Karlsruhe. Beim HSV-Gegner KSC ist endgültig das Bundesligafieber entfacht. Die Anspannung ist kaum geringer als in Hamburg, nur positiver.

„Sie sind von der Zeitung? Schreiben Sie: Die Mannschaft hat Charakter, der Trainer Leidenschaft und der Manager Verstand. Das ist das Erfolgsprinzip des KSC.“ Norbert Hüttli, der extra aus dem nahe gelegenen Iffezheim (bekannt durch seine Galopprennen) zum Abschlusstraining vor dem großen Relegationsfinale gegen den HSV gekommen ist, lehnt an der Eisenstange, die die verwitterten Betonstufen vom Trainingsplatz auf dem KSC-Gelände trennt, direkt neben der Spielerbank. Vor ihm sortieren die Karlsruher Profis ihre Sachen ein, Hüttli könnte jedem Einzelnen die Hand schütteln – aber er sieht keine Veranlassung dazu, schließlich gäbe es jeden Tag die Gelegenheit. Beim KSC ist jedes Training öffentlich.

Rund 100 Kiebitze genießen die sonnigen 22 Grad an diesem Sonntag, überwiegend Familien mit ihren kleinen Kindern. Anfeuerungsrufe, Klatschen, Gejohle? Fehlanzeige. Man kann sich kaum vorstellen, dass die Polizei die Begegnung als Hochsicherheitsspiel eingestuft hat und 1100 Beamte im Einsatz sein werden. Allein die Rekordzahl der Trainingsbesucher taugt als Indiz, dass sich die Stadt im 300. Geburtsjahr ihrer Gründung auf einen sportlichen Höhepunkt vorbereitet. Die 27.500 Tickets für das Wildparkstadion waren rasend schnell abgesetzt. Wer dabei sein will, muss im Internet 600 Euro für eine Karte hinblättern.

Jens Todt, der eben noch mit Trainer Markus Kauczinski ein Pläuschchen gehalten hatte, schlendert zum Spielfeldrand. 2013 hat der frühere Nachwuchsleiter des HSV die Nachfolge als KSC-Manager von Oliver Kreuzer angetreten, den es (für 650.000 Euro Ablöse) zum HSV zog. Nur eine von etlichen Verbindungen zwischen beiden Clubs. Hakan Calhanoglu war mit den vom HSV gezahlten 3,5 Millionen Euro Ablöse der Top-Transfer der Neuzeit, Joe Zinnbauer folgte Kreuzer 2014 nach Hamburg, erst als Junioren-Coach, dann als Zwischendurch-Cheftrainer. Wie soll es da wundern, dass beim 1:1 im Hinspiel mit Rouwen Hennings ein ehemaliger HSVer traf?

Todt noch immer befreundet mit Beiersdorfer

Mit Dietmar Beiersdorfer, der Todt 2008 damals zum HSV geholt hatte, ist der frühere Nationalspieler noch immer gut befreundet. Dass er 2009 beim HSV hinwarf, lag an anderen Vorstandsmitgliedern. Derzeit lässt Todt seinen Spezi allerdings in Ruhe, er kann nur zu genau nachvollziehen, wie sehr Beiersdorfer unter Druck steht.

Sie wirkten sowohl beim HSV als auch beim KSC

Amateure

Auch im Unterbau von HSV und KSC wurden in der Vergangenheit Spieler verschoben. Die jüngsten Fälle sind Nico Charrier und U-23-Kapitän Sven Mende, die im Sommer 2014 als "Mitbringsel" von Trainer Joe Zinnbauer von Karlsruhe nach Hamburg zogen. Dafür verließ Nachwuchstorhüter Florian Stritzel den HSV in den Wildpark. Dort kam der Keeper aber zu noch keinem Einsatz bei den Profis.

Aogo, Dennis

Aogo stammt aus Karlsruhe und war sechs Jahre lang für den KSC aktiv. Sein Durchbruch gelang dem Verteidiger beim SC Freiburg, was ihm sogar Berufungen in die Nationalmannschaft einbrachte. Zum HSV kam er 2008, nach mehreren Verletzungen zog er fünf Jahre später weiter zum FC Schalke 04. Aogos Jugendverein Bulacher SC brachte übrigens auch Gelsenkirchens Nachwuchstorhüter Timon Wellenreuther hervor, den Sohn des aktuellen KSC-Präsidenten Ingo Wellenreuther.

