HSV-Trainer Josef Zinnbauer will nach dem glücklichen 2:1-Sieg gegen Hannover 96 nichts beschönigen, will sich für den Erfolg, der auch durch Hannovers Marcelo zustande kam, nicht entschuldigen. Marcos mit leichter Gehirnerschütterung im UKE.

Hamburg. Es geht also doch noch. Der HSV kann zwei Spiele hintereinander gewinnen, wenn auch mit einer gehörig großen Portion Glück. Daher hat Trainer Josef Zinnbauer auch nichts zu beschönigen. Für den Defensivfußball seines HSV konnte er sich nur entschuldigen. „Das ist nicht meine Vorstellung von Fußball, Hannover war uns spielerisch in allen Bereichen überlegen“, sagte der HSV-Coach nach dem 2:1 (1:0)-Erfolg im Nord-Derby. Und die Statistik gab ihm Recht: In nahezu allem war Hannover 96 besser. „Aber wir müssen uns für den Sieg nicht entschuldigen“, führte Zinnbauer weiter aus.

In erster Linie hatte es der 44-Jährige den schludrigen Niedersachsen zu verdanken, dass der HSV erstmals seit April 2013 wieder ein „Double“ aus zwei Bundesliga-Siegen in Folge einfahren konnte. Eineinhalb Eigentore von Marcelo sorgten dafür, dass die Hanseaten vorerst ins Mittelfeld vorrückten. Doch Zinnbauer gewann trotz der offensichtlichen Probleme im Ballvortrag eine wichtige Erkenntnis, die den Hanseaten Hoffnung schenkt im Kampf um den Klassenerhalt.

Der HSV stemmt sich neuerdings mit allem, was er hat, gegen den drohenden ersten Abstieg. 129 Kilometer rannte Zinnbauers Mannschaft im Spiel gegen dominant auftretende 96er – Liga-Bestwert in dieser Saison. „Ich würde gerne einen anderen Rekord haben. Aber es zeigt, wie sehr wir den Sieg wollten“, sagte der HSV-Trainer, dessen Elf Hannover ansonsten in nahezu allen wichtigen Statistiken heillos unterlegen war. Torschüsse, Zweikämpfe, Ballbesitz, Passquote. Alles sprach klar für die 96er.

„Wir haben gesehen, dass Fußball nicht immer gerecht ist“, sagte 96-Coach Tayfun Korkut frustriert nach der Partie bei Sky. Und Zinnbauer mochte seinem Gegenüber nicht einmal widersprechen. Doch angesichts des Personalnotstands – unter anderem fehlten Pierre-Michel Lasogga, Valon Behrami, Lewis Holtby, Cléber und Dennis Diekmeier – hatte er die richtigen Konsequenzen gezogen. Der HSV setzte darauf, die eigenen Fehler im Aufbau zu minimieren und bei einigen wenigen Konterchancen zum Erfolg zu kommen. „Mit Lasogga und Holtby würde ich auch anders spielen lassen“, beteuerte Zinnbauer, ansonsten eher ein Freund der Offensive.

Das Pech der Niedersachsen war am Sonnabend schon gewaltig: Marcelo (26.) steuerte erst ein Eigentor bei, lenkte eine Flanke von HSV-Dauerrenner Zoltan Stieber (rannte 13.94 Kilometer) über Ron-Robert Zieler hinweg ins Netz, dann fälschte er Marcell Jansens (50.) Schuss auf dem Weg ins Tor unhaltbar ab. „Wir haben uns das Glück richtig erarbeitet“, analysierte Zinnbauer. Vor 51.779 Besuchern bewiesen die Hamburger immerhin Siegeswillen.

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Was an spielerischer Klasse fehlte, machte ein überragend aufgelegter Jaroslav Drobny im 175. Bundesliga-Einsatz wett. Die Anhänger feierten den Torhüter, der der Partie eine entscheidende Richtung gab, als er den Elfmeter von Joselu (23. Minute) parierte. Hilfe kam auch von Rafael van der Vaart, der dem Keeper genau zeigte, wohin Joselu schießen würde. „Es interessiert mich nicht, ob ich als Matchwinner bezeichnet werde. Wir haben als Mannschaft gewonnen und nicht ich alleine“, sagte der Tscheche im vereinseigenen Fernsehsender des HSV. Kapitän van der Vaart und Heiko Westermann blieben in der Pause wegen Muskelproblemen in der Kabine.

