erst einmal sacken lassen und gucken, wie wir den Bock umstoßen", sagte Fritsch: "Erst einmal überwiegt die Enttäuschung."
Der Darmstadt-Boss zweifelte allerdings auch daran, ob "diese Reflexe" im Fußballgeschäft dem "Verein Darmstadt 98" wirklich helfen würden. Er verstehe den Unmut der Fans, die nach der Partie lautstarkt "Meier raus!" gerufen hatten. "Es ist aber nicht opportun, den ersten emotionalen Reaktionen der Fans Folge zu leisten", sagte Fritsch: "Nur weil das oft so ist, heißt das nicht, dass es auch uns helfen würde. Wir schauen uns das ganz genau und und müssen gucken, dass wir Punkte holen."
Meier selbst äußerte zur Reaktion der Fans: "Wir haben es immer gerne, wenn applaudiert wird. Aber auch, wenn Menschen meinen, ihren Unmut äußern zu müssen, ist das für mich in Ordnung." Fritsch konnte der Mannschaft, die gegen den HSV so gut wie keine Torchance kreiert hatte, "vom Kämpferischen her keinen Vorwurf machen".