Hamburg. Das Spiel zwischen dem HSV und Dortmund erhitzte die Gemüter. BVB-Trainer Jürgen Klopp und Heiko Westermann ließen ihrem Frust freien Lauf.

Nach einem sehr guten Spiel konnte Heiko Westermann nicht mehr länger schweigen. Der Frust der letzten Jahre brach aus dem Abwehrmann heraus. „Die Kritiker und Idioten, die meinen, sie hätten den Fußball erfunden, können mich alle mal. Ich habe immer den Arsch hingehalten und lasse mir von solchen Idioten nicht den Namen kaputtmachen“, schimpfte der Ex-Kapitän des Hamburger SV in bester Motzki-Manier nach dem 0:0 gegen Borussia Dortmund. Nach zuletzt einigen Patzern hatte es reichlich Kritik am Nationalspieler gehagelt, nun war er der beste Mann der Norddeutschen auf dem Platz.

Wieder einmal war er sich nicht zu schade, auf Defensivpositionen zu spielen, wo Not am Mann ist. Am Sonnabend lief er zunächst als Linksverteidiger auf, nach der Verletzung von Johan Djourou rückte er früh in die Zentrale. Der 31-Jährige steht für das Auf und Ab in den Leistungen der Hamburger und kämpft um einen Anschlussvertrag.

HSV-Trainer Joe Zinnbauer äußerte derweil Verständnis für den Wutausbruch seines Profis. „Ich finde, nach gefühlten fünf Jahren ist es mal an der Zeit gewesen, dass er explodiert“, sagte Zinnbauer am Sonntag: „Heiko hat hier jahrelang den Kopf herhalten müssen. Er hat sich ausgekotzt, das gehört dazu. Irgendwann platzt da mal der Kragen. Ich kann ihn verstehen“, sagte der 44-Jährig. „Ich freue mich darüber. Das habe ich von ihm auch während des Spiels immer verlangt, dass er explodiert und sich auch verbal etwas zutraut. Wenn er das mit nach Hoffenheim nehmen kann, das wäre top. Das brauchen wir im Moment.“

Für Zinnbauer war 0:0 Gold wert

Für Zinnbauer selbst war der Sieg ebenfalls ein Schritt nach vorn in Richtung Weiterbeschäftigung. „Für uns ist der Punkt Gold wert“, lautete das Fazit des 44 Jahre alten Trainers. Ende März will Sportchef Peter Knäbel mit ihm über die Zukunft reden. Gestalten sich die Partien in Hoffenheim und gegen Hertha BSC positiv, ist durchaus ein Zweijahresvertrag drin.

Dagegen wird sich Kapitän van der Vaart wohl in Richtung Kansas City aufmachen. Die Amerikaner wollen dem HSV-Auslaufmodell an die vier Millionen Euro zahlen und ihm einen monatlichen Flug zu Sohn Damian gestatten. Da wird der HSV nicht gegenhalten wollen.

Ein deutlicher Fingerzeig war die dritte Nichtberücksichtigung nacheinander. Als der 32-Jährige in der 82. Minute hereinkam, fiel er nur durch unnötige Provokationen auf. Seine Gelbe Karte war die fünfte im gesamten Spiel und insgesamt die 60. der Saison für den HSV - das ist Liga-Höchstwert.

Klopp kritisiert Behrami

Die Hamburger bekamen den schnellen BVB nur mit äußerst bissigem Pressing in den Griff. „Wir haben Glück gehabt, dass sich keiner verletzt hat. Es war hart an der Kante“, betonte Jürgen Klopp. Ein ungeahndeter Ellenbogen-Check von Valon Behrami an Henrich Mchitarjan trieb dem BVB-Coach schon nach drei Minuten die Zornesröte ins Gesicht. Zwei Fouls des Schweizers mit offener Sohle gegen Sven Bender wurden danach nur mit Gelb geahndet - der 47-Jährige rastete an der Außenlinie fast aus.

„Das war Rote Karte, fertig. Er hat Mchitarjan ins Gesicht geschlagen“, fauchte Klopp. Einmal in Rage, wetterte der Trainer weiter bei der Pressekonferenz: „Ich wünsche ihm als Mensch, dass es keine Absicht war. In Dresden haben wir gerade eine ähnliche Situation gehabt.“ Er spielte auf das Foul im DFB-Pokal an Marco Reus an. Da hatte Abwehrspieler Dennis Erdmann den Nationalspieler verletzt und später noch verbal beleidigt.

Die Spieler in der Einzelkritik

„Macht damit eine Geschichte“, rief der gefrustete Klopp nun den Reportern hinterher, „ich weiß, ich bin ein Idiot, das weiß ich schon lange“. Eigentlich hatte er sich besonders vor dem Hintergrund des unglücklichen Disputs mit TV-Kommentator Marcel Reif Zurückhaltung auferlegt.

Nur BVB-Keeper Roman Weidenfeller hatte ein klein wenig Verständnis für den Gegner: „Wir mussten uns erstmal an die Härte gewöhnen. Aber der HSV steht mit dem Rücken zur Wand, da ist die Spielweise okay.“ Dass die Gastgeber fußballerisch seinem Team unterlegen gewesen waren, habe wohl jeder der 57.000 Zuschauer gesehen.

Zinnbauer sah das berufsmäßig etwas anders als Klopp. Und verteidigte seinen „Aggressiv-Leader“ Behrami: „Valon wird nie einen Spieler absichtlich verletzten wollen. Der Schiedsrichter hat entschieden und deswegen ist das Ding für mich abgehakt. Unabhängig davon ist es aber so, dass wir im Abstiegskampf sind. Da wird aggressiver gespielt“, urteilt Zinnbauer.

Rückt Beister in die Startelf?

Die harte Spielweise der Hamburger hat aber auch Folgen für das Spiel gegen Hoffenheim am Sonnabend. Nicolai Müller sah seine fünfte Gelbe Karte und fehlt daher. Für ihn könnte Maximilian Beister in die Startelf rücken.