Supporters-Chef Horn kann Pfiffe nicht verstehen. Ist der Kader falsch zusammengestellt? Formeseyn äußert scharfe Kritik bei Matz ab.

Hamburg. Die 1:2-Heimpleite gegen Aufsteiger SV Darmstadt 98 hat dem HSV wieder einmal seine Schwächen drastisch vor Augen geführt. Schon das siebte Heimspiel dieser Saison ging verloren. Besonders bitter: Die Hamburger schaffen zumeist nicht, vor heimischer Kulisse gegen die Kellerkinder der Bundesliga zu gewinnen. „Wir haben wieder mal versagt“, stöhnte Mittelfeldspieler Lewis Holtby, Schütze des Hamburger Tores in der Nachspielzeit.

„Ich könnte, auf gut Deutsch gesagt, kotzen“, fauchte Torwart René Adler und zeigte Verständnis für das Pfeifkonzert der Zuschauer im ausverkauften Volksparkstadion. „Wir haben uns nach einem mittelmäßigen Bundesliga-Spiel in Hannover vor einer Woche feiern lassen, da müssen wir jetzt mit den Pfiffen leben.“

Die unüberhörbaren Pfiffe waren auch das Hauptthema beim HSV-Talk Matz ab. Supporters-Chef Tim-Oliver Horn konnte die Reaktion der Zuschauer nicht nachvollziehen: „Es pfeifen nur Pfeifen.“ Noch schlimmer sei allerdings höhnischer Beifall, betonte der Fan der Hanseaten. „Nach dem Spiel kann man durch Pfiffe durchaus seinen Unmut kundtun. Aber während des Spiels verunsichert man die Spieler durch einen Pfiff nach einem Ballverlust nur noch mehr.“

Kommentar: Warum HSV-Fans nicht pfeifen sollten

Der zweite Gast, Axel Formeseyn, war hingegen komplett anderer Meinung. Der Autor fand keinerlei Erklärung für den schwachen Auftritt gegen den Aufsteiger und zeigte Verständnis für die Pfiffe der Anhänger. „Wir haben in den letzten Jahren so viele Heimniederlagen kassiert. Man hat einfach irgendwann die Schnauze voll“, sagte Formeseyn, „richtige Freude kenne ich gar nicht mehr."

Formeseyn benennt Qualitätsprobleme des HSV

Gegen Darmstadt wurde einmal mehr die mangelnde Qualität des HSV deutlich. „Wir hatten zu viele Spieler, die nicht an die 100 Prozent gekommen sind“, entschuldigte Labbadia die dürftige Leistung. Dem Coach fiel ein weiterer Aspekt negativ auf. „Die Spieler sind zu schnell unzufrieden geworden, weil vieles nicht gelungen ist. Das hat mich genervt.“ Adler fordert von seinen Kollegen bedingungslosen Einsatz. „Wir müssen an das Leistungsmaximum gehen, um in der Bundesliga konkurrenzfähig und erfolgreich zu sein.“

Formeseyn ging bei seiner Analyse schon mehr ins Detail und rechnete mit einzelnen Spielern ab. „Gregoritsch ist noch nicht in der Lage, mit so einem Spiel umzugehen. Er macht extrem viele Fehler, spielt häufig die falschen Bälle.“ Außerdem seien die Außenverteidigerpositionen die größte Schwachstelle der Hamburger. „Ein Dennis Diekmeier zum Beispiel ist immer schwach und zögerlich. Er rückt in den falschen Momenten ein und wenn mal der Pass auf ihn kommt, ist er zu spät vorne. Das ist nicht bundesligatauglich“, schimpfte Formeseyn.

Warum war Diekmeier gegen Sulu eingeteilt?

Das größte Rätsel Diekmeiers hat der Rechtsverteidiger womöglich nicht mal mehr selber zu verantworten. Beim Standard, der zum 0:1 führte, war der 26-Jährige gegen Darmstadts kopfballstarken Innenverteidiger Aytaç Sulu eingeteilt, der sich für diese Zuordnung mit seinem siebten Saisontor bedankte. „Das sind handwerkliche Fehler, die einfach nicht wahr sein können“, drückte Moderator Marcus „Scholle“ Scholz seinen Unmut aus.

Als Formeseyn erfuhr, dass Diekmeier vertraglich noch bis 2018 an den HSV gebunden ist, schüttelte er nur den Kopf. „Ich flippe noch mal aus“, schimpfte der Lehrer, der sogar eine falsche Zusammenstellung des Kaders andeutete. „Wir sind nicht in der Lage, unsere Defizite mit Kampf wettzumachen, weil uns dafür die Spielertypen fehlen.“ Diese Aussage konnte Horn so nicht stehen lassen, wenngleich er die fehlende Qualität nicht abstreiten wollte. „Man kann aber auch nicht erwarten, dass der HSV nach zwei Fast-Abstiegen auf einmal die Bundesliga dominiert“, sagte der Supporters-Chef.

Galgenhumor über mögliche Relegation

Mit weiterhin 34 Punkten auf dem Konto ist der HSV in der Tat weit davon entfernt, die Liga zu dominieren. „Wir sind noch im Abstiegskampf“, weiß auch Horn, der aber alles auf den Klassenerhalt setzt. „Ich glaube, dass wir unseren großen Vorsprung über die Ziellinie kriegen werden.“

Bis zur Abstiegszone hat die Labbadia-Elf noch sechs Punkte Vorsprung. Einen möglichen Absturz auf den Stammplatz der letzten beiden Jahre sähe Formeseyn mit Galgenhumor. „Falls Leipzig Dritter wird und man verhindern will, dass der Brauseclub aufsteigt, braucht man in der Relegation einen Club, der sich damit auskennt.“ Diese Eigenschaft träfe unumstritten auf den HSV zu.