Calhanoglu, Hakan

Unterschiedlicher könnte ein Spieler kaum wahrgenommen werden. Während etliche HSV-Fans den Deutsch-Türken nach dessen umstrittenen Abgang zu Bayer Leverkusen trotz wichtiger Tore gegen den Abstieg zum Mond wünschen, genießt Calhanoglu unter den Anhängern der Karlsruher weiterhin Kultstatus. Schließlich schoss der Freistoßkünstler den KSC 2013 zurück in die zweite Liga. Bemerkenswert: Einen Tag nach dem Aufstieg schnürte er noch einmal für die A-Jugend die Fußballschuhe und rettete das Team vor dem Abstieg aus der Junioren-Bundesliga.

Fink, Thorsten

Kam 1994 von Wattenscheid nach Karlsruhe und reifte dort in den Uefa-Cup-Glanzzeiten zum Klassespieler, der drei Jahre darauf beim FC Bayern landete. Mit München holte er 2001 die Champions League, bevor er 2006 bei Red Bull Salzburg seine Trainerkarriere startete. 2011 wurde er vom HSV als Nachfolger von Michael Oenning geholt. Trotz seiner Entlassung am 5. Spieltag der Saison 2013/14 hielt sich Thorsten Fink unter all den Hamburger Trainern der jüngeren Vereinsgeschichte am Längsten im Sattel.

Hennings, Rouwen

Der Torschützenkönig der abgeschlossenen Zweitligarunde (17 Treffer) hat eine HSV-Vergangenheit. Zwischen 2000 und 2007 lief der gebürtige Bad Oldesloer für die Rothosen auf, kam aber nicht an den damaligen Sturmgrößen Paolo Guerrero, Emile Mpenza oder Benjamin Lauth vorbei. Besser lief es für Hennings bei seinem anschließenden Engagements in Onsabrück, beim FC St. Pauli und schließlich in Karlsruhe. "Ich habe fast so viele Tore wie der HSV", scherzte der Angreifer am Ende dieser Saison.

Kirjakow, Sergei

In sechs Jahren Karlsruhe schoss der quirlige Russe zwar nur 29 Tore, sich durch seine Tänzchen auf dem Spielfeld und Interviews aber nachhaltig in die Herzen der KSC-Fans. Auch in den Notizblöcken der HSV-Verantwortlichen tauchte Kirjakow auf, der daraufhin 1998 an die Elbe wechselte. Mit mäßigem Erfolg: Lediglich fünf weitere Bundesligatreffer ließen "Kiki", wie der Rotschopf bei Auftritten in der KSC-Traditionsmannschaft noch heute genannt wird, nur ein Jahr später zum Zweitligisten TeBe Berlin weiterziehen.

Kreuzer, Oliver

Prägende Figur des aktuellen HSV-Niedergangs. Kreuzer transferierte als Karlsruher Manager erst Hakan Calhanoglu für vier Millionen Euro nach Hamburg, um dort dann eine Saison später selbst für eine Ablösesumme von insgesamt 750.000 Euro anzuheuern. Holte im Sommer 2014 seinen Intimus Joe Zinnbauer zum HSV, bevor er im Oktober desselben Jahres für HSV-Sportchef Peter Knäbel weichen musste. Als Kreuzer 1991 für fünf Millionen D-Mark vom KSC zum FC Bayern München wechselte, war dies der bis dato teuerste Transfer eines Abwehrspielers der Bundesligageschichte.

Labbadia, Bruno

Der "Pistolero" beendete in Karlsruhe 2003 seine Karriere als Profifußballer - und wie: Im entscheidenden Spiel gegen den Abstieg aus der zweiten Liga schoss Labbadia ein Tor zum 2:1-Sieg gegen Greuther Fürth und seinen heutigen Schützling beim HSV, Heiko Westermann. Legendär eine Aktion der KSC-Fans, die Labbadia nach anhaltender Torflaute so lange persönlich unterstützten, bis der Knoten des Hessen endlich wieder platzte. In Hamburg agierte Labbadia von 1987 bis 1989 als Spieler sowie in der Saison 2009/10 und seit 15. April 2015 als Trainer.

Rolff, Wolfgang

Eine Figur, an die sich HSV- und KSC-Fans gleichermaßen gerne zurückerinnern dürften. In Hamburg war Rolff schließlich Mitglied der Mannschaft, die 1983 mit dem Sieg im Landesmeisterwettbewerb gegen Juventus Turin den größten Erfolg der Vereinsgeschichte perfekt machte. Neun Jahre und vier Vereine später landete er in Karlsruhe, wo Trainer Winfried Schäfer um den "Leitrolff" herum die erfolgreichste KSC-Mannschaft der jüngeren Vereinsgeschichte aufbaute. Höhepunkt: Ein 7:0 im Uefa-Pokal gegen den damaligen spanischen Tabellenführer FC Valencia.

Schupp, Markus

Beide Relegationsgegner kennt auch Markus Schupp. In Hamburg war der Mittelfeldspieler allerdings nur eine Spielzeit aktiv. In der Saison 1996/97 erzielte Schupp, damals gerne verwechselt mit Mitspieler Markus Schopp, immerhin zwei Tore im Uefa-Cup. In Karlsruhe endete Schupps erste und vorerst letzte Station als Cheftrainer 2010 mit der Entlassung. Seit dem 23. Mai 2014 ist er Sportdirektor beim 1. FC Kaiserslautern.

Todt, Jens

Als Profi brachte er es bis zum Nationalspieler, als Funktionär benötigte der Hamelner eine längere Anlaufzeit. Seine Arbeit als Verantwortlicher im HSV-Nachwuchsbereich war wie auch seine Tätigkeit als Manager des VfL Bochum nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Besser läuft es beim KSC, wo Todt als kongenialer Partner von Trainer Markus Kauczinski die Arbeit seines Vorgänger Oliver Kreuzer fortführt und den badischen Traditionsverein schneller als erwartet für die geplante Rückkehr ins Fußball-Oberhaus aufgestellt hat.

Zinnbauer, Josef 

In Karlsruhe fiel Zinnbauer als Jungprofi Mitte der 90er Jahre weniger durch Einsätze in der ersten Mannschaft als durch seine Erfolge als umtriebiger Unternehmer auf. Als Finanzdienstleister brachte er es früh zu seinen ersten Millionen. Zweitligaspiele sammelte "Joe" dann für Mainz, ehe er als Trainer in den Wildpark zurückkehrte. Erfolgreiche Arbeit als Coach der zweiten KSC-Mannschaft führte ihn zum HSV, wo er über das Reserveteam sogar bis zum Cheftrainer der Bundesligamannschaft aufstieg. Der Abstiegskampf kostete am Ende allerdings auch Zinnbauer den Job.

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In Karlsruhe ist die Anspannung kaum geringer, nur positiver. „Die Stadt kocht, sie vibriert förmlich. Egal ob beim Bäcker, beim Tanken oder beim Metzger, es gibt nur ein Thema: den möglichen Aufstieg des KSC. Die Menschen sind euphorisch und gelassen zugleich.“ Auf dem Platz läuft unterdessen ein kurzes Trainingsspiel. „Druff, druff! Attacke!“ Die lauten Kommandos lassen erahnen, dass der KSC am Montag die Spieleröffnung des HSV früh unterbinden will. Mittendrin steht Kauczinski, der mit seiner stämmigen Statur ein wenig an Schauspieler Armin Rohde erinnert. Seit 14 Jahren arbeitet der Gelsenkirchener bereits für die Badener, bis 2012 als Juniorentrainer, dreimal musste der 45-Jährige als Interimslösung aushelfen. Als er vor drei Jahren seine Fußballlehrerlizenz geschafft hatte, dauerte es acht Tage bis zur Beförderung zum Cheftrainer.

HSV darf weiter hoffen: Ilicevic hält den Dino am Leben

Ivo Ilicevic jubelt nach seinem Ausgleichstreffer gegen den KSC
Ivo Ilicevic jubelt nach seinem Ausgleichstreffer gegen den KSC © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Sein erstes Saisontor war gleich ein ganz wichtiges
Sein erstes Saisontor war gleich ein ganz wichtiges © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Der Moment des Glücks: Ilicevic feiert seinen Treffer in der Fankurve
Der Moment des Glücks: Ilicevic feiert seinen Treffer in der Fankurve © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Im Rückspiel muss Bruno Labbadia auf Heiko Westermann wegen einer Gelbsperre verzichten
Im Rückspiel muss Bruno Labbadia auf Heiko Westermann wegen einer Gelbsperre verzichten © WITTERS | TimGroothuis
Auch Gojko Kacar, der gegen den KSC ein schwaches Spiel machte, kassierte seine fünfte Gelbe Karte und fehlt somit im Rückspiel
Auch Gojko Kacar, der gegen den KSC ein schwaches Spiel machte, kassierte seine fünfte Gelbe Karte und fehlt somit im Rückspiel © dpa | Marcus Brandt
Bruno Labbadia gibt dem Dino-Maskottchen Hermann einen Klaps. Bleibt der HSV erstklassig?
Bruno Labbadia gibt dem Dino-Maskottchen Hermann einen Klaps. Bleibt der HSV erstklassig? © WITTERS | TimGroothuis
Ivica Olic biss auf die Zähne und spielte trotz Rückenproblemen
Ivica Olic biss auf die Zähne und spielte trotz Rückenproblemen © WITTERS | TimGroothuis
Enttäuschte Blicke bei Marcelo Díaz, Pierre-Michel Lasogga und Lewis Holtby nach dem Gegentor
Enttäuschte Blicke bei Marcelo Díaz, Pierre-Michel Lasogga und Lewis Holtby nach dem Gegentor © WITTERS | ValeriaWitters
Wenn etwas spielerisch ging, dann über den nach der Saison scheidenden Ivo Ilicevic
Wenn etwas spielerisch ging, dann über den nach der Saison scheidenden Ivo Ilicevic © WITTERS | ValeriaWitters
Rouwen Hennings wird von Johan Djourou nicht richtig angegriffen und zieht einfach mal ab. Der Ball schlägt flach im langen Eck ein - 0:1!
Rouwen Hennings wird von Johan Djourou nicht richtig angegriffen und zieht einfach mal ab. Der Ball schlägt flach im langen Eck ein - 0:1! © WITTERS | TimGroothuis
Lasogga im Luftduell mit Manuel Torres
Lasogga im Luftduell mit Manuel Torres © WITTERS | TimGroothuis
Johan Djourou hat Marcelo Díaz mit dem Halbzeitpfiff ein paar Takte zu sagen
Johan Djourou hat Marcelo Díaz mit dem Halbzeitpfiff ein paar Takte zu sagen © WITTERS | ValeriaWitters
Matthias Ostrzolek verliert den Zweikampf gegen Dominic Peitz, der jedes Kopfballduell für sich entschied
Matthias Ostrzolek verliert den Zweikampf gegen Dominic Peitz, der jedes Kopfballduell für sich entschied © WITTERS | TimGroothuis
Slobodan Rajkovic wird von Rouwen Hennings unter Druck gesetzt
Slobodan Rajkovic wird von Rouwen Hennings unter Druck gesetzt © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Díaz und Holtby können den Rückstand nicht fassen
Díaz und Holtby können den Rückstand nicht fassen © WITTERS | ValeriaWitters
Pierre-Michel Lasogga treibt den Ball nach vorne
Pierre-Michel Lasogga treibt den Ball nach vorne © WITTERS | ValeriaWitters
Bruno Labbadia war teilweise ratlos aufgrund der schwachen Leistung seiner Mannschaft
Bruno Labbadia war teilweise ratlos aufgrund der schwachen Leistung seiner Mannschaft © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
„Niemals 2. Liga“: Wie lange ist dieses Plakat noch aktuell?
„Niemals 2. Liga“: Wie lange ist dieses Plakat noch aktuell? © WITTERS | TimGroothuis
Gojko Kacar wird von Manuel Torres bedrängt
Gojko Kacar wird von Manuel Torres bedrängt © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Rafael van der Vaart saß zu Beginn des Spiels nur auf der Bank
Rafael van der Vaart saß zu Beginn des Spiels nur auf der Bank © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Ankunft des HSV-Mannschaftsbuses. Vor der Osttribüne haben Fans ein Spalier gebildet
Ankunft des HSV-Mannschaftsbuses. Vor der Osttribüne haben Fans ein Spalier gebildet © WITTERS | TimGroothuis
Tausende HSV-Fans sorgten für eine beeindruckende Kulisse beim Empfang der Mannschaft
Tausende HSV-Fans sorgten für eine beeindruckende Kulisse beim Empfang der Mannschaft © WITTERS | TimGroothuis
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Unter ihm gelang nach dem Abstieg in die Dritte Liga 2013 der sofortige Aufstieg, jetzt hat er aus einer Truppe ohne Stars mit einem Etat von nur 7,5 Millionen Euro ein erstligareifes Team gebastelt. „Der Entwickler“ nennen sie ihn in Baden deshalb mit Recht. Als „herzlich, berechenbar und mit einer natürlichen Autorität ausgestattet“ charakterisiert Todt den KSC-Coach, der mit einer guten Organisation die Grundlage für Platz drei in Liga zwei legte. 17 Spiele zu null sprechen für die Defensivqualitäten.

