Hamburg. „Das sind ja noch immer meine Jungs“: Lesen Sie hier, über wen der ehemalige HSV-Cheftrainer und KSC-Coach diese Aussage trifft.
William Shakespeare hätte an diesem Montagabend sicherlich seinen Spaß. Sein oder Nichtsein – das ist im Karlsruher Wildpark ab 19 Uhr (ARD/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) die Frage. Und der zweite Akt des Dramas, das an diesem Abend in 90, 120 oder sogar noch ein paar Minuten mehr geboten wird, sieht vor, dass es nur noch eine Antwort, eine alles entscheidende Antwort geben wird.
„Es ist ein Endspiel“, sagt Joe Zinnbauer, der sich bereits am Sonntag auf den Weg nach Karlsruhe gemacht hat, „und in so einem Alles-oder-Nichts-Spiel traue ich der Mannschaft nur alles zu.“ Vier Jahre lang stand der 45-Jährige beim KSC unter Vertrag. Von 1994 bis 1995 als Spieler, von 2011 bis 2014 als Trainer. Doch für den Wahl-Eimsbüttler, der noch bis zum 22. März den HSV trainiert hat und dessen Vertrag als U23-Trainer noch zwei Jahre weiterläuft, ist es trotzdem keine Frage, wem er den Sieg gönnt. „In Karlsruhe hatte ich eine schöne Zeit, aber natürlich drücke ich ganz fest meinem HSV die Daumen. Auch wenn ich nicht mehr der Cheftrainer bin, sind das ja noch immer meine Jungs.“
Zinnbauer erinnert an Drucksituationen
34 Saisonspiele und eine Relegationszugabe sind gespielt, doch letztendlich wird sich Wohl oder Wehe des HSV nur in diesem einen Finale entscheiden. „Wenn die Seele bereit ist, sind es die Dinge auch.“ Sagt nicht Zinnbauer. Sagt Shakespeare. Aber Zinnbauer sieht es genauso, sagt es nur anders: „Was mir großen Mut macht: Der HSV hat fast immer in dieser Saison geliefert, wenn die Mannschaft liefern musste.“
Der Ex-Coach erinnert an den überlebenswichtigen 1:0-Auswärtssieg in Dortmund („nach sechs sieglosen Spielen in Folge mussten wir siegen“), an die Fußballschlacht gegen Leverkusen („eine Ausnahmesituation, mit der die Mannschaft beeindruckend klargekommen ist“) und an den Saisonendspurt, wo der HSV mit Ausnahme vom Spiel in Stuttgart (1:2) dem Druck standgehalten habe („besonders im letzten Spiel gegen Schalke auf diese Art und Weise 2:0 zu gewinnen, war beeindruckend“).
Probleme hätte die Mannschaft leider immer nur dann gehabt, wenn aus welchen Gründen auch immer jeder mit einem Sieg gerechnet hat. Doch das sei in Karlsruhe an diesem Abend nicht der Fall. „Der HSV wird es schaffen“, sagt also Zinnbauer, der nicht den Hauch eines Zweifels aufkommen lassen will. Oder frei nach Shakespeare: „Zweifel sind Verräter, sie rauben uns, was wir gewinnen können, wenn wir nur einen Versuch wagen.“
HSV darf weiter hoffen: Ilicevic hält den Dino am Leben
Freude über Kacar und Ilicevic
Dabei ist es für Zinnbauer völlig unerheblich, welche elf Spieler sein Nachnachfolger Bruno Labbadia an diesem Abend ab 19 Uhr auf den Platz schickt. „Die Mannschaft muss zum Helden werden“, sagt der Fußballlehrer mit dem nötigen Pathos und verhehlt nicht, dass er angetan von der Entwicklung derjenigen ist, die unter ihm keine Rolle gespielt haben. „Besonders habe ich mich über Gojko Kacar und Ivo Ilicevic gefreut“, sagt Zinnbauer. „Ivo hatte eine schwere Phase bei uns, war fast immer verletzt. Ich musste ihm dann im Winter leider sagen, dass ich mich nicht auf ihn verlassen kann, weil sein Körper so anfällig war. Doch er hat sich nicht hängen lassen, hat weiter an seine Chance geglaubt und dafür gearbeitet. Das nötigt mir großen Respekt ab.“
Doch kein Happy End ohne wirkliches Drama. So war es am Wochenende erneut Ilicevics Körper, der großen Grund zur Sorge bereitete. Nach seinem herausragenden Auftritt im Relegationshinspiel klagte der Kroate in den Tagen danach über Adduktorenprobleme. Am Sonnabend pausierte Ilicevic, das Abschlusstraining am Sonntag im Volkspark brach der Offensivallrounder vorzeitig mit Schmerzen ab (siehe unten). Die zuletzt erstarkten Ilicevic, Slobodan Rajkovic und Gojko Kacar, der aber ohnehin in Karlsruhe gelbgesperrt fehlt, sind für Zinnbauer trotzdem „der Beweis, dass die Moral in dieser Mannschaft intakt ist.“ Sie hätten im Saisonendspurt gerade noch rechtzeitig für dringend notwendigen Konkurrenzkampf gesorgt. Oder wie es Shakespeare wahrscheinlich gesagt hätte: „Den besseren Gründen müssen gute weichen.“
„KSC verdient den Aufstieg - nächstes Jahr“
Einen Mann-Mann-Vergleich zwischen dem HSV (Transferwert: 70,5 Millionen Euro) und dem KSC (Transferwert: 16,3 Millionen Euro) vor dem alles entscheidenden Spiel könne man sich laut Zinnbauer allerdings getrost sparen. „Selbstverständlich hat der HSV eine höhere Qualität“, sagt er. „Geht man die erste Elf Spieler für Spieler durch, dann ist der HSV wahrscheinlich auf allen elf Positionen besser besetzt.“ Das Problem an dieser Gleichung: „In so einem Finalspiel, einer absoluten Ausnahmesituation, kommt es aber natürlich nicht zwangsläufig auf die Qualität der Einzelspieler an.“ Als Trainer müsse man versuchen, den negativen in einen positiven Druck umzuwandeln. „Man hat nichts mehr zu verlieren, sondern nur etwas zu gewinnen“, sagt Zinnbauer, der natürlich weiß, das dies umso mehr für den Zweitligadritten gilt. „Der KSC ist ein toller Verein, der den Aufstieg absolut verdient hat – in der nächsten Saison.“
Shakespeares Schlusswort, dessen Wahrheitsgehalt erst am Abend überprüft wird: „Ende gut, alles gut.“