Zum Abschluss des Trainingslagers verliert die Zinnbauer-Elf ohne acht 0:2 gegen Manchester City. Zuvor hatte sich das Team auf neue Ziele verständigt - die es seinem Trainer auf einem Blatt Papier überreichte.
Al-Ain. Manchmal ist alles nur eine Frage der Perspektive. „Nach 410 Spielminuten kassiert der HSV das erste Gegentor gegen einen Champions-League-Teilnehmer in dieser Saison“, twitterte ein HSV-Fan Sekunden nach Manchester Citys erstem von zwei Toren im Wüstentest von al-Ain – und hatte Recht. Doch während der HSV gegen die Bundesligisten Bayern (0:0), Dortmund (1:0), Leverkusen (1:0) und Schalke (0:0) in der Hinrunde noch reüssieren konnte, war der englische Meister beim 0:2 einen Tag vor dem Rückflug aus Dubai für den HSV eine Nummer zu groß. „Es war ein guter Test. Aber Manchester ist eben nicht Astana“, bilanzierte Rafael van der Vaart.
Kurios ging es ganz ohne Twitter bereits vor dem Anpfiff zu. Petr Jiracek, der letzte verbliebene Mittelfeldzerstörer im Kader, hatte Trainer Joe Zinnbauer erst nach dem Warmmachen signalisiert, dass er wegen Wadenproblemen nicht spielen könnte. So musste U23-Kapitän Sven Mende als allerletzter „Sechser“ gegen den amtierenden englischen Meister aushelfen. Dabei fielen neben Jiracek mit Valon Behrami (Reha nach Knie-OP), Lewis Holtby (Schlüsselbeinbruch), Pierre-Michel Lasogga (Oberschenkelprobleme), Matthias Ostrzolek (Bänderdehnung), Dennis Diekmeier (Knochenhautentzündung) und Nicolai Müller (Muskelverhärtung) noch sechs weitere potenzielle Stammspieler aus. „Außer Behrami und Holtby hätten alle spielen können, wenn es in einem Bundesligaspiel eng geworden wäre“, relativierte Trainer Joe Zinnbauer, der anderthalb Wochen vor dem Rückrundenstart gegen den 1. FC Köln trotz der Verletzten-Inflation die Rolle des unverbesserlichen Optimisten übernahm. Sogar den schmerzlich vermissten Lasogga, der in Dubai nicht einmal mittrainieren konnte, wollte Zinnbauer für den Rückrundenstart nicht abschreiben: „Ich gehe davon aus, dass er gegen Köln dabei ist. Vielleicht wird die Luft nicht für 90 Minuten reichen, aber ich plane damit, dass er zur Verfügung steht.“
Entscheidung bei Emeghara und Arslan
Wie wichtig ein gesunder und fitter Lasogga für das chronisch kränkelnde Angriffsspiel des HSV wäre, wurde am Mittwochabend im Hazza Bin Zayed Stadium mehr als deutlich. Vor rund 5000 Zuschauern konnten in der HSV-Offensive weder Artjoms Rudnevs noch Leihstürmer Innocent Emeghara überzeugen. Unfreiwillig komisch fiel Emeghara lediglich auf, als der Testspieler in der ersten Halbzeit bei Zoltan Stiebers vermeintlichem Führungstreffer im Abseits stand. Kein Wunder also, dass sich spätestens im Flieger zurück nach Hamburg, wo der HSV-Tross an diesem Donnerstag um 18.55 Uhr landet, Sportchef Peter Knäbel und Zinnbauer über die Zukunft Emegharas einigen wollen. Eine Verpflichtung gilt allerdings als unwahrscheinlich. „Ich brauche Stürmer, die Tore schießen“, hatte Zinnbauer dem Schweizer bereits im Vormittagstraining nach einer verpassten Chance überdeutlich zugerufen. Stürmer, die sogar noch Tore verhindern, sind dagegen wenig hilfreich.
Im Flieger zurück nach Fuhlsbüttel wird auch Tolgay Arslan sitzen, der aber spätestens am Wochenende weiter nach Istanbul reisen dürfte. Nachdem sich der Mittelfeldmann, der gegen Manchester geschont wurde, und Besiktas Istanbul bereits auf einen Vertrag geeinigt hatten, konnten sich am Donnerstag auch die Vereine entscheidend annähern. „Wir sind in Verhandlungen und gehen davon aus, dass wir uns einigen werden“, sagte Knäbel, der die kolportierte Ablöse von 500.000 Euro nicht kommentieren wollte.
Team schreibt neues Ziel auf ein Blatt Papier
Freuen durften sich Knäbel und Zinnbauer immerhin über den neuen Konkurrenzkampf in der Abwehrzentrale, wo der HSV im Gegensatz zu allen anderen Positionen ein regelrechtes Überangebot hat. Gegen City durfte neben dem gesetzten Johan Djourou diesmal Rückkehrer Slobodan Rajkovic starten, den Zinnbauer schon vor dem guten Spiel auffällig oft gelobt hatte. Zudem konnten auch Cléber und Heiko Westermann überzeugen, wobei der zuletzt verletzte Westermann noch einen leichten Trainingsrückstand hat. Bei den Gegentoren durch Stevan Jovetic (50.) und Edin Dzeko (74.) konnten aber auch sie nichts machen.
Bereits vor dem Test zum Abschluss des Trainingslagers hatte sich die Mannschaft wieder ein Ziel für die Rückrunde gesetzt, das sie in einer teaminternen Sitzung ohne das Trainerteam festgelegt hatte. Doch anders als zum Ende der Hinrunde, als sich die Mannschaft auf 19 Punkte eingeschworen hatte, wurde Coach Zinnbauer diesmal lediglich ein allgemeiner Satz auf einem Blatt Papier übergeben. Ziel sei es, so steht es wenig kreativ auf dem Papier, sich von Spiel zu Spiel neue Ziele zu setzen. Das gute an der neuen Rückrunden-Zielsetzung: Anders als in der Hinrunde, als die erhofften 19 Punkte um zwei Zähler verfehlt wurden, ist diesmal eine Enttäuschung zumindest theoretisch ausgeschlossen. Eben alles eine Frage der Perspektive.
HSV: Drobny (46. Adler) – Götz, Djourou (46. Cléber), Rajkovic (67. Westermann), Marcos (46. Jansen) – Mende, van der Vaart (60. P. Müller) – Emeghara (60. Beister), Stieber (67. Kacar), Gouaida (78. A. Arslan) – Rudnevs (74. Green).City: Caballero – Sagna (78. Zabaleta), Boyata, Mangala, Kolarov (78. Clichy) – Fernando (46. Evans), Lampard (20. Sinclair) – Milner (78. Demichelis), Barker (46. Ambrose, ab 56. Navas), Jovetic (65. Aguero) – Dzeko.Tore: 0:1 Jovetic (50.), 0:2 Dzeko (74.).