Trotz Marcell Jansens Gala gegen Paderborn soll der dienstälteste HSV-Profi im Sommer gehen. Zumindest vorerst, denn der schnelle Linksaußen hat große Pläne in Hamburg.

Hamburg. Die erste Begegnung ist schon lange her. 2005 muss es gewesen sein. Zumindest hätte HSV-Trainer Joe Zinnbauer ihm das mal erzählt. „Der Trainer meinte, dass ich ihm schon bei der U20-WM in den Niederlanden als offensiver Mittelfeldspieler aufgefallen sei“, sagt Marcell Jansen, angelehnt an seinen Vornamen „Cello“ genannt, mittlerweile 29 Jahre alt. Er selbst spiele ja viel lieber als Linksverteidiger, aber wenn der Trainer ihn nach vorne stellen würde, dann spiele er eben vorne.

Knapp zehn Jahre später steht fest: Der Trainer hatte recht. Natürlich. „Wenn man es genau nimmt, dann ist mir ‚Cello‘ schon in der U19 als Mittelfeldspieler aufgefallen“, sagt Zinnbauer, der also auch im so wichtigen Abstiegsduell gegen den SC Paderborn am Mittwoch Jansen im linken Mittelfeld aufbot und nach nur 8,5 Sekunden belohnt wurde.

Jansen hielt bereits vor dem Anpfiff in der Kabine eine flammende Rede, provozierte den schnellsten Elfmeterpfiff der Bundesligageschichte, sorgte 72 Minuten später mit einem Gerd-Müller-Drehschuss für die Vorentscheidung („das habe ich von Papa gelernt“) und sorgte mit seiner Vorarbeit zum 3:0 auch noch für den Schlusspunkt. „Marcell hat sich ein Sonderlob verdient“, sagte Zinnbauer, der Jansen aber auch in die Pflicht nahm: „Zu oft hat Marcell nach guten Spielen nachgelassen. Daran muss er arbeiten, und das habe ich ihm nach dem Spiel gesagt.“

Dabei schien Zinnbauer noch vor wenigen Wochen ganz und gar vergessen zu haben, wie sehr ihm doch der junge Jansen gefallen hatte. Der mittlerweile etwas ältere Jansen („mit 29 Jahren bin ich im besten Fußballalter“) stand nach einer Hinrunde voller Verletzungen zum Verkauf. „Wenn der HSV sagen würde, dass er noch ein bisschen Geld für mich bekommen will, dann ist das so. Dann würde ich das natürlich machen. Es bleibt ja keiner, der nicht gewollt ist“, sagte der von Benfica Lissabon Umworbene, der doch eigentlich für immer in Hamburg bleiben wollte.

Jansen akzeptiert sein voraussichtliches Ende im Sommer


Hätten Benficas Verantwortliche wirklich Ernst gemacht, wäre der zweifache WM-Teilnehmer wohl trotz aller Hamburg-Verbundenheit gewechselt. „Nach so einem Spiel wie gegen Paderborn bin ich froh, dass der Club und Marcell es sich anders überlegt haben“, sagte Zinnbauer. Jansen blieb also, drängte sich im Trainingslager in Dubai auf und erhielt zum Rückrundenstart die erhoffte Chance.

Dabei dürfte sein 8,5-Sekunden-Sprint in Paderborn niemanden ernsthaft überrascht haben. Auch bei den Sprinttests in Dubai gehörte der 1,90-Meter-Schlacks zu den Schnellsten. Über 30 Meter war Jansen in der Wüste nach Nicolai Müller und Artjoms Rudnevs mit 3,8 Sekunden der drittschnellste Hamburger. „Er hat schon in der Vorbereitung angedeutet, was bei ihm möglich ist, wenn er fit und konzentriert ist“, sagte Zinnbauer.

Ein echtes Happy End gibt es bekanntermaßen aber nur im Märchen. So soll für den wiedererstarkten Jansen nach sieben Jahren beim HSV im Sommer Schluss sein. Sportchef Peter Knäbel soll dem dienstältesten HSVer bereits mitgeteilt haben, dass sein auslaufender Vertrag voraussichtlich nicht verlängert wird. Das Geld, das Alter, der Umbruch, Jansen müsse verstehen.

Jansen versteht. „Fußball ist ein Business“, sagt er. Und mit Business kennt sich der Fußballer auch abseits des Rasens aus. „Es ist immer gut, neben dem Fußball noch andere Dinge zu verfolgen“, sagt Jansen im Gespräch mit dem Abendblatt. „Es ist nicht meine Vorstellung, irgendwann Trainer oder Jugendtrainer zu werden, nur weil ich dann ein Ex-Fußballer bin.“

Jansen will auch nach seiner Karriere in Hamburg bleiben


Für die Karriere nach der Karriere hat der smarte Rheinländer längst vorgesorgt. Seit Jahren betätigt sich Jansen auch auf anderen Geschäftsfeldern als auf dem Fußballfeld. „Es gibt viele Projekte, die ich intensiv verfolge“, sagt Jansen, der mit Kumpel Roberto bereits vor sechs Jahren eine GmbH gegründet und seit geraumer Zeit ein kleines Büro in einer Bürogemeinschaft neben der US-Botschaft an der Alster angemietet hat. Was genau für Ideen er neben seinem V-I-Poker-Projekt dort verfolgt, will Jansen aber noch nicht verraten. Klar ist nur: „Es gibt für mich mehr im Leben als nur Fußball.“

Viel mehr als Hamburg gibt es für den gebürtigen Gladbacher allerdings nicht. „Irgendwann ist mein Fußballerleben zu Ende, und dann soll Hamburg weiter mein Zuhause bleiben.“ Unabhängig von seiner Zukunft beim HSV würde die Hansestadt neben seiner Heimatstadt Mönchengladbach seine Basis bleiben: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, nach meiner Karriere in Hamburg zu bleiben. Ich bin hier mittlerweile tief verwurzelt.“ Das alles sei aber noch Zukunftsmusik.

In der Gegenwart will „Cello“ weiterhin die erste Geige spielen. Beim HSV mit Pauken und Trompeten zumindest bis zum Sommer. Und dann? Achselzucken. „Am Wochenende spielen wir gegen Hannover “, sagt „Cello“. Der Fußballer hat gesprochen.