Hamburg. Torhüter Adler fordert Erfolgserlebnisse und denkt dabei auch an seine eigene Zukunft. Sportchef Knäbel steckt in der Transferfalle.

Wenn man René Adler reden hört, könnte man meinen, es mit einem Manager zu tun zu haben. „Es ist wichtig, dass der Verein eine Planungssicherheit hat“, sagte der Torhüter des HSV etwa am Mittwoch. „Wir müssen eine wettbewerbsfähige Mannschaft aufbauen.“ Oder auch diesen Satz: „Spieler sind in der Vergangenheit nicht zu uns gekommen, weil wir ihnen keine sichere Perspektive bieten konnten.“ Worte, die man eigentlich von einem Sportchef erwartet. Adler aber ist kein Manager. Noch nicht. Der HSV-Keeper studiert nebenbei an der European Sportsmanagement Academy (ESM). Gerade erst hat der 31-Jährige seine Abschlussarbeit eingereicht. Thema: Corporate Social Responsibility. Adler hat die sozial-unternehmerische Nachhaltigkeit des HSV-Projekts Der Hamburger Weg untersucht. Besteht er an der ESM in Kürze auch die Klausur, ist er zertifizierter Sportmanager.

Adler kennt sich also aus mit strategischen Entscheidungen von Unternehmen. Und ihm ist bewusst, dass das Unternehmen HSV im Sommer vor richtungweisenden Entscheidungen steht. Vier wichtige Spielerverträge laufen aus. Drei weitere im Jahr darauf. Manager Peter Knäbel ist also gefragt in den kommenden Wochen. Problem Nummer eins: Der HSV muss sparen. Problem Nummer zwei: Aufgrund der sportlichen Lage kann der Verein noch nicht für die neue Saison planen. Und bei ebendieser Planung spielt die Nummer eins eine entscheidende Rolle. Denn einer der drei Verträge, die 2017 auslaufen, ist der von Adler. Man muss kein zertifizierter Manager sein, um zu wissen, was diese Vertragslage in der Regel bedeutet. Vorzeitig verlängern oder gewinnbringend verkaufen?

Klar ist, dass sich der HSV auf der Torhüterposition keine Sorgen machen muss. Mit Adler und Routinier Jaroslav Drobny, der ebenfalls noch bis 2017 an den Verein gebunden ist, verfügt der Verein über zwei erstklassige Bundesligatorhüter. Klar ist aber auch, dass der HSV sich damit einen großen Luxus leistet. Adler zählt mit einem geschätzten Jahresgehalt von 2,7 Millionen Euro zu den Topverdienern im Team, auch Drobny (1,5 Millionen) kostet für einen Ersatztorhüter viel Geld. Gleichzeitig will der Verein den Spieleretat weiter senken und braucht frische Einnahmen, um sich auf dem Transfermarkt wiederum zu verstärken.

Adlers Zukunft soll sich zeitnah klären

Muss Knäbel also auf der Torhüterposition aktiv werden? Dem Abendblatt sagte der Direktor Profifußball erst kürzlich, an der Struktur seiner Torwarthierarchie nur ungern etwas verändern zu wollen. Knäbel selbst hatte Adler vor einem Jahr zu Beginn seines Trainerintermezzos wieder zur Nummer eins gemacht. Eine Entscheidung, die er bis heute für wichtig erachtet. „Die Mannschaft weiß, wer die Nummer eins ist. Eine starke Nummer eins tut der Struktur der Mannschaft gut“, sagt Knäbel.

Ob Adler und der HSV auch über die Saison hinaus in eine gemeinsame Zukunft gehen, soll in den kommenden Wochen besprochen werden. „Wichtig ist jetzt erst mal, die nächsten zwei Spiele in Hannover und gegen Darmstadt erfolgreich zu gestalten“, sagte Adler am Mittwoch, „dann kann man sich auch in entspannter Atmosphäre bei einem Kaffee zusammensetzen und in Ruhe über gewisse Dinge sprechen.“ Adler, der Torhüter, Bruno Labbadia, der Trainer, und Peter Knäbel, der Manager. Seine Lust, weiterhin für den HSV zu spielen, hat Adler am Mittwoch erneut verdeutlicht. „Ich habe einfach Spaß daran, die Verantwortung, die mir der Trainer gibt, zu tragen und diesen Verein mit Haut und Haar zu leben.“

Weil Johan Djourou dem HSV auch am Sonnabend in Hannover aufgrund der Folgen einer Virusinfektion noch fehlen wird, führt Adler die Mannschaft wieder als Kapitän auf den Platz. Drei Tage vor dem Spiel machte der Torhüter schon einmal deutlich, was für den Verein beim Tabellenletzten auf dem Spiel steht. „Die Punkte sind für uns exorbitant wichtig“, sagte Adler. Sieben Spieltage vor Saisonende liegt der HSV nur vier Punkte vor dem Relegationsplatz 16. „Wir wissen um unsere Situation, keiner geht damit fahrlässig um. Es wäre aber der falsche Weg, jetzt in Panik zu verfallen.“ Adler gibt zwei Siege aus den kommenden beiden Spielen als Ziel aus. „Dann wäre so langsam gewährleistet, mit potenziellen neuen Spielern sprechen zu können“, sagte Adler wieder ganz im Stile eines Managers.

TV-Geld: Adler unterstützt HSV-Vorstoß

Woher das Geld für Neuzugänge kommen soll, darüber muss sich Adler keine Gedanken machen. Die Idee seines Vereins, künftig mehr Einnahmen durch eine neue Verteilung der TV-Gelder zu generieren, unterstützt der Torwart aber nicht nur aus der Sicht eines Managers. „Meine persönliche Meinung deckt sich mit der von Joachim Hilke“, sagt Adler. Der HSV-Marketingvorstand hatte am Mittwoch gemeinsam mit dem 1. FC Köln, Eintracht Frankfurt, Werder Bremen, dem VfB Stuttgart und Hertha BSC das Bündnis „Team Marktwert“ vorgestellt (Seite 21). Darin fordern die Partner, Traditionsclubs bei der Ausschüttung der TV-Gelder besser zu stellen, da Vereine mit höherem Bekanntheitsgrad und einer großen Fanbasis mehr zur Attraktivität der Bundesliga beitrügen.

Ein spannendes Modell, das sich auch gut als Thema für Adlers Abschlussarbeit geeignet hätte. Als zertifizierter Manager will sich der HSV-Keeper aber anderen Geschäftsfeldern widmen. Später, wenn er seine sportliche Karriere beendet. Doch darüber will sich Adler in diesen Tagen keine Gedanken machen. Zunächst gilt es, den Klassenerhalt zu schaffen. Um dann seine Zukunft in Hamburg zu klären.