Gisdol wird auf Drängen der HSV-Entscheider auf Halilovic setzen müssen. In Hoffenheim erfüllte er eine ähnliche Aufgabe mit Bravour.
Hamburg. „Er ist es gewohnt, mit jungen Spielern zu arbeiten“, sagte HSV-Boss Dietmar Beiersdorfer über den neuen Trainer Markus Gisdol bei dessen offizieller Vorstellung. Diese Aussage lässt nicht nur auf personelle Veränderungen in der Startelf schließen, sie ist gleichzeitig eine Spitze gegen Bruno Labbadia. Als Beiersdorfer die Beurlaubung des einstigen Retters bekannt gab, machte er kein Geheimnis daraus, sich mit diesem überworfen zu haben. Vor allem in Transferfragen und bei der Integration der neuen jungen Spieler waren Beiersdorfer und Labbadia nicht immer einer Meinung.
Der negative Höhepunkt: die Verbannung Alen Halilovics auf die Tribüne im Heimspiel gegen den FC Bayern (0:1). Eine Maßnahme, die Labbadia schon für das Leipzig-Spiel plante, aber wegen der internen Kritik des Aufsichtsrates an den geringen Einsatzzeiten des Edeltechnikers vorerst aufschob. Als dem 50 Jahre alten Fußballlehrer aber klar wurde, dass er gegen Bayern wohl das letzte Mal für den HSV an der Seitenlinie stehen werde, gab er mit dieser Personalentscheidung indirekt preis, unzufrieden mit den Sommer-Transfers zu sein.
Während sich Labbadia einen defensivstarken Sechser als Absicherung für den defensivschwachen Halilovic wünschte, verpflichtete Beiersdorfer am letzten Tag der Transferperiode einen Linksverteidiger im Alleingang. Der Vorstandsvorsitzende rechtfertigte diesen Schritt mit der fehlenden Zeit am sogenannten „Deadline Day“.
Gisdol wird auf Halilovic setzen müssen
Darüber zu spekulieren, ob Halilovic bislang häufiger und vor allem von Anfang an gespielt hätte, wenn noch ein defensiver Mittelfeldspieler verpflichtet worden wäre, ist müßig. Dennoch liegt die Vermutung nahe, dass der neue Trainer eben jenen Halilovic, der für fünf Millionen Euro vom FC Barcelona kam, häufiger berücksichtigen soll, als es unter Labbadia der Fall war. Mit seinen Transfers will Beiersdorfer einen neuen sportlichen Weg einleiten. Vor allem die jungen Spieler sollen neue Werte für den HSV schaffen. Gemeint ist auch Luca Waldschmidt, von dem sich Beiersdorfer den Durchbruch zum Bundesligaspieler erwartet.
Beide 20-jährigen Talente sind wie gemacht für Gisdols in Hoffenheim so häufig praktiziertes überfallartiges Umschaltspiel. Besonders der Kroate bringt mit seiner engen Ballführung, Abschlussstärke und seinem schnellen Antritt auf den ersten Metern eine Qualität in die Mannschaft, die kaum ein anderer Spieler im Kader vorzuweisen hat. So ließ der neue Coach bei seiner ersten Einheit am Montag durchblicken, anders als Vorgänger Labbadia mit Halilovic als zentralen Mittelfeldspieler hinter der Spitze zu planen. Bei seinem trainierten Unter- und Überzahlspiel testete er neben Michael Gregoritsch immer wieder sowohl Waldschmidt als auch Halilovic als Spielmacher.
So verlief das erste Gisdol-Training:
So verlief das erste HSV-Training unter Gisdol
Halilovic: Mini-Firmino statt Mini-Messi?
Die Hoffnung der HSV-Verantwortlichen, Halilovic häufiger und richtig einzusetzen, ruhen nun also in Gisdol. Der 47-Jährige bewies bereits in Hoffenheim, junge Spieler entwickeln und aus ihnen Topspieler machen zu können. Besonders das Beispiel Roberto Firmino dürfte den HSV-Entscheidern im Fall Halilovic Hoffnung machen.
In der Saison 2013/14 stellte Hoffenheim unter Gisdol mit 72 Treffern die drittbeste Offensive der Liga hinter den Bayern (94 Tore) und Dortmund (80). Als zentralen Ballverteiler setzte Gisdol auf Firmino, der in der Spielzeit zuvor unter den Trainern Markus Babbel und Marco Kurz ein eher schwächeres Jahr erlebte. Unter Gisdol ging der Stern des Brasilianers endgültig auf. 16 Tore und zwölf Vorlagen lautete seine Bilanz in jener torreichen Saison, in der er zum Nationalspieler der Seleção reifte. Ein Jahr später wechselte Firmino für 41 Millionen Euro zum FC Liverpool. Egal, ob Mini-Messi oder Mini-Firmino: eine ähnliche Entwicklung erhofft sich der HSV auch bei Halilovic. Dafür muss er aber zunächst einmal spielen.