Auch ein Austausch über Sinn oder Unsinn des HSV-Maskottchens Dino Herrmann und den Verbleib der Stadion-Uhr wird erwartet.
Wenn Präsident Jens Meier am Sonntag gegen elf Uhr die ordentliche Mitgliederversammlung des HSV e. V. in der Imtech-Arena eröffnet, wird die Westtribüne wohl nur spärlich besetzt sein. Mit maximal 500 Anhängern rechnet der Verein zu der turnusmäßigen Veranstaltung. Und diese Mitgliedern müssen sich auch erst an einen anderen Blick gewöhnen: Denn die Bühne mit den Rednern steht nicht auf sattem Grün, sondern auf Fibersand, da der alte Naturrasen den Vorbereitungsmaßnahmen für den neuen Hybridrasen gewichen ist, der in Sachen Belastbarkeit klare Vorteile mitbringen soll.
Die Belastbarkeit der Teilnehmer wird dagegen kaum auf die Probe gestellt, denn mit nur neun Tagesordnungspunkten erscheint die Versammlung so gestrafft wie lange nicht. Zur Erinnerung: Vor ziemlich genau einem Jahr drohte die Tribüne aus allen Nähten zu platzen, als knapp 8000 HSV-Mitglieder für die Ausgliederung und die Pläne von HSVPlus gestimmt hatten. Derartig tiefgreifende Entscheidungen stehen in diesem Sommer nicht an, dennoch könnte vor allem der Tagesordnungspunkt sieben, der Bericht der HSV Fußball AG, für Diskussionen sorgen. Das erneut miserable Abschneiden der Bundesliga-Mannschaft steht in starkem Missverhältnis zum dafür vorgenommenen finanziellen Aufwand. Der Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer wird sich bei der Aussprache mit kritischen Fragen auseinandersetzen müssen. Aufsichtsratsboss Karl Gernandt hat nach Abendblatt-Informationen dagegen nicht vor, der Versammlung beizuwohnen.
Doch gerade die Suche nach Investoren, eines der Hauptaugenmerke Gernandts, gestaltete sich seit der Ausgliederung weit schwieriger als angenommen. Marketing-Vorstand Joachim Hilke hatte im Abendblatt-Interview unlängst zugegeben, dass es für große Unternehmen wahnsinnig schwer sei, eine Entscheidung für den HSV zu treffen, die in erster Linie von einem möglichen kommunikativen Ertrag getrieben ist, wenn der sportliche Erfolg ausbleibt.
Darüber hinaus rechnet der Supporters Club mit Tadel für die Verantwortlichen aufgrund der teilweise immensen Erhöhung der Dauerkartenpreise für Kinder und Behinderte. „Unsere Meinung dazu haben wir ja schon öffentlich kund getan“, sagt Abteilungsleiter Tim-Oliver Horn, der es auch vom Verlauf der Veranstaltung abhängig machen will, ob er oder andere Köpfe der Abteilungsleitung sich zu Wort melden wollen. „Wir diskutieren gerade noch intern, ob wir uns grundlegend äußern werden.“ In einem offenen Brief hatten die fördernden Mitglieder klar gemacht, dass sie eine Preiserhöhung, egal in welchem Umfang, in der derzeitigen Situation für das falsche Signal halten.
Auch ein Austausch über Sinn oder Unsinn des HSV-Maskottchens Dino Herrmann und den Verbleib der Stadion-Uhr wird erwartet. HSV-Idol Uwe Seeler sprach sich zuletzt klar für den Erhalt der Uhr aus, die die Bundesligazugehörigkeit der Hanseaten seit dem 24. August 1963 anzeigt. „Es ist doch toll, dass unsere einzigartige Liga-Geschichte so dokumentiert wird. Ich bin stolz, dass wir so etwas beim HSV haben“, sagte der 78-Jährige der „Bild“-Zeitung. Doch nachdem Hilke im Abendblatt-Interview noch beides zur Diskussion gestellt hatte, hat sich der Verein mittlerweile klar positioniert: Sowohl der Dino als auch die Uhr werden erhalten bleiben, der Verein will jedoch davon abrücken, sich überwiegend von solch traditionellen, rückwärtsgewandten Elementen leiten zu lassen.
Spart sich der HSV eine positive Nachricht auf?
Ansonsten stehen die Ehrungen und der Bericht des e. V. auf dem Programm – das war es im Großen und Ganzen auch schon. Erstmals überhaupt ist kein einziger Antrag vor der Versammlung eingegangen, auch Wahlen stehen nicht auf der Tagesordnung. Meier sowie Vizepräsident Henning Kinkhorst und Schatzmeister Ralph Hartmann sind noch bis 2018 im Amt.
Schon die vergangene Mitgliederversammlung, die im Januar vor 788 Mitgliedern im CCH stattfand und als eine der harmonischsten in die Geschichte einging, dauerte lediglich vier Stunden und 15 Minuten. Der einzige „Aufreger“, im positiven Sinne, war die Ankündigung des ehemaligen Aufsichtsratschefs Alexander Otto, das Campus-Projekt des HSV mit zehn Millionen Euro zu unterstützen.
Es würde nicht überraschen, wenn sich der HSV auch für diesen Sonntag eine positive Nachricht aufspart, um für eine gute Grundstimmung zu sorgen. Finale Entscheidungen in Sachen Neuzugänge sind allerdings nicht zu erwarten – Direktor Profifußball Peter Knäbel will noch die letzten Länderspiele der Saison abwarten, ehe es zum Vollzug kommt. Auch die Entscheidung über den Transfer von Süleyman Koç könnte sich länger hinziehen, denn weder die Vereine haben sich bisher geeinigt, noch liege über das Gesamtpaket für den Spieler Übereinstimmung vor, heißt es. Mit den HSV-Profis, deren Verträge auslaufen, werden derzeit Gespräche geführt, zu welchen Einschnitten sie bereit wären und ob stark leistungsbezogene Verträge überhaupt in Frage kämen. In den meisten Fällen deutet sich ein Abschied an.