Van der Vaart spielt weiter kaum einmal 90 Minuten durch – kann aber immer noch entscheidende Akzente setzen. „Für mich ist Rafael mein Kapitän und dazu stehe ich auch. Er hat uns in den meisten Spielen weitergebracht“, meinte Zinnbauer.

Im März will sich der HSV-Vorstand mit dem Niederländer zusammensetzen, um über die Zukunft zu sprechen. Der Club setzt zwar auf den eigenen Nachwuchs, braucht aber auch Führungsfiguren.

„Das war der Abstiegsfight, wie wir ihn brauchen“, sagte Jansen, der schon beim Befreiungsschlag in Paderborn am Mittwoch (3:0) getroffen hatte. „Mit diesem Sieg sieht die Tabelle wieder deutlich anders aus“, sagte Vorkämpfer Ivica Olic erleichtert.

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Mit nun 23 Punkten fährt der HSV etwas entspannter am nächsten Sonnabend nach München. Während die Fans schon Gesänge wie „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ anstimmten, warnte Zinnbauer: „Wir sind im Abstiegskampf und noch lange nicht draußen.“

Nur zwei Punkte weg ist 96 in der Bundesliga-Tabelle. „Das Thema Europacup ist damit beendet“, konstatierte ernüchtert Clubchef Martin Kind und fand dennoch, dass „der Wille und die Moral in der Mannschaft stimmen“. Herausragte Lars Stindl, der seine Kollegen immer wieder nach vorn trieb. Kind will den Kapitän in Hannover halten. Der geht das Thema ganz in Ruhe an: „Ich mache mir keine großen Gedanken über solche Dinge.“ Gespräche werde es bald geben.

Enttäuscht über nur einen Punkt in der Rückrunde, dennoch zufrieden mit der Spielweise war Coach Tayfun Korkut: „Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen, sie hat absolut dominiert.“ Und zum spielerischen Ansatz: „Der ist richtig gut“. Als nächstes werden die auswärtsschwachen Niedersachsen zu Hause erneut versuchen, gegen Paderborn zum ersten Rückrundensieg zu kommen.

Marcos mit Gehirnerschütterung

Unterdessen gab der HSV bekannt, dass sich Linksverteidiger Ronny Marcos beim 2:1-Sieg eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen hat. Der 21-Jährige war in der 78. Minute ausgewechselt worden. Marcos soll einige Tage mit dem Training pausieren, aber für das Spiel bei Bayern München wieder zur Verfügung stehen. Laut Vereins-Angaben kannte Marcos nach seiner Auswechselung zeitweise das Ergebnis nicht und fragte immer wieder nach.

Schlechter sieht es dagegen bei Innenverteidiger Cléber (Muskelfaserriss) und bei Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier (Knieprobleme) aus. Wie Sportchef Peter Knäbel am Sonntag mitteilte, muss Trainer Joe Zinnbauer auch am kommenden Wochenende auf beide Profis verzichten.

HSV – Hannover 96 2:1

HSV:: Drobny - Westermann (46. Götz), Djourou, Rajkovic, Marcos (78. Kacar) - Diaz - Nicolai Müller, Stieber, van der Vaart (46. Jiracek), Jansen - Olic

Hannover: Zieler - Hiroki Sakai (46. Pereira), Marcelo, Christian Schulz (63. Sobiech), Albornoz - Schmiedebach, Salif Sane - Briand, Stindl, Kiyotake (85. Bittencourt) - Joselu

Schiedsrichter: Manuel Gräfe (Berlin)

Tore: 1:0 Marcelo (26., Eigentor), 2:0 Jansen (50.), 2:1 Sobiech (66.)

Zuschauer: 51.779

Gelbe Karten: Jansen

Besonderes Vorkommnis: Jaroslav Drobny hält Foulelfmeter von Joselu (23.)