Hamburg. Mit Carlos Mané will sich der HSV einmal mehr in der umstrittenen Transferperiode verstärken. Sporting fordert kuriose Klausel.
Die ersten HSV-Fans hatten sich bereits am Flughafen eingefunden, als am Montag um 12 Uhr eine TAP-Maschine aus Lissabon in Fuhlsbüttel landete. Der erhoffte Passagier der Hamburger Anhänger war allerdings nicht an Bord. Carlos Mané, offensiver Mittelfeldspieler von Sporting Lissabon und Wunschspieler des HSV, musste sich noch etwas gedulden. Während der 21-Jährige in der Heimat auf gepackten Koffern sitzt, verhandelt Hamburgs Sportchef Peter Knäbel noch immer mit den Verantwortlichen des portugiesischen Topclubs sowie Manés Beratern. Zwar waren sich beide Parteien zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich einig über das Geschäft, doch über einige Vertragsdetails wurde noch bis in den Abend hinein gepokert.
Der aktuelle Stand bei Mané und Traoré
Für eineinhalb Jahre soll der Flügelstürmer ausgeliehen werden. Zudem wird sich der HSV eine Kaufoption über neun Millionen Euro sichern. Mit Mané hätte der Club die „dringendste“ Personalie des Kaders gefunden, wie es sich Trainer Bruno Labbadia bereits am Wochenende erhoffte. Nach dem Wechsel von Zoltan Stieber zum 1. FC Nürnberg fehlt dem HSV eine Alternative für die offensiven Außenpositionen. Mit dem 1,72 Meter kleinen Mané, der bei Sporting zuletzt mit seiner Rolle unzufrieden war, wäre der Wunschspieler für die Offensive gefunden. „Wir sind dran, aber es geht immer noch um letzte Details“, sagte Peter Knäbel.
Ob sich der HSV nach dem Abschluss des Mané-Deals auch noch um Stürmer Bertrand Traoré vom FC Chelsea bemühen wird – Knäbel verhandelte am Wochenende zeitgleich mit den Londonern –, ist fraglich. Denn selbst eine Ausleihe für ein halbes Jahr wäre für die Hamburger nur schwer zu finanzieren. Knäbel hat die klare Vorgabe, nicht mehr als die zwei Millionen Euro auszugeben, die er durch den Verkauf von Marcelo Díaz zu Celta Vigo eingenommen hat. Der 20 Jahre alte Traoré, der in der Offensive alle Positionen spielen kann, gilt primär als Alternative für den Fall, sollten die Verhandlungen mit Mané doch noch scheitern. Auch der RSC Anderlecht ist interessiert.
Sporting will kuriose Klausel bei Mané
In jedem Fall wird der HSV zum dritten Mal in Folge kurz vor Ende der umstrittenen Wintertransferperiode die Gelegenheit wahrnehmen, seinen Kader zu optimieren. Ein schwieriges Unterfangen, wie die Beispiele der vergangenen Jahre zeigen. Vor zwölf Monaten holte Knäbel mit Ivica Olic und Díaz zwar zwei Spieler, die mit ihren Toren maßgeblich zum Klassenerhalt beitrugen. In der neuen Saison spielten beide aber sportlich keine Rolle mehr. Vor zwei Jahren waren es die Niederländer Ola John (Benfica Lissabon) und Ouasim Bouy (Juventus Turin), die der damalige Trainer Bert van Marwijk zwar von namhaften Clubs auf Leihbasis nach Hamburg lotste. Im Volksparkstadion lernten sie in ihrem halben Jahr aber lediglich den Sitzkomfort der Tribünenplätze kennen.
Die Vertragsverhandlungen mit Carlos Mané – unter anderem wollen sich die Sporting-Bosse vertraglich zusichern lassen, dass der Spieler später nicht zu einem Ligakonkurrenten innerhalb Portugals wechselt – zeigen, wie kompliziert die Geschäfte um Wintertransfers sein können. Denn im Gegensatz zur Sommerzeit, in der um Spieler mit auslaufenden Verträgen nur mit einer Partei verhandelt werden muss, ist die Interessenlage rund um den sogenannten „Deadline Day“ am 1. Februar deutlich größer. Genau wie das Risiko, mit einer Neuverpflichtung daneben zu liegen. Die Integrationszeit liegt durch die laufende Saison bei null. Auch deswegen will der HSV den jungen Mané, der sein gesamtes Fußballerleben bislang bei Sporting Lissabon verbrachte, bis 2017 an sich binden.
Winter-Transferperiode wird kritisch gesehen
Sportchef Knäbel hatte im Gespräch mit dem Abendblatt erst kürzlich betont, dass das Wintertransferfenster eher Risiken als Chancen birgt, und angeregt, grundsätzlich über eine Modifizierung der Transferregelung nachzudenken. Ein Großteil der Wintertransfers, so Knäbel, würde sich nicht auszahlen. Arsène Wenger, Teammanager von Arsenal London, hatte bereits vor zwei Jahren gefordert, Winterwechsel komplett ad acta zu legen, da er massive Zukäufe während dieser Wechselperiode als Wettbewerbsverzerrung ansehe. Auch aus der Bundesliga hagelte es schon mehrfach Kritik an der zweiten Transferperiode. „Sie ist sportlich unfair. Sie trägt zu einer Wettbewerbsverzerrung bei“, sagte beispielsweise Heribert Bruchhagen. Der Vorstandschef von Eintracht Frankfurt forderte, Vereine sollten im Winter nur das Geld investieren, das sie durch die Abgabe anderer Profis einnehmen. So wie es der HSV aufgrund der schlechten Finanzlage ohnehin machen muss.
Hannover 96 dagegen verpflichtete in diesem Winter bereits fünf Spieler. Wegen Beispielen wie diesem hat der Dachverband der Spielergewerkschaften FIFPro kürzlich Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Ziel ist es, eine grundlegende Änderung des aktuellen Fifa-Transfersystems zu erwirken. Im kommenden Jahr soll die Beschwerde bewertet werden, dann könnte die wenig beliebte Winter-Wechselperiode völlig neu justiert werden. Ein revolutionäres Urteil wäre es, wenn im Sinne der freien Arbeitsplatzwahl künftig keine Ablösesummen während der Vertragslaufzeit bezahlt werden müssten. Ein solches Urteil ist aber kaum zu erwarten.
Dem HSV bleiben in diesem Winter in jedem Fall noch sieben Tage Zeit, die gesteckten Transferziele umzusetzen. So lange sollte es aber gar nicht mehr dauern, bis zumindest Carlos Mané in Hamburg landen wird. Möglicherweise standen am Montagabend einige Fans erneut am Terminal II in Fuhlsbüttel. Um 22.40 Uhr landete eine weitere TAP-Maschine aus Lissabon.
Matz ab nach dem Bayernspiel: