Hamburg . Magath kritisiert die jüngste Entwicklung beim HSV. Green könnte nächste Saison einen Neuanfang starten.

Tag zwei nach der überraschenden Entscheidung des HSV, dem bisherigen Sportchef Peter Knäbel nach der Freistellung von Trainer Joe Zinnbauer die Verantwortung zu übergeben, die verunsicherte Mannschaft als neuer Chefcoach zu führen. Nach einem turbulenten Montag reagieren nun einige Ex-HSV-Spieler und -Funktionäre mit Kopfschütteln auf die aktuelle Entwicklung beim HSV. Außerdem macht Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge Julian Green, der in Hamburg nur noch durch Negativ-Schlagzeilen auffällt, Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Die Geschehnisse des Tages im Protokoll:

14.10 Uhr: Thomas von Heesen kann die Entscheidung der Clubspitze nachvollziehen, Sportchef Knäbel auch zum Trainer zu machen. „Wie jemand bewertet wird, ist völlig uninteressant. Wichtig ist, dass er den Draht zum Team findet. Ich glaube, da ist er nah dran“, sagte der ehemalige Spieler und Aufsichtsrat des HSV in einem Sport1-Interview. Sein Ex-Club habe schnell handeln müssen. „Wenn jetzt ein Neuer käme, der sagt dann erst: 'Ich muss erst mal die Mannschaft kennenlernen und habe eine ganz andere Philosophie'. Der Faktor Zeit ist schon wichtig“, meinte von Heesen.

10.44 Uhr: Zinnbauer hatte offenbar nur einen Profi-Vertrag bis Saisonende. Das berichtet die "Bild"-Zeitung. Damit sorgte der Verein bereits vor, zur neuen Saison Wunschtrainer Thomas Tuchel zu verpflichten. Zinnbauers Vertrag läuft noch bis 2016, gilt ab Sommer aber wohl nur für die U23.

10.31 Uhr: Die Entlassung von Zinnbauer und Installation von Knäbel als Trainer sorgt bei zahlreichen Experten für Stirnrunzeln. Der ehemalige HSV-Stürmer Dieter Schatzschneider kritisiert die Entscheidung des Clubs: "Ich hätte Zinnbauer nicht entlassen. Die Mannschaft war unter ihm immer hochmotiviert. Knäbel war eh jeden Tag bei der Mannschaft, da braucht er nicht den Trainerposten für. Und wenn man schon den Trainer entlässt, dann hätte ich einen Retter geholt", sagte der 56-Jährige der "Bild"-Zeitung.

10.01 Uhr: Joe Zinnbauer will nach seiner Entlassung wieder mehr Zeit mit der Familie verbringen. Die Umstellung vom stressigen Bundesliga-Alltag in ein ruhigeres Leben fällt dem 44-Jährigen sichtlich schwer. "Ich brauche eigentlich gar keine Pause. Am liebsten würde ich sofort wieder hier auf den Platz marschieren. Aber ich darf das jetzt nicht mehr", sagte Zinnbauer der "Hamburger Morgenpost". Um sich weiterzubilden wird er in England hospitieren. Ob er wieder die U23 des HSV übernimmt, ist noch unklar. Nachdem er bereits Bundesliga-Luft geschnuppert hat, reizt ihn auch ein neuer Job in Deutschlands höchster Spielklasse. "Der Reiz ist da, natürlich. Ich habe auch Rückmeldungen bekommen, dass meine Arbeit insgesamt wohl ganz gut ankam. Wenn es mal Vereine geben sollte, die sagen: „Wir brauchen jetzt den Joe“, werde ich es sicher mitbekommen", sagte Zinnbauer der Mopo.

8.16 Uhr: Felix Magath hat mit Verwunderung auf die jüngste Entwicklung beim HSV reagiert. „Heute wird von einer Woche zur anderen ein Sportdirektor plötzlich Trainer, da darf man doch schon etwas verwundert schauen“, sagte der ehemalige HSV-Coach. Doch gerade Magath war bei seinen Stationen in Stuttgart (2002 bis 2004), Wolfsburg (2007 bis 2009 sowie 2011 bis 2012) und Schalke 04 (2009 bis 2011) in der umstrittenen Doppel-Funktion tätig. „Man findet für jede Entscheidung Argumente. Grundsätzlich hat man als Sportdirektor eine andere Funktion als ein Trainer. Als ich dieses englische Modell in Deutschland verkörperte, wurde ich dafür von vielen noch sehr stark kritisiert“, meinte der 61-Jährige.

8.02 Uhr: Die Ausleihe von Julian Green ist bislang ein riesen Missverständnis beim HSV. Zuletzt löste der 19-Jährige nur noch Kopfschütteln bei Fans und Verantwortlichen der Hamburger aus. Bayern-Boss Rummenigge setzt dennoch auch in Zukunft auf den Angreifer, will ihn allerdings noch einmal ausleihen, bevor er bei den Münchnern durchstarten soll. „Ich denke nicht, dass er direkt hier bei den Bayern bleiben wird. Er braucht vielleicht noch ein Jahr irgendwo bei einem anderen Klub, in Deutschland oder England“, sagte Rummenigge. Auch US-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann stärkt Green weiterhin den Rücken und nominierte ihn für die beiden Länderspiele gegen Dänemark (25. März) und die Schweiz (31. März).

