Hamburg. Beiersdorfer beobachtet zwei Brasilianer bei Olympia. „Es ist einfacher, einen Deutschen zu holen“, sagt Labbadia vor dem Pokalauftakt.

Bruno Labbadia musste schmunzeln, als er am Freitagmittag gefragt wurde, ob er sich das olympische Finale zwischen Deutschland und Brasilien am späten Sonnabend (23.30 Uhr) anschauen würde. „Das ist der Vorteil, wenn man Vorstandsvorsitzender ist. Ich wäre auch gerne vor Ort gewesen“, antwortete der Trainer im Spaß. Ganz im Ernst wird sich der Coach das Endspiel selbstverständlich vom Sofa aus anschauen, während HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer vor Ort in Rio sein wird.

Das Hauptaugenmerk der beiden HSV-Verantwortlichen gilt aber gleichermaßen aus der Ferne wie von der Tribüne aus den brasilianischen Nationalspielern Walace und Rodrigo Caio, die neben einem dritten Landsmann derzeit unter besonderer Beobachtung aus Hamburg stehen. „Die brasilianische Mannschaft kenne ich nicht so gut. Nur den Neymar“, witzelte Labbadia, der natürlich ganz genau die Stärken und Schwächen von Walace und Caio kennt. Mittelfeldmann Walace spielte beim Halbfinalsieg der Seleção gegen Honduras (6:0) 90 Minuten lang durch, Innenverteidiger Caio wurde nach 58 Minuten für das Finale geschont.

Ob Walace oder Caio allerdings eine Sofortverstärkung in der Bundesliga wären, wusste Labbadia drei Tage vor dem Pokalauftakt beim FSV Zwickau am Montag (18.30 Uhr) noch nicht zu beantworten. „Man muss sich die Frage stellen, wie kurzfristig eine Verstärkung sein muss. Leider wird der Fußball immer kurzfristiger. Aber als Verantwortliche müssen wir uns sicher sein, dass wir einem Neuzugang aus einem anderen Kulturkreis auch die notwendige Zeit geben“, sagte Labbadia.

Labbadia kann Brasilianer verstehen

Insgesamt neun Brasilianer versuchten ihr Glück bereits beim HSV – die wenigsten davon wurden glücklich. Cléber ist momentan der einzige Profi vom Zuckerhut, der in Hamburg unter Vertrag steht und mit Edson Büttner auch nach zwei Jahren noch einen eigenen Betreuer zur Verfügung hat. „Ich versuche mich immer in den Spieler hineinzuversetzen und frage mich dann, wie wäre es denn, wenn ich jetzt plötzlich von Deutschland nach Brasilien wechseln würde“, sagte Labbadia. „Das wäre auch für mich nicht einfach. Auch ich kenne die Sprache nicht. Deswegen muss man sich darüber gewiss sein, dass das für einen Verein immer ein großer Mehraufwand ist.“

Neben dem Mehraufwand gilt es bei Neuzugängen aus Brasilien vor allem Risiko und Chance gegeneinander abzuwägen. Die Zeiten der Schnäppchen sind längst vorbei. Sowohl Walace als auch Caio wird ein Marktwert von rund neun Millionen Euro nachgesagt. Zum Vergleich: Der zuletzt ebenfalls vom HSV umworbene Matthias Ginter, der im Finale auf Walace und Caio treffen wird, soll zwischen 15 und 20 Millionen Euro kosten. „Natürlich ist es einfacher, einen Deutschen zu holen, der die Liga kennt“, sagte Labbadia. „Doch die Frage ist, ob es die notwendige Qualität für den entsprechenden Preis gibt.“

Das Problem: Die Qualitätsfrage müssen Beiersdorfer und Labbadia spätestens bis zum 31. August beantwortet haben.