Publikumsliebling Jaroslav Drobny schließt sich Erzrivale Werder Bremen an. Doch nur wenige Fans nehmen ihm diese Entscheidung übel.
Für den Saisonabschluss gegen Augsburg konnte er sich nicht richtig motivieren, zuvor trat er verbal gegen den HSV nach – und doch haben die Fans Jaroslav Drobny in ihr Herz geschlossen. Daran ändert selbst der Wechsel zum Erzrivalen Werder Bremen nichts. Drobnys Einsatz in der Relegation gegen Greuther Fürth vor zwei Jahren, als er für den verletzten René Adler in die Bresche sprang und den ersten Abstieg des Bundesliga-Dinos durch zwei herausragende Spiele verhinderte, bleibt für die Anhängerschaft unvergessen.
Und viel wichtiger: Diese 180 Minuten überwiegen alles – auch seine Entscheidung, in Zukunft in Grün-Weiß aufzulaufen. „Ich finde es schade, dass er da hingeht, aber ich kann ihn verstehen. Beim HSV wollte man ihn nicht mehr haben“, sagt beispielsweise HSV-Fan Julio Cesar Ardon dem Abendblatt in einer Video-Umfrage.
80 Prozent der Fans verstehen Drobny
Überhaupt wünscht die deutliche Mehrheit der Fans Drobny viel Erfolg bei Werder. In einer Abendblatt-Umfrage gaben 80 Prozent der knapp 1800 Teilnehmer an, Drobny trotz des Wechsels zum Nordrivalen in guter Erinnerung zu behalten, während gerade mal 20 Prozent die Entscheidung des Tschechen nicht tolerieren können. „Der Mann ist gut, hat auf Gehalt verzichtet, dem HSV zweimal den Hintern gerettet, und wurde eiskalt abserviert. Gut gemacht“, sagt Tom Goldbaum. Und auch Sven Koopmann meint: „Es ändert nichts daran, dass der HSV ihm zu Dank verpflichtet ist.“
Aus sportlicher Sicht bewerten die Fans Drobnys Abgang als Riesenverlust. „Ich persönlich hätte ihn behalten, einen besseren zweiten Torhüter kann man gar nicht haben“, sagt Ardon. Dem stimmt auch Arne Becker in der Video-Umfrage zu: „Es war ein klarer Fehler, Drobny gehen zu lassen.“
Drobny vom HSV enttäuscht
Die Posse um Drobny begann, nachdem Bruno Labbadia dem Torwart-Oldie mitgeteilt hatte, dass sein Vertrag nicht verlängert werde. Kurz darauf rechnete Drobny mit dem HSV ab und verletzte dabei einen Ehrenkodex. „Ich saß vergangene Woche vor dem Spiel gegen Wolfsburg eine Stunde mit Beiersdorfer und auch allein mit Labbadia zusammen – aber keiner hat mir gesagt, dass ich gehen soll, obwohl es intern alle wussten. Du sitzt da, und sie lügen dir in die Augen. Das ist Kindergarten! Keiner hatte die Eier, es mir einfach ins Gesicht zu sagen“, hatte der Tscheche Mitte Mai der „Sport Bild“ gesagt.
Im Anschluss folgte ein beim HSV so noch nie vorgekommener Eklat: Drobny weigerte sich im letzten Saisonspiel gegen Augsburg aufzulaufen und überließ Tom Mickel (27), der bis dato noch kein Bundesligaspiel absolviert hatte, den Vortritt. Nichtsdestotrotz halten die Fans zum 36-Jährigen und sehen die Schuldigen vielmehr in den Club-Verantwortlichen. Hauptkritikpunkt ist, dass für ihren Liebling Drobny kein Abschiedsspiel organisiert wurde. „An dem Wechsel ist die Geschäftsführung vom HSV selber schuld. Wer einen Publikumsliebling so abfertigt, darf sich nicht beschweren. Es sitzen dort noch Leute, die Ihren Job überdenken sollten!!!“, schreibt Jürgen Sachse bei Facebook.
Fans: Mathenia tritt schweres Erbe an
Darüber hinaus bezweifeln einige Anhänger, dass es dem neuen Torwart, Christian Mathenia, gelingen wird, in Drobnys Fußstapfen zu treten. „Mathenia wird ein schweres Erbe antreten. Er muss sich erstmal Drobnys Status erarbeiten“, sagt beispielsweise Tom Müller dem Abendblatt. Und auch Dirk Niemann ist skeptisch, ob Mathenia Adler im Fall der Fälle würdig vertreten kann. „In der Regel kommen die Spieler immer her zum HSV, haben überall woanders gut gespielt, und hier spielen sie dann schlecht.“
An Drobnys Qualität gibt es hingegen keine Zweifel. Viele HSV-Fans sind sich sogar sicher, dass der Tscheche im Laufe der Saison Felix Wiedwald als Nummer eins verdrängen wird. Henning Kampen behauptet sogar, dass es noch ein weiterer Stammspieler bei Werder in Zukunft schwer haben wird. „Pizarro wird im Training keinen Elfmeter mehr treffen“, schrieb er bei Twitter und spielt damit auf Drobnys gehaltenen Strafstoß gegen den Peruaner beim Derbysieg des HSV im Volksparkstadion an.
Wenige Fans kritisieren auch Drobny
Es gibt aber durchaus auch kritische Stimmen gegen Drobny, wenngleich diese verhältnismäßig gering ausfallen. „Mit seinem Abgang hat er leider viel zerstört“, findet Dennis Walter. Tom Müller musste die Nachricht sogar erstmal verdauen, ehe er sich dazu äußern konnte. „Es war ein ziemlicher Schlag ins Gesicht für mich als HSV-Fan.“ Auch wenn ihn einige Anhänger gerne weiterhin in der Bundesliga sehen wollten, Werder hätte es dann nach ihrer Ansicht doch nicht sein sollen. „Er hätte überall hingehen können, aber nicht in die verbotene Stadt“, sagte Uwe Mirke. Frank Aepkers ging sogar noch einen Schritt weiter: „Die Raute im Herzen haben heute sowieso nur die Fans!“
HSV-Fan Maike Höft versuchte in der hitzigen Diskussion unter dem Abendblatt-Post bei Facebook für etwas Ruhe zu sorgen und sah den Wechsel ganz ökonomisch. „Super für Drobny, er bleibt dem Norden erhalten.“ Auch wenn Drobny jetzt für Bremen spielt, Hamburg wird sein Zuhause bleiben.