Hamburg. Am Sonntag startet Dirk Kunert mit der neuen U 21 des HSV in die Regionalliga. Im Abendblatt spricht der Trainer über seine Aufgabe.
Dirk Kunert, 48, hat viele Facetten. Der Berliner schaffte es als Spieler bis in die Zweite Bundesliga zu Blau-Weiß 90 Berlin, gewann als Trainer im Jugendbereich 16 Titel. Einer davon war die B-Jugendmeisterschaft 2005 mit Jerome Boateng als Spieler. Kunerts Lebensgefährtin ist Kubanerin, befördert seine ohnehin vorhandene Reiselust. Als neuer Cheftrainer von HSV II hat er nun einen weiten Weg vor sich. Kunert soll eine junge U 21 formen, die in der Regionalliga Nord Erfolg hat. An diesem Sonntag (14 Uhr) beginnt das Abenteuer mit dem ersten Spiel beim TSV Havelse.
Herr Kunert, Sie haben viele Titel als Jugendtrainer gewonnen. Was reizt Sie ausgerechnet am HSV II? Platz eins in der Regionalliga Nord ist unwahrscheinlich …
Dirk Kunert:Im Fußball ist nichts unmöglich. Doch ich stimme zu, das ist vorerst unrealistisch. Ich hatte hervorragende Gespräche mit den Verantwortlichen des HSV. Den Übergang von einer U 23 auf eine U 21 aktiv als Trainer mitzugestalten ist eine reizvolle Aufgabe. Wir haben eine Neuausrichtung angestoßen, die Mannschaft noch einmal verjüngt und wollen die Durchlässigkeit von der U 21 zu den Profis erhöhen. Bernhard Peters, seinerzeit noch Peter Knäbel und natürlich Dietmar Beiersdorfer haben mich sehr heiß und neugierig auf die Aufgabe und den Verein gemacht.
Hält Ihr erster Eindruck vom HSV den Versprechungen stand?
Der HSV ist ein Riese. Ich sage bewusst nicht: schlummernder Riese. Denn der HSV war immer da und ist für mich der Dino schlechthin. Trainingsbedingungen, Büros, Mitarbeiter – wo ich auch hinsehe, finde ich überragende Bedingungen für meine Arbeit vor.
Was entgegnen Sie Kritikern, die das Projekt U 21 des HSV II in der Regionalliga Nord mit immerhin zehn ehemaligen A-Jugendlichen im Kader für zu ambitioniert halten?
Dass ich das anders sehe. Die Jungs kommen alle aus dem Nachwuchsleistungszentrum. Unsere Stärken müssen sein: Ehrgeiz, körperliche Fitness, mannschaftliche Geschlossenheit, taktische Flexibilität, gute Grundordnung und ein schneller, aggressiver Fußball. Dann können wir für jeden Gegner unangenehm sein.
Darf bald kein Spieler auf dem Feld mehr über 21 Jahre alt sein?
So läuft das nicht. Wir haben ja auch bestehende Verträge. Die jetzt schon angeschobene Verjüngung der Mannschaft ist ein Prozess, der innerhalb der nächsten drei Jahre fruchten wird. Wir werden immer auch drei ältere Spieler dabeihaben. Die jungen Spieler brauchen Führung. Es soll halt keine Wohlfühloase für die jungen Spieler mit Vier- oder Fünfjahresverträgen geben. Um Bundesligaspieler zu werden, muss man wahnsinnig viel mitbringen, ein Toptalent sein. Der Sprung in den Profibereich ist riesig. Einige Jungs packen ihn und einige nicht.
2010 bis 2012 betreuten Sie für Bayer Leverkusen ausgeliehene Talente. Wie war das?
Sehr interessant. Unter anderem betreute ich Jens Hegeler in Nürnberg, Bastian Oczipka bei St. Pauli und Christoph Kramer in Bochum. Die Aufgabe lautete: den Jungs vermitteln, dass Bayer Leverkusen ein Auge auf sie hat. Wir führten auch Videoanalysen durch. Natürlich ohne in das Alltagsgeschäft des jeweiligen Trainers einzugreifen.
Dann können Sie doch gar kein Anhänger der zweiten Mannschaften sein. Leverkusen meldete seine zweite Mannschaft ab …
Es gibt nicht nur einen Weg. Bei manchen Spielern ist es sehr schade, sie wegzugeben. Wenn man sieht, da schlummert noch etwas, brauchen die Jungs Spielpraxis. Klappt das ganz oben noch nicht, gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine davon ist eine zweite Mannschaft. Die Regionalliga bietet sehr gutes Wettkampfniveau. Dort können Talente zu Führungsspielern werden. Das ist sehr förderlich für ihre Entwicklung.