Hamburg. Der HSV will für die neue Saison planen und braucht dafür in Hannover einen Sieg. Im Sturm deutet sich ein überraschender Wechsel an.

Es könnte ein schöner 1. April werden für den HSV. Der Frühling ist da, es wird endlich warm in Hamburg, und die Fahrt zum ausverkauften Nordderby bei Hannover 96 steht an. 6200 HSV-Fans werden ihre Mannschaft begleiten. Alle Nationalspieler sind gesund von ihren Länderspielreisen nach Hamburg zurückgekehrt. Doch so richtig gute Stimmung will derzeit nicht aufkommen im Volkspark. Zu ernst ist die sportliche Situation vor dem Spiel beim Tabellenletzten am Sonnabend in der HDI Arena (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de). Nach verfrühten Aprilscherzen war Bruno Labbadia am Donnerstag daher auch nicht zumute. Deutlich angespannter als zuletzt wirkte der Coach zwei Tage vor dem Spiel.

Es ist eben wieder Frühlingsanfang. Und das bedeutet für den HSV mittlerweile traditionell Abstiegskampf statt Frühlingsgefühle. Wie schon vor einem Jahr, als der HSV gerade seinen zweiten Trainer beurlaubt hatte und auf Relegationsplatz 16 gerutscht war. Wie schon vor zwei Jahren, als der HSV mit dem dritten Trainer der Saison auf Rang 17 abstürzte. Ganz so dramatisch – das muss man an dieser Stelle erwähnen – ist die Lage diesmal nicht. Noch nicht. Denn die Tendenz ist deutlich. Nach zwei Niederlagen in Folge und lediglich neun Punkten aus der Rückrunde liegt der HSV nur noch vier Punkte vor dem Schreckgespenst namens Relegation. In der Rückrundentabelle steht der Club auf Platz 15, nur einen Zähler vor dem Vorletzten Augsburg.

Die Saison droht in Hängepartie zu enden

„Natürlich würde uns Planungssicherheit gut tun“, sagte Trainer Bruno Labbadia am Donnerstag auf Nachfrage und meinte damit nicht nur die sportliche Situation. Wie schon in den beiden Vorjahren hat sich der HSV selbstverschuldet in eine missliche Lage manövriert. Bleibt die Mannschaft auch in den beiden anstehenden Spielen in Hannover und gegen Darmstadt ohne Sieg, droht der sportlichen Leitung erneut eine wochenlange Hängepartie auf allen Ebenen. „Wir haben uns ein Päckchen von sieben Herausforderungen aufgeladen“, sagte Sportchef Peter Knäbel, der zu gerne in konkrete Gespräche mit potenziellen Neuzugängen und Spielern mit auslaufenden Verträgen einsteigen würde. „Bruno Labbadia und ich sind ungeduldige Menschen, wir wären jetzt gern schon weiter und hätten gern die nötige Planungssicherheit, das wäre möglich gewesen“, sagte Knäbel dem „Kicker“.

Da kommt Hannover 96 dem HSV gerade recht. Das abgeschlagene Schlusslicht hat unter Trainer Thomas Schaaf neun von zehn Spielen verloren. Zuletzt gab es erstmals in der Vereinsgeschichte sechs Heimspielniederlagen in Serie. Man könnte aber auch meinen, der HSV komme für Hannover gerade recht. In der jüngeren Vergangenheit waren die Hamburger als Aufbaugegner sehr willkommen. Doch an einen Aufbau glaubt in Hannover in dieser Saison eigentlich niemand mehr. Schaaf kündigte in dieser Woche an, die Mannschaft bis zum Ende der Saison zu begleiten, um dann bei einem voraussichtlichen Abstieg den Weg frei zu machen für einen neuen Trainer für das Projekt Wiederaufstieg.

Ein Vorteil also für den HSV, dass Hannover vor dem Spiel auf einen erneuten Trainerwechsel verzichtet hat? „Das sind Szenarien, mit denen ich mich nicht beschäftige“, sagte Labbadia am Donnerstag. „Das können wir auch nicht beeinflussen, deswegen beschäftigen wir uns nur mit uns. Wir wollen ein Topspiel abliefern.“ Labbadia setzt in Hannover vor allem auf eine bessere Chancenauswertung als in vielen Spielen der bisherigen Saison, in denen sich der HSV um eine frühzeitige Planungssicherheit brachte.

Labbadia könnte auf Schipplock setzen

Man darf es daher durchaus als Überraschung bewerten, dass Labbadia im Training den in dieser Saison noch torlosen Sven Schipplock als alleinige Sturmspitze aufbot. „Schippo ist eine große Option“, sagte Labbadia. Wer den Trainer häufiger reden hört, der weiß, dass diese Formulierung nahezu gleichbedeutend mit einer Einsatzgarantie für Schipplock einzuschätzen ist. Auch wenn Labbadia sagte, dass sich der Angreifer ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Pierre-Michel Lasogga und Artjoms Rudnevs liefere.

„Wir entscheiden, wer am besten zum Gegner passt und wer am besten drauf ist“, sagte Labbadia, der im Training und zuletzt im Test in Kiel bei Schipplock wohl einen Anflug von Frühlingsgefühlen ausgemacht hat. Seine letzten Startelfeinsätze bekam der vor der Saison aus Hoffenheim gekommene Schipplock in der Vorrunde ausgerechnet gegen Hannover und in Darmstadt, ehe er in ein wochenlanges Formtief fiel. Nun scheint der Stürmer wieder die Frische erlangt zu haben, die ihn noch zu Saisonbeginn ausgezeichnet hatte und die sich Labbadia für sein laufintensives Spiel erhofft. Im Training deutete sich an, dass Schipplock als erster Anläufer in einem druckvollen Pressingsystem fungieren soll.

Möglicherweise hat sich Labbadia auch an das Hinspiel erinnert. Bei der 1:2-Niederlage machte Schipplock in der ersten Halbzeit sein wohl bestes Saisonspiel, ehe er später die Großchance zur Entscheidung vergab. Dass der HSV das Spiel am Ende verlor, gilt bis heute als schlechter Aprilscherz.