Köln. Der Tabellenletzte bleibt auch beim 0:3 in Köln torlos und verliert Stürmer Wood nach Platzverweis. Ärger um den Schiedsrichter.
Die 0:3-Niederlage des HSV in Köln war bereits ein paar Minuten vorbei, als Markus Gisdol seine ganze Wut noch einmal freien Lauf lassen musste. Zielgerichtet und mit rotem Kopf steuerte der HSV-Trainer vor dem Kabinengang auf Schiedsrichter Benjamin Brand zu und sagte dem gerade mal 27 Jahre alten Unparteiischen in sehr deutlichen Worten, was er von den wenigen Sekunden zwischen der 57 und der 58. Minute hielt. „Es ist ja nicht wirklich schwer zu vermuten, was ich ihm da mitzuteilen hatte“, erklärte Gisdol wenig später auf Nachfrage. „Seine Entscheidungen waren spielentscheidend, das habe ich ihm auch gesagt.“
Wieder 0:3 verloren, wieder kein Tor erzielt, wieder kaum Chancen herausgespielt, wieder einen (diesmal folgenlosen) Strafstoß verursacht und wieder einen (diesmal folgenschweren) Platzverweis kassiert. Mehr „wieder“ geht nicht. Doch mehr als über die Aufreihung der „Wieders“ des Schreckens ärgerten sich die Hamburger nach der zweiten 0:3-Pleite in nur zehn Tagen vor allem über das, was sich nach einer knappen Stunde zugetragen hatte und nach allgemeinem HSV-Konsens das Spiel entscheiden sollte. „Wir wollen keine schlechten Verlierer sein, aber der Schiedsrichter hat das Spiel mitentschieden“, schimpfte Torhüter René Adler kurz nach dem Abpfiff, Kapitän Johan Djourou fasste ergänzend zusammen: „Momentan ist alles gegen uns.“
Gisdol forderte Kölner Platzverweis
Tatsächlich war der Hamburger Groll über die beiden Szenen des Spiels verständlich – zumindest über die erste. So hatte der zuvor bereits gelbvorbelastete Marco Höger einen aussichtsreichen HSV-Konter nur durch ein taktisches Foul an Bobby Wood am Mittelkreis verhindern können, dafür aber nicht die verdiente zweite Gelbe Karte bekommen. „Wenn die Schiedsrichter vor der Saison zu uns kommen und Regelschulung machen, dann zeigen sie uns, was ein taktisches Foul ist. Und die Situation, über die wir hier die ganze Zeit reden, war ganz klar ein taktisches Foul“, sagte Gisdol. Eine kurze Pause, dann wiederholt der Trainer noch mal: „Er muss Gelb-Rot sehen.“ Und noch mal: „Er muss.“
Einzelkritik: Wood unglaublich dumm
Höger musste, sah sie aber nicht. Dafür war es der eben erst gefoulte Wood, der nicht einmal eine Minute später nach einem zielgerichteten Ellenbogenschlag gegen Gegenspieler Dominique Heintz vorzeitig zum Duschen musste. „Das war natürlich die unnötigste Rote Karte überhaupt“, kritisierte Gisdol, der diese sogar als „nicht zu entschuldigen“ einstufte. Zur Erinnerung: Nach Clébers Notbremse in Gladbach und Dennis Diekmeiers Gelb-Rot gegen Frankfurt war es der dritte Platzverweis in Serie, der dem zuvor mehr oder weniger ausgeglichenen Spiel die entscheidende Wendung gab. „Bis zur Roten Karte war es wie immer. Wir waren gut im Spiel, dann lief alles gegen uns“, sagte Djourou, der mit seiner Analyse allerdings nur zur Hälfte recht hatte.
HSV fällt nach Roter Karte in Köln auseinander
Nach der Roten Karte klappte tatsächlich gar nichts mehr beim HSV, doch wirklich gut im Spiel waren die Hamburger auch vor dem viel diskutierten Nicht-Platzverweis (für Höger) und dem Platzverweis (für Wood) nicht. So hätte Köln bereits vor dem Seitenwechsel durch einen Foulelfmeter, den Comebacker Ashton Götz nach 18 Monaten ohne Bundesligaeinsatz verursacht hatte, in Führung gehen müssen. Doch Anthony Modeste traf nur den Außenpfosten (41.), was den formstarken Stürmer offenbar so richtig wurmte.
HSV wartet seit 662 Minuten auf ein Tor
So dauerte es nur drei Minuten nach Woods Roter Karte, ehe Modeste seinen Fauxpas wieder gutmachte und die numerische Überlegenheit direkt ausnutzte (61.). Damit aber nicht genug: 20 Minuten später schlug der Führende der Torschützenliste ein zweites Mal zu (82.), kurz vor Schluss machte der Franzose mit seinem elften Saisontreffer seinen lupenreinen Hattrick perfekt (86.). Drei Tore in nur 25 Minuten – der HSV wartet dagegen seit 662 (!) Minuten auf seinen dritten Saisontreffer. „Wir spielen uns zu wenige Chancen heraus“, sagte Gisdol, laut Statistik der erfolgloseste HSV-Trainer der Geschichte.
Kommentar: Der unaufhaltsame Absturz des HSV Richtung 2. Liga
Ein einziges Törchen würde für den Start möglicherweise schon reichen. Doch eine Wende zum Guten ist beim Schlusslicht der Liga nicht in Sicht. Nach neun Spieltagen hat der HSV bereits vier Punkte Rückstand auf einen Relegationsplatz, muss nun ausgerechnet an Uwe Seelers 80. Geburtstag am Sonnabend gegen Vizemeister Borussia Dortmund antreten. In der „Welt am Sonntag“ sagte der Fast-Jubilar, dass eine Deutsche Meisterschaft sein Lebenstraum sei. Allerdings würde es ihm auch schon reichen, wenn sein HSV zunächst einmal „in ruhigere Gefilde“ gelangen würde.
Von diesen ruhigen Gefilden ist der HSV nach der Partie gegen den FC weit entfernt. Schlusswort Clubchef Dietmar Beiersdorfer: „Ich habe keine Angst, aber natürlich sind wir in einer sehr schweren Situation.“ Kölle alaaf.