Hamburg. HSV-Trainer muss sich gedulden: Viele Profis sind verletzt, Transfers haken – auch Ekdal hatte am Abend noch nicht unterschrieben.
Ihren zweiten Ferientag dürften sich Luca und Toni irgendwie anders vorgestellt haben. Die beiden Söhne von Ivica Olic, durch und durch vom HSV-Virus infiziert, waren extra zum Vormittagstraining in den Volkspark gekommen. Zum einen wollten die Blondschöpfe dem Papa und zum anderen 4,5-Millionen-Euro-Neuzugang Albin Ekdal zuschauen. In beiden Fällen blieb es allerdings beim Wunsch. Während Papa Olic das Trainings vorzeitig nach einem Pferdekuss oberhalb des linken Knies abbrechen musste, stand der Schwede Ekdal trotz erfolgreichen Medizinchecks gar nicht erst auf dem Platz. Es würden noch immer Unterschriften aus Italien fehlen, hieß es offiziell. Oder wie Trainer Bruno Labbadia inoffiziell nach der Einheit feststellte: „Bei uns hakt es noch.“
Es hakt sogar ganz gewaltig.
Gut drei Wochen vor dem ersten Pflichtspiel gegen Carl-Zeiss Jena machte Labbadia im Gespräch keinen Hehl daraus, dass er über den momentanen Stand der Vorbereitung, wie man in England so schön sagt, not amused sei. „Wir sind noch lange, lange nicht so weit“, sagte Labbadia, um seinen eigenen Worten noch ein wenig Nachdruck zu verleihen: „Wir sind noch lange, lange, lange, lange, lange, lange nicht so weit.“ Sechs mal „lange“ – deutlicher kann man die eigene Unzufriedenheit nicht zum Ausdruck bringen.
Ob er in dieser Vorbereitung ein wenig geduldiger als sonst sein müsste, fragte einer Labbadia nach dem Training am Freitag. Der Trainer zog die Augenbrauen hoch, atmete einmal tief ein und wieder aus und sagte dann: „Bei uns dauert eben manches ein wenig länger. Aber schön ist das alles nicht.“
Das alles? Das alles! „Die Mannschaft stellt sich doch momentan ganz von alleine auf“, sagte Labbadia vor dem Test gegen Zweitligaaufteiger Arminia Bielefeld an diesem Sonnabend (15.30 Uhr/live im Internet bei HSV-TV) und zählte auf: Nicolai Müller, Muskelprobleme im Gesäßbereich. Gojko Kacar, überlastete Adduktoren. Ivo Ilicevic, Bluterguss im Hüftbereich. Olic, Pferdekuss. Batuhan Altintas, Pferdekuss. Jaroslav Drobny, Aufbautraining. René Adler, Adduktorenprobleme. Kerem Demirbay, steigt erst an diesem Wochenende ein. Marcelo Díaz, steigt erst am kommenden Wochenende ein. Und die Neuen? Ekdal? Durfte noch nicht mittrainieren! Braunschweigs Emil Berggreen? Soll noch kommen! Bochums Michael Gregoritsch? Könnte kommen. Soll, hätte, könnte. „Das ist natürlich nicht optimal. Schon in der vergangenen Saison hatten wir damit zu kämpfen, dass wir erst spät einen Kader beisammen hatten“, sagt der Trainer, der die „Hamburger Morgenpost“ sogar auf die Zeile brachte: „Labbadia schlägt Alarm“.
Doch muss man wegen Blutergüssen und Pferdeküssen tatsächlich Alarm schlagen? Wahrscheinlich nicht. Doch Labbadia ist unzufrieden – und das will er auch mal gesagt haben. Und zumindest auf der Torhüterposition sind mahnende Worte durchaus berechtigt. Drobny soll nach seiner Schulterecksgelenksprengung zwar im Laufe des Trainingslagers wieder langsam einsteigen (Labbadia: „Wir werden kein Risiko eingehen“), doch eine Rückkehr ins Tor ist nicht absehbar. Und auch Adler, der sich am Donnerstag präventiv noch einen Weisheitszahn hat ziehen lassen, wird noch ein paar Tage fehlen. Nichts Dramatisches, aber der HSV reagierte trotzdem: Andreas Hirzel vom FC Vaduz absolvierte am Freitag den Medizincheck, soll als dritter Torhüter verpflichtet werden. Und Tom Mickel unterschrieb einen Vertrag als neuer U23-Keeper. Nach Harsewinkel ins einwöchige Trainingslager fährt der HSV nun mit insgesamt fünf Torhütern. Sicher ist sicher.
Cagliaris Präsident Giulini ließ den HSV und Ekdal auch Freitagabend zappeln
Stürmer sind dagegen weiterhin Mangelware. Die Dauer-Umworbenen Gregoritsch und Berggreen sind auf der Bielefelder Alm jedenfalls nicht dabei. Gregoritsch stand am Freitagabend noch im Bochumer Kader bei der Saison-Generalprobe gegen Borussia Dortmund. Und obwohl Berggreen nicht bei Braunschweigs Testspiel gegen Rayo Vallecano dabei war, gibt es laut Eintrachts Sportdirektor Marc Arnold auch beim Dänen „nichts Neues“.
Entgegen aller Erwartungen nichts Neues gab es vor allem beim designierten Königstransfer Ekdal. Der nicht nur von Luca und Toni heiß ersehnte Schwede ist bereits seit Donnerstag in Hamburg, hat auch seinen Medizincheck längst absolviert, erhielt aber auch bis zum Freitagabend nicht die erhoffte Freigabe aus Cagliari. Es fehle nur eine Unterschrift, hieß die Platte, die vom HSV seit Donnerstagabend immer und immer wieder abgespielt werden musste. Der Grund für die Verzögerung: Cagliaris etwas exzentrischer Präsident Tommaso Giulini, 38, machte sich offenbar einen Spaß daraus, den HSV und den im Grand Elysée wartenden Ekdal hinzuhalten. Am Freitagabend wurden immerhin schon mal Fotos den designierten Neuzugangs geschossen – veröffentlicht durften sie aber nicht werden.
Somit war es unwahrscheinlich, dass der mutmaßlich teuerste Neuzugang dieser Transferperiode an diesem Sonnabend pünktlich um 8 Uhr im Mannschaftsbus sitzt, um ins zweite HSV-Trainingslager nach Klosterpforten zu reisen. Bliebe sein Sitzplatz leer, dürfte sich Labbadias Laune auch zum Start des Wochenendes kaum bessern.