7.45 Uhr: Arnesen ist kein Einzelfall. Auch Holger Hieronymus sprang in der Saison 2000/2001 als Sportdirektor für zwei Spiele (eine Niederlage und ein Remis) ein: „Es ist eine besondere Situation, ein schwieriges Unterfangen. Wir reden über zwei Funktionen, die parallel ausgeübt werden. Um beide richtig auszuführen, müsste der Tag ein paar Stunden mehr haben.“

7.35 Uhr: Beim HSV ist es nicht das erste Mal, dass ein Sportchef vorübergehend als Trainer einspringt. Frank Arnesen ist dieses Risiko vor dreieinhalb Jahren eingegangen. Der damalige Sportchef sprang für ein Spiel gegen den SC Freiburg ein, weil sich der HSV und der FC Basel noch nicht auf einen sofortigen Wechsel von Thorsten Fink geeinigt hatten. „Mir haben damals viele Leute abgeraten. Ich wusste, dass es riskant ist. Aber anders als im Fall von Peter wusste ich auch, dass es wohl nur für ein Spiel sein muss“, sagt Arnesen, den die jüngste Entscheidung des HSV überrascht hat: „Die Rollen von Sportchef und Trainer sind grundverschieden. Aus meiner Sicht geht Peter Knäbel ein riesiges Risiko ein.“

7.20 Uhr: Die Entscheidung, in Peter Knäbel bereits auf den dritten Trainer in dieser Saison und den 14. Fußball-Lehrer in gut zehn Jahren zu setzen, sorgte im Netz für Hohn und Spott. Hier ein paar Auszüge:

„Liebling, würdest du mich noch einmal heiraten? „Oft!“ „Sag, wie oft?“ „So oft, wie der HSV Trainer wechselt.“ „Schatz, du bist sooo romantisch!“

„Nach der Entlassung von Joe Zinnbauer musste der HSV bei der Suche nach einem Cheftrainer zahlreiche Absagen verkraften. Aufgrund der schwierigen sportlichen Lage gaben der erfahrene Grieche Odysseus, Gott und US-Routinier Chuck Norris dem Bundesligisten einen Korb.“

„Also liegt der Verdacht nahe, dass die Idee zu Knäbel von einem Mann in Schlappen und Bademantel stammte: „Knäbel ma sagen … bidde … bidde... Knäbel... das ist ’ne reine Welt-Idee!“

„Hat Knäbel auf der Antritts-PK schon gesagt, dass der HSV unter die Top 5 Deutschlands gehört?“

„Was ist der Unterschied zwischen Karstadt und dem HSV? Beide sind pleite – aber Karstadt hat die bessere Sportabteilung.“

„Der HSV sollte Klaus Wowereit als Trainer und Hartmut Mehdorn als Assistenten engagieren? Wichtig wäre nur, beiden die zwingende Vorgabe „Abstieg in die 2. Liga“ zu machen. Damit wäre dauerhaft garantiert, dass der HSV in der 1. Liga bleibt.“

„Der HSV wird den Trainerposten in Zukunft ausschließlich mit Leiharbeitern besetzen. Damit sollen Millionen an Abfindungen eingespart und spontane Trainerwechsel erleichtert werden.“ (Postillon)

Der Live-Blog vom Montag zum Nachlesen

7.00 Uhr: Peter Knäbels erster Auftritt als Chef-Interims-Doppel-Manager-Trainer begann eine Minute zu früh: Um 14.59 Uhr kamen er und die Mannschaft auf den Platz. Auf dem Weg suchte Knäbel zunächst das Gespräch mit Pierre-Michel Lasogga, der den Eindruck hatte, gegen Hertha nur wegen Knäbels Einmischung nicht von Anfang an gespielt zu haben (das Abendblatt berichtete). Zwei Minuten lang redeten die beiden, dann begann Knäbels erste Einheit. Das Protokoll:

15.03 Uhr: Athletiktrainer Carsten Schünemann leitet das Aufwärmen. Knäbel schaut gemeinsam mit Videoanalyst Matthias Kreutzer zu.

15.16 Uhr: Nach einer kurzen Ansprache teilt Knäbel die zwölf anwesenden Feldspieler für eine Kurzpassübung in zwei Sechsergruppen ein. Die angeschlagenen Profis (van der Vaart, Müller, Jansen, Westermann) blieben im mobilen Trainingszelt, Díaz joggte.

15.30 Uhr: Jetzt geht es gegeneinander. Knäbel bittet die beiden Gruppen zu einem Sieben-gegen-Sieben mit wechselnden Torhütern.

15.37 Uhr: Rudnevs in Trefferlaune. Der Lette erzielt binnen weniger Sekunden zwei Tore. „Wir wollen unsere Offensivkraft verbessern“, so Knäbel.

15.40 Uhr: Immer wieder unterbricht Knäbel die Partie, gibt Anweisungen oder hebt gelungene Aktionen hervor. „Traut euch“ oder „Ihr braucht zu lange“ schallt es über den Platz.

16.17 Uhr: Lasogga beendet die Partie mit einem wuchtigen Schuss ins lange Eck. Drobny ohne Chance.

16.19 Uhr: Abschließend geht’s zum Elfmeterpunkt. Fast alle treffen im ersten Versuch. Einzig Marcos scheitert auch im zweiten Anlauf an Drobny.

16.25 Uhr: Trainingsende. Holtby und Lasogga üben daraufhin noch fleißig Freistöße.