Kauczinski, der nach nur 45 Minuten die Einheit beendet hat, packt seine Sachen. Ob er noch kurz Zeit habe? Kein Problem. Die Videoanalyse hat er sowieso schon vor dem Training abgehalten, und seine Jungs sieht er erst morgen früh wieder. Die Spieler dürfen wie sonst auch immer vor der Partie gegen den HSV in ihren Betten schlafen, am Montag um 11 Uhr trifft man sich zum Anschwitzen.

2017 soll neuer Wildpark gebaut werden

Das Relegationshinspiel hat sich der Trainer – natürlich – noch mal in Ruhe angeschaut. Seine Erkenntnis: „Die Leistung des HSV war nicht so schlecht, wir haben bloß das Positionsspiel gut unterbunden. Aber es gab immer wieder Phasen, in denen sie gedrückt haben.“ Außer der Prognose, dass das Relegationsrückspiel sicher nicht 0:0 enden werde, mag Kauczinski keine Voraussagen machen. „Alles kann passieren, körperlich schätze ich die Hamburger stärker ein.“

Was für Karlsruhe ein Aufstieg bedeuten würde? „Den Ausstieg aus dem Dornröschenschlaf“, reagiert Kau­czinski spontan. „Wir hatten häufig nur 13.000 Zuschauer, erst gegen Ende haben die Fans Feuer gefangen.“ Die Stimmung unter den Karlsruhern gedreht zu haben, das nennt Präsident Ingo Wellenreuther als größte Errungenschaft. 2010, als der CDU-Bundestagsabgeordnete als Not-Vorstand eingesetzt wurde, sei die Außenwahrnehmung des KSC katastrophal gewesen, erzählt er am Telefon, finanziell war der Club sowieso am Ende. Heute arbeite man vertrauensvoll zusammen und spreche nur mit einer Stimme. So etwas registriert die Basis ganz genau. „Sie bekommen einen Badener nicht so schnell auf 180 wie vielleicht andere Menschen, die am Rhein leben“, sagt Wellenreuther, „aber Karlsruhe ist eine absolut sportbegeisterte Stadt.“

Fast am Ende war der KSC 2012 nach dem Abstieg aus der Zweiten Liga. Ohne die Unterstützung des Vizepräsidenten Günter Pilarsky – der Unternehmer, dessen Cronimet-Gruppe mit Edelstahlschrott handelt, soll sieben Millionen Euro investiert haben – hätte sich der KSC wohl kaum erholen können. Den Wettbewerbsnachteil durch das alte, marode Stadion kann Wellenreuther aber frühestens ab 2019 eliminieren. 2017 soll der Baubeginn für eine neue, 65 Millionen Euro teure Arena erfolgen, Bauherr ist die Stadt.

Inzwischen hat sich der Trainingsplatz geleert. Während Kauczinski noch ein paar Kinder in KSC-Trikots knuddelt, verabschiedet sich auch Fan Hüttli: „Ich habe alle Höhen und Tiefen erlebt. Glauben Sie mir: Immer wenn man meint, sie sind tot, kommen sie wieder.“ Der Glaube an das glückliche Ende eines Badener Fußball-Märchens, er ist da. Für Hamburger klingt die Aussage eher wie eine Drohung.